Kunstfächer
Hauptfachstudium (Kunstfächer – Katalog A – 5 LP)
Modul A-AD 860 | A-LM 271 Ausgewählte Aspekte des Darstellens
Modul A-AD 981 | A-LM 272 Ergänzende Aspekte des Darstellens
Modul A-AD 984 Vertiefungsmodul Darstellen
Im Hauptfachstudium bieten wir vertiefende Lehrformen (Haupt-, Ergänzungs- und Vertiefungsfächer, Seminararbeiten, Entwürfe,Exkursionen) zu landschafts-/ architektonischen, künstlerischen und gestalterisch-kommunikativen Interessen an. Einerseits werden die klassischen Disziplinen wie Malerei, Grafik, Skulptur und Aktzeichen werkklassenartig vermittelt. Andererseits sind wir bestrebt, mit neuen Seminarformen und Inhalten die dringend nötigen Querbezüge und Wissenseinträge aus benachbarten und scheinbar entfernten Wissensgebieten wie Kunsttheorie, Film, Planungstheorie, Psychologie und Philosophie herzustellen. So unterschiedlich und wechselnd die Lehrangebote auch erscheinen mögen, sie sind alle auf Ihre eigene Ambition des Verbindens von Wissen und Können ausgerichtet. Wir führen Wissen und Handwerk ein, Sie sind aufgefordert, aus Wissen und Handwerk Ihre eigene, authentische Studienleistung zu entwickeln, und - weitergehend - Ihre eigene künstlerische Sicht auf die Welt. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass aus Kapazitätsgründen nicht jeder Studierende gleichzeitig mehrere der sogenannten >Kunstfächer< belegen kann. Wir weisen die Ambitionierten unter Ihnen ausdrücklich auf die vertiefenden künstlerischen Lehrangebote der anderen Bildungsträger und Veranstalter in Dresden hin.
(Text: Niels-Christian Fritsche)
Lehrbeauftragter Dipl. Maler und Grafiker Thomas Baumhekel
Der Mensch als Maßstab. Figürliches Zeichnen.
Der Kurs dient der Vertiefung Ihrer zeichnerischen Fähigkeiten. Wir starten mit dem intensiven Zeichnen der eigenen Umgebung und zeigen die Anwesenheit der Figur. Thematisiert werden Größenverhältnisse, räumliche Ausdehnung und Lage der Dinge - der menschliche Maßstab darin.
In Einzelstudien von Fuß, Hand und Kopf und Proportionsstudien zur ganzen Figur erarbeiten Sie sich Ihren persönlichen Maßstab. Der Erkenntnisgewinn beim Zeichnen betrifft die Wahrnehmung der eigenen Person, ihrer gebauten Umwelt, sowie auch die spätere Entwurfsarbeit. Die Möglichkeiten der Zeichnung sind dabei Abstraktion, Geometrie und Perspektive. Dazu führen wir verschiedene Proportionslehren und Gesetzmäßigkeiten zum Übertragen der Perspektive auf die Fläche ein. Wenn möglich, zeichnen wir nach lebenden Modellen, um zu einem vertieften Verständnis der Formen, Proportionen sowie der Statik der menschlichen Körper zu gelangen.
Lehrziel:
Intensives zeichnerisches Studium des Menschen als Maßstab der gebauten Umwelt mit Vermittlung anatomischer Grundkenntnisse am lebenden Modell.
Leistungsanforderung:
Auswahl von Zeichnungen (A3/A2), wöchentliche Übung + Selbststudium
Studentische Arbeiten
Literatur:
- Gottfried Bammes: Die Gestalt des Menschen. Diverse Auflagen
- Eric Haus, Steffen Gross: Anatomische Grafiken zum Beschriften. Stuttgart, Jena, München: Verlag Haus & Groß 2001
- Manfred Zoller: Gestalt & Anatomie. Ein Leitfaden für den bildnerischen Weg. Berlin: Reimer Verlag 2001
(Text: Thomas Baumhekel, 2021)
Lehrbeauftragte:
Ursula Güttsches (Dresden), Dipl.-Bildhauerin / Dipl.-Designerin
Honorarprofessor Lothar Beck (Bildhauer, Dresden) zur Intensivwoche Sandstein
Lehrziel:
Ziel der Lehrveranstaltung ist ein Verständnis für Plastik und Skulptur. Durch erlernen bildhauerischer Techniken wird das dreidimensionale Vorstellungsvermögen geschult. Bei der praktischen, handwerklichen Arbeit können sowohl additive Techniken wie das Modellieren als auch subtraktive, abtragende Verfahren wie bildhauerische Techniken angewandt werden. Diese sich grundsätzlich unterscheidenden Methoden sollen das Sehen und Beobachten ebenso schulen wie die handwerklichen Fertigkeiten. Durch die praktische Arbeit und das experimentelle Erproben unterschiedlicher Werkstoffe wie Ton und Stein wird ein Bewusstsein für Objekte im Raum, Raumbezüge, Rhythmen und Ästhetik vertieft. Es sollen individuelle, räumliche Ausdrucksformen erarbeitet, Formzusammenhänge verstanden und Formentscheidungen getroffen werden.
