Prüfungsanordnungen wälzend, Stundenpläne bastelnd und den Eindruck gewinnend, dass Studentenalltag doch nicht allzu viel gemein hat mit langem Ausschlafen, gering frequentierten Stundenplänen, eben dem öffentlich gezeichneten Studentenbild -- das sind meist die Erfahrungen, die man am Anfang eines Semesters sammelt. Gestresst durch zahlreiche Prüfungen, genötigt von den noch zu erledigenden Belegen, gehetzt vom Abgabetermin diverser Hausarbeiten -- so sieht dann der studentische Alltag aus. Zumindest derer, die eine Zweckbeziehung zum Bafögamt eingegangen sind. Und da soll noch Platz für weitere, andere, umfassende Bildung sein? Noch mehr einströmendes Wissen verarbeiten ...? Erneut Platz schaffen für Theorien, Modelle, Formeln ...? Reichen die Bildungsmaßnahmen des eigenen Studienganges nicht aus, um ein gestandener Akademiker zu werden? Weshalb sollte man sich denn noch mit den kognitiven Inhalten derer beschäftigen, denen man sonst nur in der Mensa begegnet?
Schaut man jedoch einmal über den Tellerrand hinaus, wird man sehen, dass Bildung, Intelligenz, Wissen nicht nur die Schweigespirale Noelle-Neumanns, die Methode der kleinsten Quadrate, Kant's kategorischer Imperativ oder das Lagen-Synthese-Verfahren ist. Man wird erkennen, dass akademische Bildung eben doch etwas mehr beinhalten sollte, als das Spezialwissen des eigenen Studienfaches. Ist die Überströmung vieler Studiengänge, der steigende Wunsch, sich später einmal als Dipl.-Ing. oder M. A. vorstellen zu können, Grund für eine zunehmende Spezialisierung und Ausdifferenzierung? Reicht es zukünftig aus, ein ausgezeichneter Techniker ohne Sozialkompetenz oder ein einfühlsamer Sozialwissenschaftler ohne Naturverständnis zu sein? Beinhaltet Hochschulbildung nicht eigentlich das Privileg, kostengünstig den eigenen Horizont zu erweitern, neue Erfahrungen und Inspirationen für den Geist zu sammeln und eben nicht die Geradeausblickbrille aufzusetzen?
Mit dem Konzept des studium generale soll Studenten die Möglichkeit gegeben werden, in andere Gebiete hineinzuschnuppern und sich so interdisziplinär zu bilden. Auch soll dem Interesse und Wissensdurst vieler Studenten genüge getragen und ein Forum für Gespräche, Diskussionen, Verständigung und zwischenmenschlichen Kontakt geschaffen werden. Unser 1998 gegründetes Integrale-Institut, zusammengewürfelt aus Studenten verschiedenster Fachrichtungen hat sich zum Ziel gesetzt, die Idee des studium generale zu verbessern und neue Wege zu öffnen. Schade eigentlich, dass unsere enthusiastischen Absichten von einigen Studenten einfach falsch verstanden werden. Denn gewollt ist nicht das desinteressierte und pflichteinlösende Absitzverhalten, welches oftmals zu beobachten ist. Das lange nervöse Warten auf die herumgegebene Anwesenheitsliste oder die internen Einschreibeabkommen zwischen den studium-generale-Kommilitonen nach dem Prinzip "Eine Hand wäscht die andere" sind nicht Sinn der Sache. Bedauerlicherweise sind dies aber die Grenzen, die dem Integrale-Idealismus immer wieder aufgezeigt werden. Darüber haben wir uns natürlich Gedanken gemacht. Gegenüber Desinteresse und Ignoranz sind wir leider machtlos, aber vielleicht ist es ja bei einigen nicht mangelnder Wissensdurst, sondern einfach nur das Wirrwarr der verschiedensten Regelungen, die dem Gedanken der eigenverantwortlichen akademischen Selbstbildung Einhalt gebieten? Um diese Schranken abzubauen, wurden in den letzten Semestern zahlreiche Ideen und Vorschläge einer einheitlichen studium generale Politik aller Fakultäten erörtert. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass eine hohe Akzeptanz nur mit einem transparent gestalteten Konzept möglich ist. Dazu ist es nötig, Umfang und Art der Nachweise einheitlich zu definieren. Dies wird auch weiterhin als anstrebenswertes Ziel bestehen bleiben. Im Moment ist es jedoch immer noch so, dass die Prüfungsordnungen der einzelnen Fakultäten Wegweiser des studium generale sind. Um Euch die bürokratischen Unannehmlichkeiten auf dem Pfad durch den studium generale Dschungel ein wenig zu erleichtern, haben wir die Prüfungsämter kontaktiert und die wichtigsten Regelungen zu Umfang und Leistungsanforderungen in der Tabelle auf den folgenden Seiten aufgelistet. Sollte Euch auf Euren Wegen durchs Dickicht dennoch mal die Übersicht verlassen, stehen wir Euch mehrmals wöchentlich in der Studentenrats-Baracke hilfreich zur Verfügung. Im Zweifelsfall entscheidet jedoch immer das jeweilige Prüfungsamt.
Goethe sagte einmal "Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich alles wissen.". Hoffen wir, dass es noch einige unter uns gibt, die ihr Studium unter diesen leuchtenden Stern gestellt haben. Schön wär's.
Moni