studium generale SS 2001

Geleitwort


Dem Studium generale wird an der Technischen Universität Dresden erhebliche Aufmerksamkeit zuteil. Damit weiß sich diese einem traditionellen Anspruch verpflichtet, auf den stolz zu sein sie Anlass hat. Denn schon Ende des 19. Jahrhunderts galt die Technische Hochschule in Dresden als diejenige, die es, verglichen mit ähnlichen Institutionen, doch mit dem Bildungsauftrag des Ingenieurs besonders ernst nahm. Für manchen mögen dies heute Erinnerungen an eine verschollene Zeit sein. Doch nur ein kurzes Augenmerk auf die Entwicklungen der Gegenwart mag genügen, um die ungebrochene Aktualität einer Ausbildung vor Augen zu führen, die mehr als nur Fachausbildung ist. Denn die Umgestaltung unserer Welt durch die Wissenschaften ist in dem gerade vergangenen 20. Jahrhundert rapide vorangeschritten und sie hat uns mehr als deutlich auch die Gefahren dieser Macht der Wissenschaft bewiesen. So sehr wir auch auf institutionalisierte Verantwortung und Kontrolle rechnen müssen, so unverzichtbar ist doch auch der Einzelne, der sich die ethischen Maßstäbe und Normen seines Handelns bewusst hält. Und dabei ist es mit einer Notversorgung an Ethik nicht getan. Vielmehr sollen den Studierenden die Felder ihres künftigen Wirkens, soweit es eben möglich ist, schon während des Studiums auch zur Anschauung gebracht werden. Die vielfältigen Zusammenhänge einer komplexen modernen Gesellschaft sollten für sie vorstellbar werden. Das, was unsere Kultur an Sinnangeboten und Sinnmodellen zur Verfügung stellt, sollten sie aus eigener kritischer Kompetenz überprüfen können.

Dies scheint zunächst im Blick auf die traditionellen Kernfakultäten der Technischen Universität Dresden gesagt. Und mit Stichworten wie »Genetik« und »Informationstechnologie« sind ja auch höchst aktuelle Diskussionsfelder aus diesen Bereichen gemeint, die gerade jüngst wieder intensive Debatten provoziert haben. Und doch gilt dies alles auch für die Studierenden der neu hinzugekommenen Fakultäten. Denn auch dieses Wissen aus Kultur und Gesellschaft, das man so gerne in einem Studium generale anbietet, bleibt taub und letztlich bedeutungslos, wenn es aus der Spannung zum technisch-naturwissenschaftlichen Wissen, zu den Leistungen wirtschaftlicher Produktion und zu den Machtansprüchen in Politik und Gesellschaft herausgelöst wird, mit denen es in unserem Leben längst innig verwoben ist. Insofern bedeutet das Studium generale an einer Universität wie der unseren mit ihrem breiten Fächerspektrum eine besondere Aufgabe, für die nie zu viel Engagement aufgebracht werden kann.

Es ist deshalb für mich eine besondere Freude, dass dieses kleine Geleitwort zum Vorlesungsverzeichnis »Studium generale« des studentischen Instituts Integrale nun schon fast eine Tradition geworden ist. Hier haben die Studierenden ihre Ansprüche selber formuliert, hier haben sie einen Maßstab gesetzt und ihn derart bekannt gemacht, dass Zusammenarbeit und Austausch mit den Fakultäten der Technischen Universität in vielfältiger und reichhaltiger Weise möglich geworden sind. Was sich die Studierenden wünschen, machen sie inzwischen auch durch eine Evaluation der Lehrveranstaltungen, die im Studium generale angeboten werden, deutlich. Dies entspricht den Beschlüssen, die der Senat der Technischen Universität Dresden im vergangenen Semester zur Gestaltung des Studium generale gefasst hat. Und ich begrüße es auch besonders, dass die Leistungen der Kolleginnen und Kollegen, die sich für diese zentrale Aufgabe unserer Universität in besonderem Maße engagiert haben, nun auch so von ihren Studierenden anerkannt werden.

Ich wünsche mir deshalb, dass Integrale auch weiterhin, so wie es sein Name verspricht, integrierend in der Wissenschaftsvielfalt unserer Universität wirkt, und ich wünsche mir weiter, dass das Studium generale noch lange bei den Studierenden so aufmerksame, kritische und kompetente Partner findet. Die Tradition des Studium generale an der Technischen Universität Dresden wird so eine Aufgabe für die Zukunft bleiben.

Dresden, am 26. Februar 2001


Prof. Dr. H.-H. Trute
Prorektor für Bildung
 

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