Abschlussarbeiten
Erfassung und Visualisierung vergangener und zukünftiger Gletscheränderungen im Zentralen Tien Shan/Kirgistan
Art der Abschlussarbeit
Diplomarbeit
Autoren
- Becker, Anne-Kathrin
Betreuer
- Prof. Dr.phil.habil. Manfred Buchroithner
- Dr.rer.nat. Tobias Bolch
Abstract
Das Tien Shan‐Gebirge liegt in Zentralasien und gehört zu den am stärksten vergletscherten Gebieten Eurasiens (Kutuzov und Shahgedanova, 2009). Die Flüsse, welche dem Tien Shan entspringen, versorgen Regionen in den Ländern Kirgistan, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und Xinjiang/China mit Frischwasser, wenn die Niederschläge im Sommer gering sind. Das Wasser der Flüsse stammt hauptsächlich aus der Gletscherschmelze. Demnach spielt der Abfluss von Schmelzwasser in diesen Regionen nicht nur ökologisch, sondern auch politisch eine wichtige Rolle (Sorg et al., 2012). Eine Veränderung der Gletscherflächen und ‐volumen wirkt sich direkt auf die Frischwasserversorgung der großen Seen, wie z. B. Aral und Issyk‐Kul aus (Dyurgerov, 2010). Neben der Bedeutung für die Wasserversorgung gelten Gletscher auch als natürliche Schlüsselindikatoren für den globalen Klimawandel (Haeberli, 2005; Kääb et al., 2007). Die Gletscher gehen im Schnitt seit dem Ende der Kleinen Eiszeit Mitte des 19. Jahrhunderts zurück (Sorg et al., 2012). Die Veränderung der Gletscherflächen und ‐volumen unterliegen dabei einer hohen räumlichen Variabilität (Dyurgerov, 2010). Gletscher in Regionen, die seit jeher schwer begehbar sind, wurden zum Teil noch nicht ausreichend dokumentiert. Trotz der überregionalen Bedeutung des Schmelzwassers sind in diesen Gebieten erst die jüngsten Veränderungen aufgezeichnet. rnDas Untersuchungsgebiet dieser Arbeit liegt im zentralen Tien Shan‐Gebirge im Osten Kirgistans an der Grenze zu Xinjiang/China und gehört zum Einzugsgebiet des Flusses Aksu, dem Hauptzufluss des Tarim. Es umfasst die Gebiete südlich des Inylchek, die beiden Täler nördlich und südlich des Kaindy‐Range sowie eine Erweiterung bis an die südliche Grenze von Kirgistan zu China. Damit gehört das Untersuchungsgebiet zu jenem Einzugsgebiet, welches essentiell für die Bewässerung und Trinkwasserversorgung in der südlich des Tien Shan gelegenen ariden Tiefebene, dem Tarim‐Becken, ist (Hagg et al., 2008). Das Tarim‐Einzugsgebiet umfasst ca. 20 000 km². Dessen Gletscher speisen laut einer Studie von Yang (1991) 13,3 km³ Schmelzwasser pro Jahr, was 39 % des gesamten Stromabflusses im Einzugsgebiet entspricht. Ziel dieser Arbeit ist es, durch die Erfassung der Gletscherbestände und der ‐volumen mittels Fernerkundungsdaten sowie durch die Bestimmung von deren Veränderung zwischen ~1970 und 2010 einen Beitrag zum Aksu‐Tarim‐Projekt zu leisten. Zunächst wurde dafür ein Gletscherinventar für den Zeitraum um das Jahr 2000 herum erstellt und die Gletscherflächenveränderung zwischen 1974 und 2007 bestimmt. Dafür wurden neben panchromatischen Hexagon‐Daten, multispektrale Landsat ETM+‐ sowie SPOT5‐Aufnahmen verwendet. Die Gletscherabgrenzung erfolgte mittels Ratiobildern und der manuellen, visuellen Auswertung mit Hilfe der Parameter Hangneigung und Schummerung. Die Gletscherflächenveränderungen sind aufgrund ihrer Fläche, Hangneigung, Exposition und Höhe analysiert worden. Für das Gletscherinventar wurden 240 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 240,1 ± 5,04 km² aufgenommen. Die gesamte Flächenveränderung zwischen 1974 und 2007 wird mit ‐14,4 ± 1,89 km² beziffert. Das Gletschervolumen und damit auch die Gletscherbetttopographie für das Jahr 2000 wurde auf Basis der SRTM‐Daten mittels der Methode von Linsbauer et al. (2009) bestimmt. Die Berechnung des Gletschervolumens ist von Andreas Linsbauer in Zürich durchgeführt worden. Das Gesamtvolumen des Gletscherinventars beträgt 16,6 ± 5,0 km³. Allein der größte Gletscher im Untersuchungsgebiet, der Kaindy‐Gletscher, macht dabei etwa 66,13% des Gesamtvolumens aus. Aus dem verfügbaren Stereobildpaar der Hexagon‐Daten wurde ein Höhenmodell erstellt, welches mit dem SRTM‐Höhenmodell zur Berechnung der Gletschermassenbilanz zwischen 1974 und 2000 diente. Die Gletschermassenbilanz ist für acht ausgewählte Gletscher bestimmt worden, deren Werte zwischen ‐0,63 ± 0,70 m w. e. a‐1 und 0,59±0,70 m w. e. a‐1 liegen. Angenommen, die äußeren Bedingungen blieben für die Zukunft konstant und die Entwicklung der Gletscher verliefe weiterhin wie zwischen 1974 und 2007, ist davon auszugehen, dass der Kaindy‐Gletscher in ca. 680 Jahren abgeschmolzen sein wird. Gletscher mit einer Fläche < 5 km² wären dann nach ca. 350 Jahren verschwunden.rn
Url/Urn/Doi
Zugeordnete Forschungsschwerpunkte
- Hochgebirgskartographie, Schwerpunkt multitemporale Gletscherkartierung mittels kosmischer Fernerkundungsdaten
- Geoinformationssysteme für Umweltmonitoring
- Fernerkundungskartographie
Zugeordnete Forschungsprojekte
- Überwachung von Gletschern im Einzugsgebiet des Aksu-Tarim (Xinjiang/China, Kyrgzystan) unter Berücksichtigung schuttbedeckter Gletscher (Teilprojekt innerhalb des Projektbündels AKSU-TARIM)
Schlagwörter
Gletscher, Gletschermonitoring
Berichtsjahr
2013