Japan nach 1945 Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im Spiegel des Minamata-Skandals
Osiander
In der Kleinstadt Minamata im Süden Japans wurden in den 1950er Jahren Tausende von Menschen durch organische
Quecksilberverbindungen vergiftet, die aus einer chemischen Fabrik ins Meer abgelassen wurden. Bis heute gilt diese Verseuchung
als die größte Quecksilber-Vergiftung der Welt. Die Leiden der Opfer fanden unter dem Begriff „Minamata-Krankheit“ auch Eingang
in deutsche Konversationslexika. In dem Kurs werden die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstände
aufgearbeitet werden, die zu der Verseuchung führten. Es entsteht ein detailliertes Fallbeispiel dafür, wie ein großangelegtes
Industrieprojekt in eine Katastrophe münden kann. Zugleich spiegelt die Geschichte von Minamata auch die gesellschaftlichen
Spannungen und Konflikte um den „Wiederaufbau“ und die „Demokratisierung Japans nach dem Untergang des Kaiserreichs
1945.
Der Kurs ist als Projektkurs angelegt. Die Studierenden erarbeiten gemeinsam als ein Redaktions-„Team“ eine kleine Monographie
im HTML-Format, ein sogenanntes „e-book“, zu der Verseuchung. Als technisches Vorbild dient ein Artikel von Robert Darnton, dem
Präsidenten der American Historical Association, der im Jahre 2000 erstmals in der führenden US-amerikanischen Fachzeitschrift für
Geschichtswissenschaft, dem American Historical Review, einen elektronischen Artikel veröffentlichte. Das Besondere an
elektronischen Veröffentlichungen ist, daß durch die hyperlink-Technik die Interpretationen der AutorInnen direkt mit den
Materialien (Texten, Abbildungen, auch Filmen und Tonaufnahmen) verknüpft werden können, welche den Interpretationen
zugrunde liegen.
In der ersten Hälfte des Kurses werden die Einzelheiten der Fallgeschichte erarbeitet. Als Grundlage dienen drei Monographien
(zwei auf Deutsch, eine auf Englisch). Der Beitrag der Studierenden wird darin bestehen, diese Texte systematisch zu lesen und
daraus Fragen für die Aufbereitung der Fallgeschichte abzuleiten. Der Beitrag der Dozentin wird darin bestehen, Anleitungen für
das systematische Lesen zu geben, anhand der Fragen der Studierenden Originalmaterialien zur Fallgeschichte zu präsentieren
und sie aus dem Japanischen ins Deutsche zu übersetzen. In der zweiten Hälfte des Kurses entwickeln die Studierenden in
Redaktionssitzungen die Inhalte des „e-book“ und setzen die Mischung aus Interpretation und Quellenmaterial (Fotos, Landkarten,
technische Darstellungen, Tabellen, Dokumente) technisch um. In der Abschlusssitzung wird das fertige „e-book“ vor ausgewählten
Gästen präsentiert.
Anwesenheit bei mindestens 80% der Sitzungen und aktive Mitarbeit an der Gestaltung des „e-book“ (auch zwischen den
Sitzungen) sind Voraussetzung für einen Teilnahmenachweis. Ein Leistungsnachweis kann erworben werden, indem die
Studierenden über das Projekt eine Rezension verfassen. Die Dozentin stellt dafür eine Anleitung zur Verfügung. Die Rezensionen
sollen in mailing-Listen der Japanforschung und der sozialwissenschaftlichen Forschung im weiten Sinne veröffentlicht werden, um
auf diese Weise das Projekt in der scientific community vorzustellen.
http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~osiander/minamata