Kompetenzen zum ... :
- Schulen des räumlichen Denkvermögens / der Raumerfahrung / "Sehschule"
- Sensibilisieren für Rhythmik und Ästhetik plastischer Formen
- Erlernen bildhauerischer Techniken und Methoden der Entwurfsarbeit Materialerfahrung / haptisches Erleben
- Auslösen neuer Denkimpulse / Ausbrechen aus bestehenden Denkstrukturen
- Fördern kreativer Prozesse
- Erlernen gestalterischer Methoden
- Entwickeln persönlicher Ausdrucksformen
- Erarbeiten eigener Gestaltungsideen und -konzeptionen
- Bearbeiten eines eigenen Themas und Umsetzen von Inhalt und Ausdruck
(Text: Ursula Güttsches)
Studentische Arbeiten aus verschiedenen Semestern
Sommersemester 2019
Wintersemester 2019-20
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(Ende)
Lehrbeauftragte:
Dipl.-Ing. Arch. Michał Banisch
Dipl.-Ing. Arch. Philip Schambelan
"Action!" - Bewegtbild in der Architekturdarstellung
Dieser Kurs richtet sich an Studierende, die ihre künstlerischen Fähigkeiten und ihr Verständnis für Architektur durch das Erstellen eines Kurzfilms erweitern möchten. Der Fokus liegt auf der Analyse von bedeutenden Bauwerken in Dresden und deren Darstellung in einem Film. Bei den Arbeitsmitteln sind Sie absolut frei.
Vom Daumenkino, über Sandmalerei, Legetechnik, Trickfilm und anderen klassischen Filmformaten bis hin zu Projektion-Mapping, Animationsfilm oder parametrischen Virtual Reality-Produktionen.
Gliederung des Semesters:
- Im ersten Teil des Kurses besichtigen die Teilnehmer:innen ausgewählte Bauwerke und analysieren architektonische Gesichtspunkte. Sie untersuchen die Geschichte, die Struktur und den Kontext der Bauwerke und entwickeln daraus ein Thema, das im Film umgesetzt werden soll.
- Im zweiten Teil des Kurses setzen die Studierenden ihre Ideen in einen Kurzfilm um. Die Wahl der (technischen) Mittel bleibt den Teilnehmer:innen vollkommen frei. Die Teilnehmer:innen führen die gesamte Produktion des Films eigenständig durch und werden durch die Lehrbeauftragten nach Bedarf künstlerisch, inhaltlich und technisch beraten.
- Während des Semesters führen die Teilnehmer:innen ein Prozesstagebuch, in dem sie ihre Fortschritte dokumentieren und reflektieren. Dabei sollen sie ihre Arbeitsprozesse, Herausforderungen und Lösungsansätze festhalten.
- Die Studierenden haben ein Semester Zeit, um alle Schritte der Produktion eigenständig durchzuführen und den Kurzfilm zu erstellen. Durch diese praktische Erfahrung erweitern sie ihre Fähigkeiten im Bereich der Filmproduktion und Architekturanalyse und stärken ihre künstlerischen Fähigkeiten.
Ablauf der architekturbezogen künstlerischen Kurzfilmproduktion:
- Ideen finden: Die Studierenden entwickeln Ideen für einen Film basierend auf der Analyse der von Ihnen ausgewählten Bauwerke.
- Konzepte entwickeln: Die Ideen werden zu einem Konzept ausgearbeitet, das die Struktur des Films, die Auswahl der Szenen und die technischen Mittel umfasst.
- Storyboard(s) anlegen: Das Konzept wird in ein Storyboard umgewandelt, das als Grundlage für die Produktion des Films dient.
- Material sammeln: Modellieren in 3D, Fotografieren, 360° Videos, (3D-)Scannen, Literatur, Zeichnen und Skizzieren, Modellieren in Ton, ...
- Videoschnipsel montieren (Schnitt): Nach einem anfangs erstellten Rohschnitt, nähern sich die Studierenden schrittweise dem finalen Film.
- Produktion überarbeiten: Das Rohmaterial wird in die endgültige Fassung zum fertigen Film geschnitten. Dazu werden auch Ton, Musik und Effekte ergänzt.
- Fertigstellung: Der fertige Film wird präsentiert und diskutiert.
Software zur Filmproduktion, die wir Ihnen beibringen:
- Video Editing mit DaVinci Resolve
https://www.blackmagicdesign.com/de/products/davinciresolve/ (free) - 3D Animation mit Cinema 4D
https://www.maxon.net/de/cinema-4d ( free for students / paid / free trial) und https://www.blender.org/ (free alternative) - Realtime Rendering mit TouchDesigner
https://derivative.ca/ (free) - Sounddesign mit Ableton Live, Bitwig, DaVinci Resolve
https://www.blackmagicdesign.com/de/products/davinciresolve/ (free)
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(Ende)
Wir bieten unregelmäßig experimentelle Stegreif-Projekte an. Das Modul kann jeweils in allen drei Teilen mit den entsprechenden Umfängen (35h / 70h / 105h) bearbeitet werden.
"Experimentelles Kartieren"
Dipl. Bildende Künstlerin Luise Ritter
Wintersemester 2020/2021
„[...]what most architectural plans tend to omit (or, worse, misjudge): the way
people actually interact with and use their built environment. And all minus
hyper real renderings of shiny happy people holding lattes.“
(Fiona Shipwright1)
Visualisierungen urbaner Räume stehen uns in digitaler Form vollständig zur Verfügung, werden fortwährend aktualisiert und verfeinert. Dabei entsprechen Karten niemals der „Wirklichkeit“ und zeigen stets eine Auswahl von Erscheinungen, je nach Intension ihres/ihrer Editors/Editorin. Vertrauen wir also hin und wieder unseren Sinnen und unserem Stift.
In diesem Kurs geht es darum, eine zeichnerische Analyse eines selbstgewählten städtischen Areals vor Ort zu erarbeiten und dabei gezielt die eigene multisensorische Wahrnehmungsfähigkeit zu nutzen. Die Vielzahl an Sinneseindrücken werden mit Hilfe von zeichnerischen Notizen, Skizzen und Fotografien seismografisch kartiert. Im zweiten Schritt werden die gesammelten Aufzeichnungen im Hinblick auf einen ausgewählten Erscheinungsaspekt zu einem handgezeichneten Plan größeren Formats grafisch aufbereitet.
