Zebrafisch - Kandidatengene im Tiermodell
Table of contents
Projektleitung

Wissenschaftliche Mitarbeiterin / Assistenzärztin
NameMs Dr. med. Anne-Karin Kahlert
Ansprechpartnerin Zebrafische
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Forschungsziel
Ziel unserer Arbeitsgruppe ist die Untersuchung von Genen, welche im Rahmen der Diagnostik am Institut für Klinische Genetik als sogenannte Kandidatengene für verschiedene Syndrome oder diverse Defekte bei Patienten erstmals in Erscheinung treten. Es ist unser Anliegen mit Hilfe der Zebrafisch-Forschung die Relevanz und Auswirkung von Mutationen innerhalb der gefundenen Kandidatengene zu erforschen. Das heißt, im Focus unserer Interessen stehen die biologischen Grundprozesse, welche durch die beobachteten Mutationen in den Kandidatengenen verändert werden.
Zebrafisch als Tiermodell
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Zebrafischmodell als Objekt zur Untersuchung krankheitsrelevanter, genetischer Veränderung beim Menschen als besonders geeignet erwiesen. Dafür sprachen vor allem die Homologie von etwa 70 % der humanen Krankheitsgene [1], eine hohe Reproduktionsrate im Vergleich zu anderen Tiermodellen (wie etwa der Maus), sowie der Möglichkeit sogenannte Small Compound Screens [2] einfach und effizient durchführen zu können. In unseren Projekten werden im Zebrafischmodell die den humanen Kandidatengenen homologen Gene des Zebrafischs entweder für „loss of function“ -Varianen deletiert oder gezielt modifiziert, sodass die genetisch veränderten Zebrafische letztlich die gleiche, beim Patienten beobachtete, Mutation aufweisen. Für die gewünschten Veränderungen im Tiermodell werden zwei verschiedene Systeme angewendet. Zum einen kommt die sogenannte „Gen-Schere“ CRISPR/Cas9 zum Einsatz. Sie stellt ein effizientes Handwerkszeug dar, welches sich in den vergangenen Jahren in der wissenschaftlichen Praxis etabliert hat und auf der Grundlagenforschung der Französin Emmanuelle Charpentier basiert. Alternativ wird das sogenannte GATEWAY-Cloning genutzt. Exemplarisch für die Zebrafisch-Forschung am Institut für Klinische Genetik soll hier das EXOSC2-Projekt kurz schematisch vorgestellt werden.
[1] Howe, D.G. et al.: ZFIN, the Zebrafish Model Organism Database: increased support for mutants and transgenics. Nucleic Acids Res (2013), doi: 10.1093/nar/gks938
[2] Peal, D.S. et al.: Small molecule screening in zebrafish. J Cardiovasc Transl Res (2010), doi: 10.1007/s12265-010-9212-8
Projekt "EXOSC2"
EXOSC2-Zebrafischmodell: Im Zentrum unserer Forschung steht die Untersuchung des Genes EXOSC2, und darüber hinaus die Analyse der Gene EXOSC3 und EXOSC8, als neue Kandidatengene im Zusammenhang mit einer früh einsetzenden Retinitis pigmentosa und zunehmender Schwerhörigkeit, bis hin zur Taubheit, beim HK-Syndrom. Dieses Syndrom wurde erst kürzlich durch Kollegen unseres Institutes (Dr. Nataliya Di Donato) im Rahmen der klinischen Diagnostik beschrieben.[1] Neben den oben genannten Symptomen zeigten die Betroffenen aus zwei nicht-verwandten Familien eine schwere Myopie im Kindesalter, Kleinwuchs, Brachydaktylie und faziale Dysmorphiezeichen. Mittels NGS- Technologie konnten wir bei den drei betroffenen Personen homozygote bzw. compound heterozygote Missense-Veränderungen in dem oben genannten Kandidatengen EXOSC2 ermitteln. Es ist bereits bekannt, dass Defekte von EXOSC3 und EXOSC8 zu schweren Neurodegenerationen mit stark verminderter Lebenserwartung führen können[2,3]. Für den Verlust von EXOSC2 sind dagegen noch keine klaren klinischen Phänotypen beschrieben worden. Daher liegt der Schwerpunkt des Projekts auf der Analyse der Rolle von EXOSC2 bei der Entwicklung des HK-Syndroms mit Focus auf die Entstehung einer Retinitis pigmentosa in Zusammenhang mit Taubheit. Die durch die Gene EXOSC2, EXOSC3 und EXOSC8 kodierten Proteine sind Bestandteile des RNA-Exosomkomplexes in der Zelle. Im Rahmen dieses Projektes soll unter zu Hilfenahme der CRISPR/Cas9-Technologie die zu Grunde liegende Biologie dieser Proteine im Zebrafischmodell untersucht werden.
EXOSC2 & Exosom: Das RNA-Exosom ist ein Proteinkomplex, welcher eine entscheidende Rolle beim Abbau von intrazellulären Ribonukleinsäuren (RNA) spielt. Dabei handelt es sich um ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes Konstrukt. In eukaryotischen Zellen und damit auch im Menschen besteht er aus sechs verschiedenen Ribonukleasen (Rrp41, Rrp42, Rrp43, Mtr3, Rrp45 und Rrp46). Diese sechs sogenannten Kernproteine sind für den eigentlichen enzymatischen Abbau der Ribonukleinsäuren verantwortlich. Auf dem Ring aus sechs Kernproteinen sind drei weitere Proteine, die Cap-Proteine, assoziiert. Dazu zählen Rrp4, Rep40 und CsI4 [4]. Diese drei Proteine binden nicht nur Ribonukleinsäuren und sind somit scheinbar für die Substratauswahl zuständig, sie verfügen darüber hinaus ebenfalls über eine 3‘-5‘-Exonukleaseaktivität. Die Gewichtung dieser Funktion auf den RNA-Abbau im Vergleich zu den sechs Kernproteinen ist jedoch noch unklar. Durch das Exosom werden verschiedene Ribonukleinsäuren prozessiert, abhängig von der Lokalisation des Proteinkomplexes in der Zelle. So findet im Zytoplasma der Abbau von mRNA-Molekülen statt, dagegen werden im Zellkern snRNA- und im Nukleolus verschiedene rRNA-Moleküle prozessiert. Entscheidend für die Erkennung von mRNA als Substrat ist das Vorhandensein von AU-reichen Elementen, an denen weitere Proteine assoziiert sind, welche letztlich mit dem Exosom interagieren. Die für dieses Projekt interessanten Gene EXOSC2 und EXOSC3 kodieren die Proteine Rrp4 und Rrp40, während EXOSC8 für die Expression von Rrp43 entscheidend sind.
Literatur
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Di Donato N et al.: Mutations in EXOSC2 are associated with a novel syndrome characterised by retinitis pigmentosa, progressive hearing loss, premature ageing, short stature, mild intellectual disability and distinctive gestalt. J Med Genet (2016), doi:10.1136/jmedgenet-2015-103511
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Wan J et al.: Mutations in the RNA exosome component gene EXOSC3 cause pontocerebellar hypoplasia and spinal motor neuron degeneration. Nat Genet, (2012), doi: 10.1038/ng.2254
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Boczonadi V et al.: EXOSC8 mutations alter mRNA metabolism and cause hypomyelination with spinal muscular atrophy and cerebellar hypoplasia. Nat Commun (2014), doi:10.1038/ncomms5287
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Lykke-Andersen S et al.: The eukaryotic RNA exosome: same scaffold but variable catalytic subunits. RNA Biol (2011), doi: 10.4161/rna.8.1.14237