Exkursionen
Die Zeichenexkursionen dienen der Sammlung von Eindrücken und zeichnerischen Notizen. Dabei fördern wir das Ausprobieren verschiedener Materialien und Zeichenwerkzeuge. Beim Überarbeiten und Überzeichnen der Ergebnisse entstehen dann weiter Ideen und Motive. (Text: Felix Greiner-Petter)
Table of contents
- 2022 - "Räume der Kunst" Leipzig|Halle
- 2020 - Zeichnen der Systeme vom Erzgebirge bis zur Ostsee
- 2019 - PARA-DI-SE in Mailand
- 2018 - AufRuhr! im Ruhrgebiet
- 2017 - Erweiterte Realität in Usti nad Labem
- 2016 - Formwelten in Leipzig
- 2015 - Phänomene des Räumlichen in Ostsachsen
- 2014 - Großstadtarchitektur in Berlin
- 2013 - Pars pro toto - Backsteinarchitekturen in Norddeutschland
- 2012 - Graubünden
- 2011 - Freiberg-Chemnitz-Berlin
- 2010 - Wien
- 2009 - Prag und Brünn
- 2008 - Köln
- 2007 - Kassel (Dokumenta XII)
- 2006 - Wörlitz und Hombroich
- 2005 - Leipzig und München
- 2003 - Florenz
- 2002 - Lommatzscher Pflege
- 2001 - Amsterdam / Rotterdam
- 2000 - Prag
2022 - "Räume der Kunst" Leipzig|Halle
Große Hallen des ehrfürchtigen Staunens oder verwinkelte Raumfolgen für ein assoziatives Erkunden – zeitgenössische Ausstellungsräume kennen unterschiedliche Formen Kunst zu präsentieren. Museen und Kunsthallen haben sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu Orten der Interaktion und Kommunikation entwickelt. Das Angebot digitaler Formate bekommt durch die Corona-Pandemie einen zusätzlichen Schub und kann das „echte“ Kunstraumerlebnis erweitern, aber nur selten ersetzen.
Im Seminar ging es um das Sammeln von Beobachtungen in Architekturen des Ausstellens in Leipzig und Halle mit Hilfe. Mit einer freien zeichnerischen Herangehensweise verfolgten wir das Ziel auf Grundlage der Exkursionsergebnisse ein eigenes künstlerisches Projekt zu erarbeiten.
Ausgehend von kurzen thematischen und methodischen Impulsen schauten wir auf Ausstellungsorte unter wahrnehmungsbezogenen und analytischen Gesichtspunkten und fassten die Erlebnisse in und mit den Architekturen zeichnerisch:
- Wie wirkt der Ausstellungsraum auf mich?
- Wie beeinflussen sich die Räume und die Exponate?
- Welchen Weg nehme ich durch die Ausstellungsräume: geführt von einer vorgegebenen Dramaturgie oder assoziativ meinem eigenen Interesse?
- Was interessiert mich an einer bestimmten Raumstelle, einer Oberfläche, einem Lichteinfall?
- Welche Assoziationen knüpfen sich an meine Beobachtungen?
Mit einem analytischen Blick schauen wir auf bauliche Motive und Aspekte der Funktionalität. Dazu zählen beispielsweise: Flexibilität und Ausleuchtung der Räume, Aufenthaltsqualität für Besuchende, Strahlkraft und Einbettung des Gebäudes in der Umgebung, sowie allem voran die Zukunftsfähigkeit der Bauweise.
Lassen Sie uns zeichnend spielen und experimentieren! - In der letzten Phase des Seminars werden die Sammlungen der Exkursion Ausgangspunkt für großformatige oder serielle Bild-Erfindungen mit selbstgewähltem Thema. Das könnte ein formales oder historisches Interesse für einen Ort sein, eine bestimmte zu erforschende Sinneserfahrung oder die Faszination für wiederkehrende bauliche Details.
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(Luzia Rux und Luise Ritter)
2020 - Zeichnen der Systeme vom Erzgebirge bis zur Ostsee
Wie sieht ein Querschnitt unseres unmittelbaren Lebensraums in Mitteleuropa aus? Wie prägt der Strukturwandel diese Region in den nächsten Jahren? Wie machen wir Veränderungen sichtbar, bevor sie passieren? Wie vermitteln wir verständlich die Vielzahl von Informationen und Sachverhalte, Perspektiven, Haltungen und Fragen an Interessierte, Betroffene und Entscheider*innen?
Wir greifen die Problematik der Energie- und Klimapolitik und des unausweichlich kommenden Strukturwandels auf und nutzen sie für Seminar und Exkursion. Wir zeichnen und beschreiben Themen und Strukturen und leiten Handlungsoptionen daraus ab.
Überblick zu den Themen:
- Atomenergie, fossile Brennstoffe, Alternativenergien
- Abfall und Recycling,
- Ernährung jetzt und in der Zukunft
- Monokultur vs. Diversität in der Landwirtschaft
- Artensterben
- regionale Erzeugung und globaler Handel
- Geologie, Topographie, Klimaforschung
- Eiszeit damals und anthropogene Erhitzung heute
- Anstieg des Meeresspiegels
- Verkehrsstruktur, Flächenversiegelung, Warenströme, Drehkreuze
Wir informieren uns dazu und besuchen repräsentative Orte.