Das Zeichnen vor Ort bietet die Möglichkeit, atmosphärische Situationen zu erfassen und Wahrgenommenes wertend zu notieren. Die Methode versteht sich ergänzend zur faktenbezogenen Analyse urbaner Räume. Die Studierenden erhalten Einblick in wahrnehmungspsychologische Grundbegriffe, experimentieren mit kartografischen Darstellungsformen und erweitern ihr zeichnerisches Vokabular.
(Text: Luise Ritter, 2021)
1 Fiona Shipwright, „Unchartered ground – Larissa Fassler‘s psychogeographic cartographies“, 2016, uncube magazine.
Studentische Arbeiten
"Was kann Stadt? - Reallabor"
Dr.-Ing. Felix Greiner-Petter
Wintersemester 2020/2021
In Kooperation mit dem BUND e.V. Regionalgruppe Dresden des BUND Sachsen hat die Professur für Darstellungslehre der Fakultät Architektur eine „Modellstraße“ für ein repräsentatives Verkehrsexperiment anlässlich der „Woche des guten Lebens“ (2. bis 9. Mai 2021) im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes „Zukunftsstadt Dresden“ erarbeitet.
Pandemiebedingt wurden nur einige Projekte der Studierenden der TU Dresden umgesetzt. Es gab eine Bauzaunplanen-Ausstellung im Bürgerlabor Dresden (Rathaus Dresden) und eine Freiluftausstellung am Martin-Luther-Platz in Dresden-Neustadt im September 2021.
https://www.wochedesgutenlebens.de (Dresden-Neustadt, 2. bis 9. Mai 2021)
"Was kann Stadt?" - Die Ausstellung zur (Neu-)Stadt der Zukunft
(online Präsentation der Freiluftausstellung auf den geplanten Bauzaunplanen)
Lehrbeauftragte Dr. Grit Ruhland, PhD
Kunst, Alltag, Landschaft und Stadt verarbeiten - Umwelt als ästhetische Erfahrung
Sommersemester 2021
Was kann ich wahrnehmen? Wie ist mein Körper im Raum, in verschiedenen Umwelten, in verschiedenen Zuständen und wie kann ich das, was meine Sinne erfassen, verarbeiten? In dem Kurs ging es darum, die Wahrnehmung zu schärfen, Eindrücke zu sammeln und sich anschließend ein Bild zu machen, im erweiterten Wortsinn. Die Inhalte beschränken sich nicht allein auf das Sehen, es gab auch Hörübungen, genauso wie Tastexperimente und Beobachtungsprotokolle, aber auch Anleitungen zum Zeichnen und Farbstudien. Dabei ging es allerdings nicht nur um die reine, unmittelbare Erfahrung, sondern um semantische und erkenntnistheoretische Hintergründe vorzustellen, ebenso wie die Kontextualisierung mit künstlerischen Arbeiten als eigenständige Wissensproduktion. Untersucht und detektiert wurden Räume genauso, wie Materialien, wie Lebewesen, wie Programme und Algorithmen – Ziel des Kurses war, eine unvoreingenommene Beobachtung zu trainieren, eigene Themen zu finden, künstlerische Arbeiten kennenzulernen, individuelle Formensprachen (weiter-) zu entwickeln, die eigenen praktischen Skills zu weiterzuentwickeln, von- und miteinander zu lernen. Der Kurs fand als Hybrid-Veranstaltung statt.
Arbeitsmittel:
übliche Zeichenwerkszeuge wie Tuschestifte, Marker sowie Zeichenpapier (in unterschiedlichen Formaten, Farben, Qualitäten und Stärken), säurefreier Kleber, Pappe, Klebeband, Faden etc.
Lehrformate:
Eine erfolgreiche Teilnahme beinhaltete Präsenz bei Übungen und Gesprächen, aktive Beteilung an der Wissensproduktion in Form eines Referats mit eigenem Thema, sowie der Sammlung von Ergebnissen in Form einer künstlerischen Mappe oder einem „Feldbuch” (zu dem angeleitet wurde).
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Online Wahrnehmungsübungen nach Raymond Murray Schafer (kanadischer Komponist und Klangforscher)
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Online-Anleitung zum Buchbinden
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Exkursion nach Dresden-Gittersee mit „Systeme zeichnen“
(Lehrende: Luise Ritter, Lucia Rux, Susanne Vogel) -
Künstlerische Stadtforschung mit "Dérive" (Stadtspaziergang > Promenadologie) und Spuren lesen
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Zwischen-Raum betrachten: Wiener Platz, Freiberger Platz, Postplatz, Pirnaischer Platz (Dresden)
Wahrnehmung als Basis künstlerischen Arbeitens
Wintersemester 2021/22
Mit der Wahrnehmung fängt jede Erkenntnis an. Sie ist der Ausgangspunkt jedes kreativen
Prozesses. Manche sehen in der Wahrnehmung selbst einen schöpferischen Akt. Dabei geht es nicht um die Trennung von Subjektivität und Objektivität, sondern um das Bilden und Fördern eines lebendigen Verständnisses, Abwechslung, Verknüpfung derselben, um ein konstruktives Miteinander von Mensch und Umwelt.
Wie positioniert sich mein Körper im Raum, in verschiedenen Umwelten und wie kann ich das, was meine Sinne erfassen, verarbeiten? In diesem Kurs ging es darum, Eindrücke verschiedener Umwelten zu sammeln und sich anschließend „ein Bild zu machen”, im erweiterten Wortsinn. Die Inhalte werden sich nicht allein auf das Sehen beschränken, sondern auch andere Sinne einschließen.
