Mensch und Raum
Der Mensch bewegt sich stets in einem Raum, der sein ureigenes Element ist. Haben die Fische das Wasser, die Vögel die Luft als ihr Element, so hat der Mensch seine Alltagslandschaft, in der er leiblich anwesend ist. Er befindet sich aber nicht in diesem Raum wie Dinge, die in einer Schachtel beieinander liegen. Vielmehr verhält sich der Mensch zur Räumlichkeit seines Daseins. Unser Raum, in dem wir unser Leben in der Welt führen, ist unser Orientierungsraum. Im Orientierungsraum unserer Alltagslandschaft kennen wir uns gut aus: oben und unten, vorne und hinten, links und rechts sind seine Koordinaten, die auf eine Mitte, die wir selbst mit unserem jeweiligen „Hier“ ausmachen, gerichtet sind. Wir wissen in der Regel, wie wir in diesem Raum am besten „von Hier nach Dort“ kommen und ob das Haus der Freunde nah oder fern ist. Daneben interessiert uns aber noch eine andere Weise Im-Raum-zu-sein. Eben noch in ein spannendes Buch vertieft, stürmt eine Kinderschar jubelnd an uns vorbei und reißt uns aus der Phantasiewelt. Angespannt betreten wir, den lauten Flur genervt hinter uns lassend, den Vorlesungsraum, wo es andächtig ruhig ist. Unser Tun und Lassen ist ständig von einer Befindlichkeit und eines Zumute-seins begleitet. In der Regel fällt uns diese Stimmung, in der wir sind, nicht sonderlich auf. Oft leben wir in einem eher gleichgültigen Gestimmtsein in den Tag hinein. Es gibt aber Situationen, bei denen der Raum, in dem wir uns finden, selbst für unsere Stimmung eine Mitverantwortung trägt. Denken wir an Kirchenräume, aber auch an Landschaftsräume, die stimmungsmäßig stark auf uns wirken. Man spricht dann auch von Atmosphären, die sich wie eine Wolke ohne klare Begrenzung um uns legen können. Im „gestimmten Raum“, von dem hier die Rede ist, sind wir anders anwesend als im Orientierungs- und handlungsraum, von dem wir oben sprachen. Vom „gestimmten Raum“ sprechen wir eher im sinne des Spürens einer Atmosphäre, der wir uns einfach hingeben können bzw. von der wir erfasst werden. Hier kommt es vor allem auf die Beschreibung der Leibwahrnehmung an.