Der Kurs zielt darauf ab das individuelle Wissen zu erweitern, Inhalte aufschlussreich zu verknüpfen, probeweise verschiedene Perspektiven einzunehmen, die eigene Haltung zu klären und Lösungsansätze aufzuzeigen. Aus einer unsichtbaren Informationsflut erzeugen wir mit visueller Kraft sichtbares und strukturiertes Wissen! Was befähigt uns sonst, den nächsten Schritt zu gehen?
2019 - PARA-DI-SE in Mailand
Parametrisch digitale Serien - Kombination aus Zeichenexkursion und visuellen Programmiersprachen
Werden relevante Teile der zukünftigen Entwurfsarbeit von computerbasierten und normgebenden Regelsystemen ausgeführt? Welche Rolle spielen dabei kognitiv, individuelle Handlungen von Menschen? Dazu wollen wir mit diesen Werkzeugen in Serien arbeiten und dabei die Möglichkeiten und Grenzen der Interaktion von entwerferischen Entscheidungen und algorithmisierten Vorlagen entdecken. Entwerfen wir in Zukunft vielmehr Algorithmen als Architektur?
Abgeleitet vom analogen, seriellen Entwerfen sollte das Entwerfen und Darstellen mit digitalen Werkzeugen in Serien erprobt werden. Als Sprunghilfe für das Erarbeiten von anschaulichen Architektur-Form-Serien dienten eine konzeptionelle und technische Einführung in Software zur digitalen Parametrisierung (Rhinoceros + Grasshopper) und der persönliche entwerferisch-zeichnerische Zugang der Studierenden. Die Zeichenexkursion nach Mailand versorgte uns mit historischen und zeitgenössischen Motiven der Architektur und Landschaftsarchitektur. Anschließend entwickelten die Studierenden aus den entdeckten Formen eigene parametrisch-digitale Serien mit Hilfe der visuellen Programmiersprache, Nodes und Algorithmen.
Literatur:
- David Berlinski: The Advent of the Algorithm. Boston, 2001.
- Robert Woodbury: Elements of Parametric Design. Oxon, 2010.
- Manfred Wolff-Plottegg: Architektur Algorithmen. Wien, 1996.
- T. Wallisser/M. Schroth: Experimente – Architektur digital konzipiert. Stuttgart, 2014.
- Yuval Noah Harari: Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen. München, 2015.
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(Felix Greiner-Petter, 2019)
2018 - AufRuhr! im Ruhrgebiet
Gezeichnetes Ruhrgebiet - Umwelt und Strukturwandel erleben, zeichnerisch dokumentieren und in Serien und Einzelarbeiten grafisch Bearbeiten.
Die Zeichenexkursion führte im westlichen Ruhrgebiet zu neuen und alten Zentren. Ein neu gebautes Archiv als Landmarke zwischen Vergangenheit und Neuanfang, landschaftsarchitektonisch überformte Abraumhalden als repräsentative Orientierungspunkte, bautechnisch innovative Kirchenbauten, Museen zur Reflexion über Arbeit, Landschaft, Raum und Kunst sowie neu genutzte Zechenareale als Reaktion auf eine »Erlebnisgesellschaft«*, die sowohl kulturpessimistisch als auch Vitalität stiftend verstanden werden kann. Das Ruhrgebiet bietet ein anregendes Repertoire von Formen. Die erzeugten Arbeiten stellen sowohl flüchtige Wahrnehmungen der Studierenden in skizzenhaften Strichzeichnungen als auch frei ausgearbeitete eigene Bilder und Formen für die Überschneidungen von unter- und oberirdischen Strukturen der vom Bergbau geprägten Umwelt dar.
- Bleiben die eindrücklichen Räume des Bergbaus für folgende Generationen erhalten?
- Wie entsteht ein Bewusstsein für die langjährigen und massiven Eingriffe des »Terra-Formings« in die einst natürliche Landschaft?
- Welche Komplexität lässt sich auf diesem Teil der Erdoberfläche im Fadenspiel von bestehenden wirtschaftlichen Versorgungsströmen, alternativen Kulturen des Erlebens und neuen Arbeitsformen nachweisen?
- Taugt das Ruhrgebiet als neues Leitbild für einen erfolgreichen Strukturwandel, trotz der Gefahren des Verdampfens durch ein Eventkultur-Desaster oder dem Versinken in einer pseudo-romantischen Industrie-Natur-Idylle?
Gelingt die Transformation einer komplexen industrie-kapitalistischen Durchdringung von Umwelt und Gesellschaft in Richtung eines Strukturwandels als umweltpolitischem und kulturell-gesellschaftlichem Präzedenzfall?