Es gab keine allgemein formulierte Aufgabenstellung, die Teilnehmer:innen arbeiteten zu eigenen Themen und Inhalten, in denen sie begleitet wurden eine angemessene Form für die eigenen Ideen zu finden. Kollektive und individuelle Formen wechselten sich ab. Umweltbezogene Inhalte, insbesondere Ressourcennutzung (regional wie global), gesellschaftliche und raumpolitische Themen waren inhaltliche Schwerpunkte des Kurses.
Lehrformate:
- Zeichenübung in Anlehnung an die Künstler:innen Linda Karshan, Karoline Bröckel und William Anastasi
- Buchbinden für Feldbücher
- Exkursion ins Revier Königstein
- Exkursion zur Terra Mineralia Freiberg
- Zeichnen zu Morton Feldman (amerikanischer Komponist)
- Wahrnehmungsübungen nach Raymond Murray Schafer (kanadischer Komponist und Klangforscher)
Die Kunst der Reparatur
Sommersemester 2022
Alles neu, alles schön? Nicht hinterfragt, gilt die Reparatur vielleicht noch immer als die zweitbeste Option nach dem Neukauf, der Abriss hat nicht selten Vorrang vor der Sanierung, das Wegwerfen vor dem Erhalten. Dieser Kurs stellte sich ganz praktisch, konzeptuell, theoretisch und ästhetisch das Ziel, gemeinsam im Austausch künstlerische Alternativen zu suchen, die nicht die schlechtere Wahl sind. Dabei standen traditionelle Techniken und Auffassungen wie das japanische Kintsugi neben kreativen DIY-Hacks mit (Kunst-)Stoff oder eigenen Themen und Techniken der Studierenden. Der Kurs war eine gemeinsame Forschungsreise auf der Suche nach neuen Formen der "Kunst der Reparatur" in Kooperation mit dem Konglomerat e.V.
Lehrformate:
- Vorträge und Referate zur Konzepten und Formen der Reparatur
- Workshops im Löten und Stopfen
- Besichtigung im „Rosenwerk“ mit „Materialvermittlung“ und der „Kunststoffschmiede“ von Anna Betsch und Bettina Weber (Konglomerat e.V.).
Das Dresdner FabLab #Rosenwerk in Trägerschaft des „Konglomerat e.V.“ fungierte als praktische Partnerorganisation der lebendigen Stadtgesellschaft – nicht nur als Veranstaltungsort, sondern bot auch die Möglichkeit des Austauschs mit erfahrenen Reparateur:innen.
Die Kunst des Sammelns
Wintersemester 2022/23
Dieser Kurs war als konzeptuelle künstlerische Praxis angelegt, die zwischen Foraging, Wunderkammer, digitaler Pflanzenbestimmung und Bio Design alles umfasst. Der erste Teil des Kurses bestand in verschiedenen Exkursionen und beinhaltete ebenso den Besuch einer der letzten Wunderkammern Europas dem Naturalienkabinett Waldenburg, aber auch den Einsatz einer (wissenschaftlichen) Pflanzenbestimmungs-App, Fieldtrips inklusive und dem Sammeln von essbaren Pflanzen. Wer gemeinsam mit anderen die eigene Umweltwahrnehmung und -verhältnis hinterfragen und erweitern möchte, war in diesem Kurs genau richtig. Ziel war die Entwicklung eines eigenen künstlerischen Projektes, dass das Sammeln zum Ausgangspunkt, im weitesten Sinn, hat. Das Kursangebot wurde durch die eigenen Inhalte bestimmt und durch Online-Einzelberatungen unterstützt. Sammeln statt Krise - ein künstlerisches Angebot.
Lehrformate:
- Referate zu Konzepten und Aspekten des Sammelns
- Workshop mit der Flora-Inkognita-App
- Exkursionen in den Forstbotanischen Garten Tharandt
- Sammeln in der Dresdner Heide
- Besuch des Museums Naturalienkabinett Waldenburg mit Führung von Museumsleiterin Fanny Stoye M.A.
- Wahrnehmungsübungen nach Raymond Murray Schafer (kanadischer Komponist und Klangforscher)
- Anleitung zum Buchbinden
"Was geht - ohne Kohle?"
Sommersemester 2023
Der Begriff "Kohle" stand hier einerseits für die Nutzung fossiler Energieträger, andererseits umgangssprachlich für Geld als Mittel, vorgefertigte Materialien und Gegenstände zu erwerben und nutzen. Die Frage "was geht?" wiederum bezieht sich auf die Machbarkeit ("was ist möglich?"), aber auch auf die Frage nach dem Status, Zustand und Befinden der Befragten. Ziel des Kurses war es also gemeinsames ästhetisches (Nach-)Denken über die großen aktuellen Fragen zu Formen engergiebewussten Gestaltens: in der Herstellung und/oder auch in der Nutzung von Objekten und Werkzeugen, um das Sammeln, das Wiederverwenden und um das künstlerische Verarbeiten des Be- und Empfindens in der Multi-Krise.
Lehrformate:
- Referate zu Ressourcenverbrauch, Kohlenstoffe, Terra Preta usw.
- Zeichenübung in Anlehnung an Linda Karshan
- Zeichnen zu Morton Feldman (amerikanischer Komponist)
- Wahrnehmungsübungen nach Raymond Murray Schafer (kanadischer Komponist und Klangforscher)
- Pyrolyse-Workshop an der Elbe (Feuerstelle) zum Herstellen eigener Zeichenkohle
- Exkursion zum „Zwenkauer See“ (Tagebaurestloch im Süden Leipzigs)
"Was heißt hier "Natur"?"
Wintersemester 2023/24
Natur wird, in vielen Fällen, positiv verstanden. Als Urzustand, als erhol- und heilsam, als schön. Seitdem "Natur" nicht mehr selbstverständlich ist, rückten Begriffe wie Anthropozän, Wildnis und Umwelt in den Blick. In diesem Kurs besuchen wir Orte der Re-Naturierung, der Sammlung im Schloss Pillnitz und die Dresdner Heide. Wir nehmen einerseits Begriffe auseinander, die Ihr in das Seminar einbringt, zum anderen betreiben wir aber auch ein "Naturstudium" -- und zwar experimentell. Wir nehmen wahr, zeichnen und schreiben mit allen Sinnen. Die Teilnehmenden haben Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung des Kurses.
