Forschungsbericht 2004 Fakultät Bauingenieurwesen
Vorwort des Dekans der Fakultät Bauingenieurwesen
zum Forschungsbericht 2004 der TU Dresden
Auch im Jahr 2004 musste die Bauindustrie auf die seit 1995 anhaltende Reduktion des baugewerblichen Umsatzes durch Strukturanpassungen reagieren. Diese waren geprägt durch einen fortwährenden Personalabbau, eine absolute und relative Zunahme von Kleinst- und Kleinunternehmen sowie durch zunehmende Spezialisierung der Unternehmen. Durch Innovationen in allen Bereichen des Bauwesens wird versucht, den wirtschaftlichen Zwängen zu begegnen. Die öffentliche Hand aktiviert, wenn auch noch auf einem relativ niedrigen Niveau, durch Public Private Partnership (PPP) zusammen mit der Privatwirtschaft Wirtschaftlichkeitspotenziale.
Diese Bedingungen verlangen ein leistungsfähiges und effizientes Management, nicht nur der Baustellen selbst, sondern der gesamten Planungs-, Errichtungs- und Betreibungsprozesse. Nur durch kostengünstige und nachhaltige Bauverfahren und Baustoffe, neue Methoden der Bauinformatik können bei ständig steigenden gesellschafts- und umweltpolitischen Ansprüchen die Forderungen nach höchster Bauqualität, niedrigen Planungs-, Erstellungs- und Betriebskosten und enger Terminvorgaben erfüllt werden.
In dieser Situation ist auch die Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden gefordert, ihren hohen Anspruch an Forschung und Lehre sowohl in theoretischer Fundierung als auch praktischer Anwendung zu erfüllen.
Unter den Bedingungen eines verschärften Wettbewerbs, der die disziplinären und nationalen Grenzen längst überschritten hat und mehr und mehr von interdisziplinären und internationalen Kooperationen und Allianzen bestimmt wird, konnten die 18 berufenen Professoren der Fakultät Bauingenieurwesen auch im Berichtsjahr 2004 beachtliche Erfolge bei der Einwerbung und Bearbeitung zukunftsweisender Forschungsprojekte erzielen. Der Drittmittelumsatz erhöhte sich gegenüber dem letzten 3-Jahresmittel um über 12 % auf 3,8 Millionen Euro. Dies ist besonders unter Betrachtung der schwierigen Lage der Bauwirtschaft und den reduzierten staatlichen Förderprogrammen sehr positiv zu bewerten.
Das Forschungsprofil der Fakultät Bauingenieurwesen wird von Themen bestimmt, die zu den innovativsten im Bauwesen zählen. Dabei nimmt der Sonderforschungsbereich 528 der DFG „Textile Bewehrungen zur bautechnischen Verstärkung und Instandsetzung“ eine zentrale Stelle ein. In der Sache geht es in diesem SFB um textilbewehrten Beton und um textilverstärkte Holzkonstruktionen. Die einzelnen Forschungsthemen reichen von den theoretischen Grundlagen des Tragverhaltens bis hin zur Entwicklung neuer Bauteile und neuer Rehabilitationstechniken für die Industrie, mit denen sich die Lebensdauer alter Bauteile und Bauwerke verlängern lässt, eine Aufgabe, die aus kulturgeschichtlicher und ökologischer Sicht an Bedeutung gewinnt. Der SFB befand sich 2004 in der zweiten Bewilligungsphase.
Weitere Forschungen, die eng mit den Forschungsthemen des SFB verbunden sind, betreffen Hochleistungs- und Faserbetone, Schädigungsmechanismen in Baustoffen, Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Baugrund, Stoffeigenschaften von Böden, Recycling von Baustoffen und die Verwendbarkeit nachwachsender Rohstoffe in Baustoffen und Bauwerken. Dies wird unterstützt durch Grundlagenuntersuchungen zu Gefügen von Baustoffen. In diesem Zusammenhang ist besonders auf ein durch das BMBF gefördertes Forschungsvorhaben zur analytischen Bemessung und Prognose der Lebensdauer von Asphaltbefestigungen hinzuweisen.
Abgeleitet aus den Ergebnissen der Grundlagenforschung sind insbesondere die Arbeiten an Projekten vorangetrieben worden, die anwendungstechnische Umsetzungen der faserverstärkten Baustoffe beispielsweise im Rohrleitungs- und Fassadenbau ermöglichen.
Eine neue Forschungsrichtung wurde mit dem EU-Forschungsprojekt BIPV-CIS zu gebäudeintegrierten PV-Modulen auf der Basis von CIS-Dünnschichttechnologie eingerichtet. Darüber hinaus wurden ein Forschungsprojekt zur Untersuchung von lastabtragenden Klebungen zwischen Glas und Metall im Bauwesen und ein Forschungsprojekt zum Einsatz neuer Technologien und Techniken zur Energieversorgung und -einsparung bei Baudenkmalen im Berichtsjahr bewilligt.