Als Dokumentation der Ergebnisse ist im Eigenverlag der Professur eine Publikation entstanden: Felix Greiner-Petter, Niels-Christian Fritsche (Hg.) »AufRuhr! - Gezeichnetes Ruhrgebiet«, Dresden 2020. Mit freundlicher Unterstüzung vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Duisburg und Götz Otto Kreitz, Essen.
Leseprobe durchblättern auf www.issuu.com
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* Vgl. z.B.: Gerhard Schulze »Die Erlebnisgesellschaft: Kultursoziologie der Gegenwart«, Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2005 (1992)
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(Felix Greiner-Petter)
2017 - Erweiterte Realität in Usti nad Labem
2016 - Formwelten in Leipzig
2015 - Phänomene des Räumlichen in Ostsachsen
Hauptfach Zeichenexkursion und Siebdruck
Sommersemester 2015, Exkursion 26.6. – 29.5.2015
Konzeption und Koordination: Felix Greiner-Petter
»Räumliche Phänomene entdecken und architektonische Formen finden«
In der Ausbildung von Studierenden der Architektur und Landschaftsarchitektur steht neben der technischen, funktionalen, konstruktiven oder geschichtlichen Auseinandersetzung auch die Beschäftigung mit künstlerischen Gestaltungsprozessen. Diese dienen wesentlich dem Kennenlernen von Bestehendem und dem Entwickeln von neuen Formen. Das Erleben und Beobachten von Architektur und Umwelt, deren zeichnerisches Nachvollziehen und das Entwickeln eigener Formen stellt einen wichtigen Prozess bei Entwurf und Planung von Umwelt dar. Dabei erkennt man Bezüge zur Wirklichkeit, analysiert diese und verarbeitet sie in Projekten. Unsere Arbeitshypothese lautet: Plausibilität und Anschlussfähigkeit eines Konzeptes sind eng verbunden mit der Referenz auf Bekanntes. Dabei steht dem Bedürfnis nach Komplexität die entwickelte Andersartigkeit der neuen Formen zur Seite. In Kombination bildet die Referenz und die Originalität ein Tatsachenpaar das gleichsam Aneignung ermöglicht und Offenheit der Deutung als Option bereitstellt. Damit entsteht eine Plausibilität, die Orientierung in der Welt schafft. Ich er-kenne es und gleichzeitig entsteht etwas Erweiterndes, etwas, dass über mich hinaus geht.
Das Seminar „Zeichenexkursion und Siebdruck - Phänomene des Räumlichen“ hat unter den Bedingungen einer Architekturreise durch Zeichnen zunächst eine erste Formquelle erschlossen – reale Gebäude. Ikonen der Moderne, Kleinsträume, historische Denkmale und Gebäude in unterschiedlichen Massstäben und Funktionen zeigten auf verschiedene Weise die „Wirkungsformen“ von Architektur. Das Zeichnen auf Basis der Eindrücke und der Kenntnis diverser Darstellungsformen produziert eine erste Vor-Ort-Erfahrung mit den Gebäuden. Auf der Reise entsteht eine Sammlung von zeichnerischen Notationen des Erlebten. Die Zeichnungen stellen verschiedene Aspekte der Gebäude dar. Wirkungen von Licht und Schatten genauso wie räumliche Verbindungen werden sichtbar. Gleichzeitig ermöglichen sie eine Aneignung des Formenrepertoires. Die Besichtigung bis hin zum Verweilen in den Architekturen führt zu unterschiedlichen Intensitäten der Erfahrung. Phänomene des Räumlichen und der Erscheinung der Oberflächen werden je nach Aufmerksamkeit erfahrbar.
Der unterschiedliche Massstab und die verschiedenen Typen der Gebäude erzeugen Verbindungen untereinander, die sowohl räumlicher, funktionaler oder auch geschichtlicher Art sind. Es entsteht eine Matrix von Verkettungen und Beziehungen, die dann über die Zeichnungen wiederzuentdecken sind. Ähnlichkeiten in der räumlichen Struktur, architektonische Motive oder die Art der Fügung sind dafür ein Beispiel. Diese Ähnlichkeiten bergen einen neuen Fundus an Formen.
Der Kurs arbeitet im Anschluss an die Exkursion mit drei parallelen Arbeitsbereichen. Unter dem Begriff „Abstrakt“ verstehen wir das Erarbeiten eines Formenfundus aus den Zeichnungen der Zeichenexkursion. Das zweite Begriffspaar „Abstrakt-Konkret“ sucht nach einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Raumkonzeptionen und ihrer Darstellbarkeit. Der Dritte Arbeitsbereich mit dem Titel „Konkret“ experimentiert mit verschiedenen Materialien und Bedruckstoffen als unterstützendes Medium und physischer Träger der Gedanken und Motive, die mittels Siebdruck zur Darstellung kommen sollen.
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Exkursionsteilnehmer:
Kristina Bindernagel, Katharina Ebersbach, Frances Ebert, Lars Findeklee, Matthieu Friedli, Eppo Haas, Elina Helten, Anja Hille, Georg Hühn, Amy Gorisson, Nicolo Stohrer, Tabea Wackler, Oryna Yanovych und Dipl.-Ing. Felix Greiner-Petter.