Es gibt keine allgemein formulierte Aufgabenstellung, alle Teilnehmenden arbeiten zu eigenen Themen und Inhalten, in denen sie begleitet werden, um eine angemesse Form für die eigenen Ideen zu finden. Kollektive und individuelle Seminar-Formen wechseln sich ab.
"Embassador of the coal forest - die Botschaft des Karbon"
Sommersemester 2024
Werde Teil des mehrteiligen künstlerischen Forschungsprojektes mit Grit Ruhland und Mari Keski-Korsu (Helsinki), das sich mit "Pflanzenbotschaftern", den lebenden Verwandten urzeitlicher Kohlenwälder, wie Farnen, Bärlapp und Schachtelhalmen, beschäftigt. Forschungsgebiet ist Leipzig und die umliegende Region, in deren Umkreis sich zwei aktive Braunkohletagebaue und ein Kohlekraftwerk befinden. Hier werden fossile Urwälder verbrannt und in Strom umgewandelt, was die Frage aufwirft: Was bedeutet der Abbau für die Flora der heute lebenden Verwandten der Kohlewälder?
Geplant ist, ein Objekt, ein echtes Mini-Ökosystem für die Partnerorganisation "Glasfabrik e.V." im Leipziger Westen zu entwerfen und tatsächlich vor Ort gemeinsam zu bauen. Wie das Ganze aussieht, wie es aufgebaut ist und begleitet werden kann, erarbeiten wir gemeinsam im Kurs. Es bleibt auch Raum für eigene Ideen. Die „Glasfabrik“ ist ein Zentrum für Urbanistik, Ökologie und Kunst, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit einem interdisziplinären Ansatz aus Ökologie und Kunst Ideen für die Herausforderungen der heutigen Städte zu erforschen und zu entwickeln.
Der Kurs findet mit freundlicher Unterstützung durch das Finnland-Institut statt.
Lehrangebot der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Grafische Werkstätten und der TU Dresden, Fakultät Architektur, Professur für Darstellungslehre.
Lehrpersonen:
Dietmar Günther, Werkstattleiter Radierung/Holzschnitt mit Prof. Dr.-Ing. Niels-Christian Fritsche
Lehrziel:
Der Kurs behandelt das grafische Tiefdruckverfahren der Radierung (v. lat.: radere = kratzen, wegnehmen, entfernen) in der Druckwerkstatt der HfBK Dresden an der Brühlschen Terrasse. Sie lernen die Techniken Kaltnadel, Aquatinta, Vernis Mou, Reservage und Varianten. Der Kurs „Radierung“ zielt auf das Verbinden des genauen, sauber ausgeführten Handwerks und einer für Studierende der TU Dresden nicht selbstverständlichen künstlerischen Bildaussage. Der Kurs zum Radieren verbindet nicht nur Handwerk und Kunst. Mit dem Radieren zielen wir auch auf einen visuellen Aha-Effekt, den uns die beiden großen digitalen Programmbäume in der Architektur / Landschaftsarchitektur nicht ohne weiteres liefern: Man arbeitet eben entweder mit Vektoren im computer-aided design oder man photoshopt Pixel, also Miniflächen in der digitalen Bildbearbeitung. In der Architektur zeichnet man LINIEN und meint damit in der Regel FLÄCHEN-Begrenzungen wie Wände und Fußböden.
Das Radieren mit seinen „kalten“ und „warmen“ Techniken erlaubt, Linien und Flächen nahezu stufenlos ineinander zu fahren, Übergänge zu verwischen und Mehrdeutigkeiten systemisch zu erzeugen. Reizt das etwa nicht zum Transport in das Entwerfen?
Leistungsanforderung:
- Motivsammlung (lose in Mappe ...)
- eigene Skizzen (Skizzenbuch)
- Zustände und Belegdrucke aller praktizierten Techniken in Mappe
(Text: Niels-Christian Fritsche)
Ute Richter, Bildende Künstlerin (Leipzig) www.ute-richter.de
Kunst im Kontext von Architektur
Im Seminar werden ausgewählte Beispiele aus Architektur und Bildender Kunst vorgestellt. Ortstermine und virtuelle Begehungen vermitteln ein besseres Verständnis des Raumes, um über das Gesehene hinaus die räumliche Komplexität zeichnerisch zu erfassen. Der Kurs trainiert „visuelles Denken“ mit Stift, Pinsel, Papier und Schere und vermittelt Ihnen einen künstlerischen Arbeitsprozess. Im Wechsel von Zeichnung, Farbe und dreidimensionalen Materialskizzen regt er die Erarbeitung eigener Themen an. Dabei legt er Wert auf konzeptuelles Herangehen, modellhaftes Denken, Eingreifen und Verändern. Der Kunstkurs ermöglicht Ihnen unterschiedliche Mittel auszuprobieren. Es ist eine gute Gelegenheit, Erfahrungen im Umgang mit Farbe zu sammeln und diese spielerisch oder konzeptuell einzusetzen. Wesentlicher Bestandteil ist die Beobachtung des Arbeitsprozesses und das Feedback in Gruppenauswertungen, um ein besseres Urteilsvermögen im Blick auf künstlerische Arbeit zu entwickeln.
(Text: Ute Richter)
Arbeitsmaterial (Kurzfassung):
Zeichenkarton A2 + feste Unterlage + Skizzenbuch, Bleistifte (4B-5B), Pinsel (Borste + Haar), Acryl- oder Temperafarbe.