Während diese Forschungsarbeiten nur dank der an der Fakultät vorhandenen, gut ausgestatteten Labore und Prüfeinrichtungen durchgeführt werden konnten, haben im Berichtszeitraum auch diejenigen Forschungsprojekte des Bauingenieurwesens weiter zugenommen, die hauptsächlich in Computerlaboren bearbeitet werden. Sie tragen inzwischen ganz wesentlich zum Forschungsprofil der Fakultät bei. Zu nennen sind hier vor allem theoretisch orientierte Forschungen, die dem international eingeführten Themenkreis des "Computational Mechanics“ zuzuordnen sind. Dazu gehören die DFG-Forschungsgruppe 500 „Computerorientierte Destruktion komplexer Tragwerke durch Sprengung“ und der DFG-Schwerpunkt „Systemdynamik und Langzeitverhalten von Fahrwerk, Gleis und Untergrund“, in dem der instationäre, elastische Rollkontakt als Teilaufgabe bearbeitet wird, und die nichtlineare Modellierung und Simulation der Tragsicherheit und die Risikoanalyse komplexer Strukturen, mit Anwendungen zum Beispiel auf Großsilos, Landebahnen von Flughäfen und auf das Brückenbauwerk „Blaues Wunder“.
Zur multimedialen Unterstützung des Studienganges Bauingenieurwesen wurde die gemeinsam mit der TU Braunschweig entwickelte multimediale Lehr- und Lernplattform namens "Portiko" abgeschlossen und bereitgestellt, sowie durch ein fakultätsübergreifendes neues E-Learningprojekt „Basiswissen IT für Ingenieure“ fortgesetzt. Im Bereich des Informationsmanagements im Bauwesen wurden Verfahren und Arbeitstechniken für das gleichzeitige verteilte Arbeiten im Netz erforscht, das so genannte „Concurrent Engineering“, zum Beispiel für den Planabgleich von Planungsteams am virtuellen Runden Tisch, und Konzepte für einen virtuellen Arbeitsplatz zur koordinierten Bearbeitung mehrerer gleichzeitig laufender Projekte mit Workflow-Management, Informations- und Service-Logistik entworfen. Im Baubetriebswesen liegen die Forschungsschwerpunkte bei wissensintensiven Dienstleistungen im Facility Management, im Risikomanagement von Bauunternehmen und in der Modellierung und Simulation von Bau- und Geschäftsprozessen, welche mit Hilfe neuer Kommunikationstechniken die Unternehmensabläufe verbessern. Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Ermittlung der Investitionskosten mit Hilfe stochastischer Methoden für Infrastrukturprojekte.
In Fortsetzung des EU Forschungsprojekt "Care-W" wird im Forschungsverbundprojekt "Care-S die computergestützte Erneuerungsplanung unter Bewertung von Rohrleitungsmaterialien von Abwassernetzen erforscht. Ein weiteres Forschungsprojekt betrifft die stadttechnische Infrastrukturanpassung bei demographischer Alterung und Schrumpfung.
Im Bereich des Wasserbaus bilden hydromechanische und wasserbauliche Arbeiten, die an physikalischen Modellen im „Hubert Engels-Labor“ und in mathematischen Modellen am Rechner simuliert werden, einen Schwerpunkt. Einen breiten Raum nehmen Analysen zur Hochwassersicherheit und zu Hochwasserschutzkonzepten ein, mit denen künftig Schäden wie bei den Hochwasserereignissen vom August 2002 vermieden werden sollen. Mit Hilfe von numerischen Modellen werden die Abflussverhältnisse der Elbe, der Weißeritz, der Müglitz und der Mulde simuliert und Durchflussmessstellen kalibriert. In einem von der DFG finanzierten Forschungsprojekt werden in Kooperation mit der Universität Freiberg die hydrodynamischen Prozesse bei der Entstehung von Rillen bei großflächigen Überland-Abflüssen untersucht. Ferner sind auch die hydrodynamischen Untersuchungen zur Sicherheit von Deichen an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern zu nennen. Hervorzuheben sind auch die wasserwirtschaftlichen Untersuchungen des Abaya-Chamo Bassins in Äthiopien im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit.
Fast alle Forschungen an der Fakultät Bauingenieurwesen fügen sich in die vier Profillinien Materialwissenschaften, Informationssystemtechnik, Verkehr, Infrastruktur und Bevölkerung sowie Wasser, Energie und Umwelt der TU Dresden bestens ein. Die große Bandbreite an Forschungsprojekten, die im Berichtszeitraum an der Fakultät Bauingenieurwesen durchgeführt wurden, zeigt, wie vielseitig und faszinierend das Arbeitsfeld von Bauingenieuren ist. Dies erfahren auch unsere Studierenden, die in diese Projekte einbezogen werden, und die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die sich nach ihrem Studium, überwiegend auf Drittmittelstellen, weiter qualifizieren.
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