24.06.2019
Neuer Aufsatz von Dagmar EIierbrock & Silke Fehlemann: "Beschämung, Beleidigung, Herabsetzung. lnvektivität als neue Perspektive historischer Emotionsforschung"
Erschienen in: Anja Besand / Bernd Overwien / Peter Zorn (Hgg.): Politische Bildung mit Gefühl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2019, S. 90 - 104.
Auszug aus dem Aufsatz (S. 92):
"Beschämungen sind allgegenwärtig: im sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Leben einer Gesellschaft ebenso wie im politischen Geschäft [...]. Gleichwohl besteht aktuell der Eindruck, dass sich nicht nur das Ausmaß und die Qualität von Beschämungen intensiviert habe [...], sondern dass diese Veränderung auch negative Konsequenzen für die soziale und politische Ordnung mit sich bringe. Von daher sind eine politische und didaktische Analyse und eine systematische historische Einordnung dieses Phänomens dringend notwendig.
Vor der Folie der historischen Entwicklung kann ein analytischer Zugang zu Beschämungs-und Herabwürdigungspraktiken ausgearbeitet werden, der ihr stabilisierendes produktives und destruktives Potenzial gleichermaßen erfasst, sowie Kriterien politischer Intervention diskutiert.
Dies ist umso dringlicher, als Vorbedingungen, Effekte und Eskalationen von Beschämungspraktiken komplex und widersprüchlich und sind und politisch und sozial in ganz unterschiedliche Richtungen laufen können. Diese Entwicklungen werden aktuell gesellschaftlich deutlich und verursachen Ratlosigkeit, wann und wie auf Beschämungen zu reagieren sei, wann Beschämungspraktiken Grenzen überschreiten und somit politische Aktionen notwendig sind und wann sie entspannt toleriert werden könnten.
Um diese notwendige Systematisierung voranzutreiben, soll ausgehend von der Definition von Scham und Beschämung das neue, darüber hinausreichende Konzept der lnvektivität vorgestellt und analytisch für die Systematisierung invektiver Praktiken genutzt werden."