Archiv
Wintersemester 2015 - 2016
Wintersemester 2014 - 2015
Wintersemester 2012 - 2013
Sommersemester 2012
Sommersemester 2011
Wintersemester 2010 - 2011
Sommersemester 2007
Wintersemester 2006 - 2007
Sommersemester 2006
Einführung:
1. Inhaltliche Einführung
2. Ed Ruscha - Bildbesprechung
3. Textbeispiele: Lucius Burckhardt + Georges Perec + Paul Valery
4. Vorstellung der Orte anhand historischer Karten
Gastvorträge:
1. Dott. Arch. Lucio Nardi, Architekt, Bauhaus Universität Weimar - Vortrag: "Die Stadt ist nur ein Name" eine Umschreibung der Begriffe "Ort" und "Nicht-Ort" mit Texten und Bildern.
2. Britt Schlehahn, Kulturwissenschaftlerin/Kunsthistorikerin, Leipzig - thematische Führung zur Geschichte des ehemaligen Industriestandortes: "Eine kritische Archäologie zur Raumökonomie und Raumgeschichte am Beispiel von Leipzig-Plagwitz"
Topografisches Prototyping zum „Wissenschaftsstandort Lausitz“
nach dem sogenannten „Kohleausstieg“ und vor den nächsten Wahlen in Sachsen
Dr.-Ing. Marcus van Reimersdahl
Lehrforschungsseminar, Sommersemester 2020
Kursdidaktik: Architektonisches Entwerfen jenseits architektonischer Fragen?
22 Studierende haben im Sommersemester 2020 eine Form des Entwerfens erprobt, das sich über ein kontinuierliches „Bebildern“ der eigenen Gedanken rückkoppelt und verstärkt. Uns haben die Eigengesetzlichkeiten auf dem Weg zu einer Lösung interessiert, die wir mit diesem Vorgehen aufspüren wollten. Anstatt dieses Phänomen anhand eines Hochbau- oder Städtebauentwurfes zu untersuchen, wählten wir einen völlig anderen Zusammenhang: Wir haben Bezug genommen auf eine aktuelle politische Fragestellung: Welche Zukunft könnte das oft als strukturschwach bezeichnete Neuseengebiet der Oberlausitz nehmen? Über das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ der Bundesregierung soll für die Lausitz eine „Rettungsstrategie“ entwickelt werden mit „gezielter strukturpolitischer Unterstützung durch die Gewährung finanzieller Hilfen für Investitionen und weitere Maßnahmen“. Die Ausgestaltung der Maßnahmen und die Verwendung der Bundesmittel obliegt der Landesregierung, die nun vor der Aufgabe steht, innerhalb kürzester Zeit Investitionsprogramme zu entwickeln. Bevor man aber weiß, wie man handeln soll, benötigt man Szenarien und die Abwägung von Alternativen. Verschiedene Akteure betreten nun die Bühne und versuchen die Staatsregierung von ihren Konzepten zu begeistern. Einen Sonderstatus besitzen die Universitäten und Forschungseinrichtungen in Sachsen, die das Bild des „Wissenschaftsstandortes Lausitz“ in die Diskussion gebracht haben.
Wir haben überprüft, ob das genuin architektonische Vermögen, komplexe Sachverhalte in kreative Lösungsansätze zu überführen, auch bei einer politischen Planung, anwendbar ist. Wir fragten uns: Wie hängen Architekturfantasien mit politischem Entscheidungsdruck zusammen? Können Architekt*innen politische Erwartungen räumlich aufzeichnen? Wir haben das Ziel, unser architektonisches Entwerfen mit Techniken der Visualisierung zu einem neuen methodischen Ansatz zu entwickeln.
Grundlagenrecherche: Geografie und Mindmap
Die Spurensuche beginnt mit einer Grundlagenrecherche, die die Lausitz in einen geografischen Zusammenhang mit den sie umgebenden Großstädten bringt. Tingting Fu kartiert die Lausitz in verschiedenen Maßstabs- und Bezugsebenen. Dabei bemerkt sie die „Leerstelle“ die die Lausitz zwischen den Städten Berlin und Dresden besetzt. Im großräumlichen Vergleich besitzt die Lausitz das Potential eines der größten zusammenhängenden Naturräume in Europa. Sie befindet sich allerdings auch im „Sog“ der Attraktivität der sie umgebenden Großstädte, was Tingting Fu mit einem Netzgrafik veranschaulicht.
Bei Janna Schmidt beginnt die Kartierung ihren eigenen Erfahrungen zur Region der Lausitz über eine grafische Darstellung der Seenkette des früheren Tagebaugebiets. Sie bemerkt die Struktur eines „Flickenteppichs“, der die Landschaft prägt. Ähnlich aus Bruchstücken zusammengefügt ist die Notation ihrer Mindmap, die ebenfalls wie ein „Flickenteppich“ persönliche Erlebnisse mit der Lausitz und Sekundärinformationen aus den Medien etc. miteinander verwebt.
Carlotta Ickert lässt den Betrachter teilhaben an ihren Überlegungen. Fortwährend notiert sie ihre eigenen Fragestellungen in Form von kleinen „Sprechblasen“, die ihre Skizzen kommentieren. Der Zeichnungsstil wirkt authentisch, es gelingt ihr von Beginn an ihre Entwurfsgedanken anschaulich zu dokumentieren. Kleine „Unsauberkeiten“ im Schriftbild etc. machen die Arbeit glaubwürdig, diese Zeichnungen sind offenbar tatsächlich das ursprüngliche Dokument ihres Gedankenprozesses. Bemerkenswert ist der elegante, reduzierte Zeichenstil, der mit einer einzigen Leitfarbe auskommt und einem Wechsel in eine Perspektivdarstellung, die man an dieser Stelle noch nicht erwartet hätte.
