Pressemitteilung: Auf dem Weg in die Nachhaltigkeit - TU-Wissenschaftler präsentieren Instrument zur ökonomisch-ökologische Analyse von Produkten vor Vertretern führender Chemiekonzerne
Corporate Social Responsibility, Responsible Care,
Sustainable Development und kontinuierliche Verbesserung sind
vier Schlagworte, mit denen sich Unternehmen derzeit
konfrontiert sehen. Jedes einzelne von ihnen steht für eine
Sichtweise dazu, wie Unternehmen ihrer Rolle in der
Gesellschaft gerecht werden sollten und könnten.
Vor diesem Hintergrund beauftragte die Degussa AG im Jahr 2000
die Professur für Betriebliche Umweltökonomie an der Fakultät
Wirtschaftswissenschaften der TU Dresden mit der Entwicklung
eines Instrumentes, das eine nachhaltigere Produktentwicklung
unterstützt. Der Schwerpunkt wurde auf diese Phase gesetzt, da
hier bereits ca. 70 % der Kosten festgelegt werden, die erst
später auf dem weiteren Lebensweg eines Produktes bis hin zur
Nutzung und Entsorgung anfallen. Analog werden auch
Umweltbelastungen, die durch Ressourcenverbrauch und
unerwünschten Output, wie z.B. Emissionen entstehen, bereits in
dieser frühen Phase bestimmt.
Ausgangspunkt des von Frau Prof. Dr. Edeltraud Günther und Frau
Dipl. Wirtsch.-Ing. Antje Fritzsche entwickelten Instruments
ist die Notwendigkeit des Unternehmens, ne-ben ökonomischen
Aspekten auch Umweltschutzgesichtspunkte in Entscheidungen
einzubeziehen. Konkret bedeutet dies, dass die ökonomische
Bewertung auf im Unternehmen bereits etablierte und akzeptierte
Entscheidungskriterien zurückgreift. Daneben wird eine
ökologische Bewertung gestellt, die monetär nicht bewertbare
Größen, wie z.B. Emissionen in Wasser, Luft oder Boden,
Energie- und Ressourcenverbrauch betrachtet. Basierend auf
Input- und Outputbilanzen, die für einen bestimmten Zeitraum
produktrelevante Stoff- und Energieströme erfassen, erfolgt
eine Abschätzung von deren Wirkungen. Hierzu wird das
naturwissenschaftlich basierte und auf ISO-Ebene normierte
Instrument der sog. Ökobilanz genutzt. Betrachtet werden dabei
Wirkungskategorien, wie der Treibhauseffekt, die Versauerung,
die Ozonbildung oder die Humantoxizität. Das entwickelte
Instrument – e2-Produktanalyse genannt – unterstützt die
Unternehmen bei der Abwägung der ökologischen Wirkungen
untereinander sowie gegenüber ökonomischen Zwängen. Die
e2-Produktanalyse geht jedoch über eine reine Ermittlung des
status quo hinaus. Sie deckt Optimierungspotential auf und
liefert eine schrittweise Anleitung zur Aufdeckung von
Ursache-Wirkungszusammenhängen, die eine kontinuierliche
Verbesserung der Produkte ermöglicht. Abschließend kann mit
Hilfe des TU-Instruments sogar eine Erfolgskontrolle
durchgeführt werden.
Am 10. November 2005 fand die Abschlusspräsentation der
e2-Produktanalyse bei der Degussa AG in Düsseldorf statt. Hier
stellten sich die Wissenschaftlerinnen neben der kritischen
Beurteilung der einzelnen Geschäftsbereiche der Degussa auch
namhaften deutschen Chemieunternehmen, wie BASF, Bayer, Henkel
und Solvay. Deren Experten, die ihrerseits eigene Konzepte
vorstellten, hoben hervor, dass das TU-Instrument die
Realitäten der Praxis, z.B. im Hinblick auf die
Datenverfügbarkeit und Machbarkeit aufgreift und es auch für
die vertretenen Unternehmen gute Ansatzpunkte für die
Weiterentwicklung der dort genutzten Instrumente bietet. Aus
den Reihen der Degussa-Vertreter wurde ein großes Interesse an
einer weiteren Anwendung der e2-Produktanalyse signalisiert.
Somit ordnet sich das TU-Instrument in den Reigen der
Instrumente, die derzeit zur Entscheidungsvorbereitung in der
deutschen Chemieindustrie genutzt werden, ein.
Nähere Informationen erhalten Sie direkt beim Lehrstuhl für
Betriebliche Umweltökonomie unter .
Corporate Social Responsibility ist
ein Konzept, bei dem Unternehmen soziale und
umweltbezogene Belange in ihre Geschäftsprozesse und
ihre Beziehungen zu den Stakeholdern auf freiwilliger
Basis berücksichtigen. Begonnen durch das Grünbuch der
Europäischen Kommission „Europäische Rahmenbedingungen
für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ im Jahre
2001 mündete der Dialog verschiedener Akteure in die
Endergebnisse des sogenannten European Multistakeholder
Forum on CSR im Jahre 2004. Ziel ist, einen Beitrag der
Unternehmen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung zu
erreichen. Dabei umfasst Corporate Social Responsibility
das Bekenntnis des Managements, Umwelt- und
Sozialbelange freiwillig über die bestehenden
Verpflichtungen hinaus in unternehmerische
Entscheidungen einzubeziehen. Hierzu ist der ständige
Dialog mit den Stakeholdern zwingend notwendig, wobei
den Mitarbeitern eine besondere Aufmerksamkeit zukommt.
Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
sollen die Auswirkungen unternehmerischen Handelns über
die gesamte Wertschöpfungskette analysiert und
beeinflusst werden. (Quelle: http://europa.eu.int) |
Sustainable Development – oder im deutschen: nachhaltige Entwicklung – steht seit der Veröffentlichung des Brundtlandberichtes der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1987 für eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Ihren Ursprung hat die Idee in der Land- und Forstwirtschaft, erste Verankerungen findet man in Klosterordnungen zu Beginn des 2. Jahrtausends. Für Deutschland wurde der Begriff durch die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des Deutschen Bundestages 1998 konkretisiert, indem für die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft Regeln aufgestellt wurden (ein Beispiel für eine ökologische Regel: Die Nutzung einer Ressource darf auf Dauer nicht größer sein als ihre Regenerationsrate oder die Rate der Substitution aller ihrer Funktionen). Allerdings findet man im deutschen Sprachgebrauch auch die Verwendung für die Fortdauer oder Konstanz von irgendwelchen Zuständen, Prozessen und Wirkungen. |
Die weltweite Initiative Responsible Care (verantwortliches Handeln) steht für den Willen der chemischen Industrie, unabhängig von gesetzlichen Vorgaben, nach einer ständigen Verbesserung der Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Sicherheit und Gesundheit (Environment, Safety, and Health) zu streben und diesen Fortschritt auch regelmäßig öffentlich aufzuzeigen. Mit Responsible Care möchte die chemische Industrie einen Beitrag zur Lösung der globalen (Umwelt)probleme in den Bereichen leisten, die in ihren Verantwortungs- und Einflussbereich fallen. Responsible Care is the chemical industry’s global voluntary initiative under which companies, through their national associations, work together to continuously improve their health, safety and environmental performance, and to com-municate with stakeholders about their products and processes. (Quelle www.responsiblecare.org) |
Quelle: Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dresden, den 18.11.2005