23.10.2016
Georg-Helm-Preis für Teilchenphysikerin
Dr. Ulrike Schnoor erhält gemeinsam mit Dr. Sara Jahnke (Psychologie) einen der drei Georg-Helm-Preise 2016. Mit dem Preis wird die Teilchenphysikerin für ihre Dissertation zum Thema „Vector Boson Scattering and Electroweak Production of Two Like-Charge W Bosons and Two Jets at the Current and Future ATLAS Detector“ ausgezeichnet. Ulrike Schnoor fertigte ihre Doktorarbeit am Institut für Kern- und Teilchenphysik (IKTP) der TU Dresden an, wo sie 2015 promoviert wurde. Seit September 2015 forscht die Physikerin als Post-Doc an der Uni Freiburg.
In ihrer Doktorarbeit, die sie im Alter von 26 Jahren abschloss, hat Ulrike Schnoor Teilchenkollisionen untersucht, die mit dem ATLAS-Detektor am Beschleunigerring Large Hadron Collider (LHC) des Forschungszentrums CERN in Genf aufgezeichnet wurden. Dabei konnte sie wichtige Beiträge zur Beobachtung leisten, dass W-Bosonen aneinander streuen können. Dieser Prozess wurde zwar theoretisch vorhergesagt, konnte aber vorher noch nie experimentell nachgewiesen werden. Er ist noch weitaus seltener als die Erzeugung eines Higgs-Teilchens am LHC, jedoch von fundamentaler Bedeutung für die „schwache Wechselwirkung“, die z.B. für radioaktive Kernumwandlungen oder die Kernfusion in der Sonne verantwortlich ist. Die erste Beobachtung des Streuprozesses zweier gleichgeladener W-Bosonen, an der Ulrike Schnoor maßgeblich beteiligt war, wurde in der renommierten Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht (https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.113.141803).
Für die Teilchenphysik ist diese Streuung überaus interessant, da sie wiederum Erkenntnisse zum Higgs-Teilchen liefert. Denn das Higgs-Feld wirkt bei dieser Streuung als eine Art Stoßdämpfer. Aus der gemessenen Abschwächung und dem Vergleich mit den von der Theorie vorhergesagten Werten lassen sich Rückschlüsse auf die Natur des Higgs-Teilchens ableiten, das im Jahr 2012 am LHC entdeckt wurde. Eine exakte Bestimmung dieser Streuung - wofür der LHC in den kommenden Jahren noch mehr Daten sammeln wird - wird zeigen, ob das gefundene Higgs-Teilchen genau das vom Standardmodell vorhergesagte Teilchen ist oder ob es aus anderen Teilchen zusammengesetzt ist oder eventuell sogar zur Regulierung bisher unbekannte neue Teilchen nötig sind.
Mit dem Georg-Helm-Preis werden jährlich drei herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet. Die Verleihung erfolgt am 21. Januar 2017. Gestiftet wurde der Wissenschaftspreis durch den Verein zur Förderung von Studierenden der TU Dresden.