Online-Exkursion: Neuseenlandschaft Oberlausitz
Eine reale Exkursion hat die Corona-Pandemie im Sommersemester 2020 verhindert. Daher haben wir uns zu einer Online-Exkursion via Google Maps entschlossen. Normalerweise führt eine Exkursion zu den Brennpunkten architektonischer Entwicklungen. In der Lausitz stießen wir stattdessen auf eine Leere. Die Folgelandschaft des Braunkohletagebaus abseits der großen Städte Berlin, Leipzig und Dresden harrt bislang einem Selbstbild. In den letzten Jahrzehnten seit der Renaturierung der Tagebaue ist eine eigentümliche Stagnation und Leere entstanden, sowohl in der Landschaft als auch in den Konzepten der Regierung und Planungsbehörden. („Vielleicht ist die Leere ja schon ein Konzept?“ – „Aber wenn ja, wofür?“)
Via Google Maps haben wir uns online „in“ die Landschaft hineinbegeben und unsere Eindrücke und Assoziationen gesammelt. Als Ausgangspunkt für unsere Überlegungen haben wir die Screenshots skizzenhaft „überzeichnet“, um die subjektive Wirkung der Landschaft zu visualisieren. Parallel dazu erfolgte eine Recherche zu den aktuellen Umbrüchen in der Lausitz (Ende der Braunkohlenförderung, Verlust an Einwohnern und Arbeitsplätzen, schwache Verkehrsanbindungen, geringe Wirtschaftskraft, schlechte medizinische Versorgung, schwaches Selbstbild der Landkreise, politische Radikalisierung) und den überregionalen Themen, die möglicherweise geeignet sein könnten, auf die Probleme der Lausitz zu reagieren (Digitalisierung, nachhaltige Energie- und Speichertechniken, Elektromobilität, Wasserstofferzeugung).
Die überzeichneten Screenshots dokumentieren die unterschiedliche Rezeption dieser Landschaft durch die Studierenden. Gemeinsam ist vielen Zeichnungen die Verwendung von dünnen Strichstärken und einer eher reduzierten Hervorhebung von wenigen landschaftstypischen Besonderheiten. Oftmals wird gerade das Unscheinbare hervorgehoben, Merkmale der Region, die ansonsten wenig Beachtung erfahren. Yuanyuan Hu zeichnet eine stille Uferlandschaft am Scheibesee ohne jede touristische Aufwertung sowie eine kleine Grünanlage, die mit bescheidenen Mitteln in Hoyerswerda realisiert wurde.
Ebenfalls von Screenshots ausgehend nähert sich Tintging Fu der Eigenart der landschaftsräumlichen Situation. In ihren Zeichnungen kontrastiert sie die unterschiedlichen Maßstabsebenen, die sie in Hoyerswerda entdeckt. Bemerkenswert ist die Hervorhebung der jeweiligen wirkmächtigen Details durch eine einheitliche Signaturfarbe, die im Zusammenhang des Skizzenplans auf Verbindungen hinweist, die man ohne diese Darstellungstechnik nicht bemerkt hätte. Die Gleichförmigkeit einer seriellen Fassade setzt sie in Bezug zur Wirkung der leeren Zufahrtsflächen zum Seeufer und sieht darin aus ihrer Sicht positiv besetzte Eigenschaften wie Einsamkeit, Ruhe und Stille.
Erste Interventionen zu den in den Screenshots bemerkten „Fehlstellen“ notiert Vivian Bonzel in ihren Zeichnungen. Der Stil der Skizzen ist „flüchtig“, oft nicht ganz korrekt im Maßstab und in der perspektivischen Darstellung. Offenbar ist dieser Charakter aber genau so beabsichtigt, da die Skizzen den spontanen Eindruck festhalten, wie die Landschaft auf sie wirkt. Sie ähneln einer schnellen Notation „vor Ort“, die innerhalb von wenigen Augenblicken Stichpunkte festhält.
Vanessa Thiem ergänzt ihre persönliche Mindmap-Darstellung zu den Problemen und Potentialen der Lausitz mit sehr reduzierten Zeichnungen in einer Schrägperspektive. Überraschend ist die Anordnung einer Zeichnung auf dem Kopf stehend. In der Darstellung der wenigen landschaftsräumlichen Merkmale wird einem bewusst, dass die Begrenzungslinien der Uferkanten mit den Begrenzungslinien des Horizonts austauschbar erscheinen. Die Braunkohlefolgelandschaft in ihrer Großmaßstäblichkeit befindet sich in einer Symmetrie zu der Weite des Himmels.
Auf die Wirkung der Landschaft reflektieren auch die zeichnerischen Studien von Sarah Meyer. Die Screenshots hinterlegt sie mit Farbflächen und bewusst stereotypen „Platzhaltern“, wie die immer gleichen Wolkenformationen und die seriell erscheinenden Wasserstrukturen. Man ist aufgefordert, zu unterscheiden, was „austauschbar“ ist und was neu hinzukommt. Es zeigt sich eine gestalterische Nähe zwischen den (wenigen) Zeugnissen der früheren Braunkohleförderung (Abraumförderbrücke F60) und den ersten Artefakten der Energiewende (Windräder), die bereits deutlich sichtbar die Horizontlinien dieser Landschaft bestimmen.
Prototyping: Architektonische Skizzen erzeugen eine eigene Realität, die die ergebnisoffene Diskussion ermöglicht
Zentraler methodischer Rahmen war die Erarbeitung eines Skizzenplans, ein zeichnerisches Dispositiv, das das eigene Vorgehen fortwährend dokumentiert. Die Skizzen und Zeichnungen haben uns geholfen, unser eigenes Vorgehen zu analysieren. Wie denken wir Architekten? Wie gehen wir vor, wenn wir uns einer – völlig unübersichtlichen – Problemlage nähern? Es geht beim Skizzenplan nicht vorrangig darum, einen Sachverhalt umfassend für einen Dritten anschaulich aufzubereiten. Im Gegenteil, es ist ein zeichnerisches Arbeitsmittel, das selber das Entwerfen hervorbringt. Anders als bei herkömmlichen Hochbau- oder Städtebauentwürfen haben uns im Seminar gerade die Richtungssuchen, die Irrwege, die Brüche und auch das wiederholte Scheitern von ersten Ideen weitergebracht. Warum ist das so? Weil genau in diesen Bruchstücken der Ideenfindung ein gewaltiges Potenzial liegt, das beim herkömmlichen Entwerfen verlorengeht. Uns hat im Seminar gerade der Scherbenhaufen der unmöglichen Ideen fasziniert, aus denen etwas Neuartiges / Utopisches hervorgegangen ist.
Das im Skizzenplan Notierte und Aufgezeichnete materialisiert das, was ansonsten schwer sagbar und vermittelbar ist. Es ist mehr als der ursprüngliche Gedanke des Studierenden, da dieser sich in der Darstellung im Skizzenplan zu einer eigenen Konkretisierung verdichtet. Die Grafik wirkt damit bereits „in die Welt gebracht“, ähnlich wie ein Prototyp eines Produktes in der Industrie, das testweise für eine kurze Zeit in den Umlauf gebracht wird. Damit steht er zur Beobachtung frei, der Prototyp kann von einem weiteren Betrachter eventuell anders aufgefasst werden, so dass sich daraus neue Anschlusspunkte ergeben. Der Skizzenplan mündet am Schluss in eine Synthese, einen zeichnerischen Vorschlag, welche „Vision“ für die Lausitz aus der jeweiligen Sicht des Teilnehmenden angeraten wäre.
Trotz aller Unterschiedlichkeit der in den Skizzen behandelten Überlegungen waren die Studierenden dazu angehalten, eine gewisse Einheitlichkeit der Gestaltung zu erreichen. Alle Skizzen wurden am Ende zu einem Skizzenplan zusammengeführt in einem großen Querformat. Bei beispielsweise 10 DIN A3-Formaten ergab das jeweils ein Gesamtformat von 30 cm x 420 cm (!).
Folgende Vorgaben gab es zur Darstellungstechnik:
- Die Skizzen können per Hand auf Skizzenpapier oder per CAD erstellt werden
- Verwenden Sie grundsätzlich einen schwarzen Strich
- Verstärken Sie diejenigen Bildteile, bei denen Sie die Hauptaussage hineinlegen, beispielsweise durch einen stärkerenn Strich, Schraffur oder Schatten etc.
- Arbeiten Sie mit nur wenigen Farben
- Heben Sie besonders bedeutsame Bildaussagen, insbesondere eigene Vorschläge mit einer einheitlichen Sonderfarbe hervor, z.B. mit einer dunkelroten / orangen Schraffur o.ä.
- Kommentieren Sie ihre Skizzen fortwährend mit gut lesbaren Stichworten neben/auf /in den Skizzen
- Halten Sie auch Widersprüche und Sackgassen bei Ihrem Vorgehen fest, kreisen Sie beispielsweise diejenigen Bildbestandteile ein, die Ihnen klar machen, dass diese Richtung ein Irrweg ist. Kommentieren Sie das auch mit Stichworten in der Skizze.
Wissenschaftstheorie zur Dynamik des Entwerfens
Folgende Grundlagentexte aus der Architekturtheorie, der Architektursoziologie und der Philosophie zum Entwerfen und zum Bewerten haben uns begleitet und uns eine neue Sichtweise auf unser eigenes Tun eröffnet:
1. Roger Häußling: Zur Rolle von Entwürfen, Zeichnungen und Modellen im Konstruktionsprozess von Ingenieuren. Eine theoretische Skizze, in: Thomas H. Schmitz, Roger Häußling, Claudia Mareis, Hanna Groninger (Hrsg.): Manifestationen im Entwurf. Design – Architektur – Ingenieurwesen, transcript, Bielefeld 2016, S. 27–64.
Neuzeitlicher Grundlagentext des an der RWTH Aachen lehrenden Techniksoziologen Häußling, der eine gute Vorstellung davon vermittelt, was wir im Seminar mit den Skizzenplänen erreichen wollen. Häußling ordnet das Phänomen der Sinnvermittlung über Grafiken und Skizzen zunächst wirkungsgeschichtlich ein: zunächst Abkehr von materialistischen Konzepten, bei denen der Produktionsprozess der Gesellschaft im Mittelpunkt jeder Theorie stand (Marx), dann Entwicklung zu anti-materialistischen Denkweisen in der westlichen Gesellschaft, zum Ausdruck gekommen in den 70er Jahren als Systemtheorien, die nur noch Kommunikationen betrachteten und nicht mehr den zu untersuchenden Gegenstand (Luhmann) bis hin zu aktuellen Strömungen, die das materiell hergestellte zeichnerische Artefakt in den Vordergrund heben: „Die Digitalisierung besitzt ihre eigene Materialität“, Häußling entdeckt eine Eigenlogik des Mediums, die die Menschen, die Bedeutungen und die materiellen Gegebenheiten der Darstellung in den Blick nimmt. Bezugnehmend auf den Kulturwissenschaftler Debray beschäftigt er sich mit dem Potential von Entwurfsskizzen, die „als Verkoppelungsinstanz (…) Heterogenes füreinander anschlussfähig“ machen und die damit eine eigene Form von Kreativität hervorbringen.
Was bringt uns das für den Skizzenplan? - Möglichst viele – auch widersprüchliche – Ideen für die Lausitz aufs Papier bringen, auch wenn sie zum Teil nur ansatzweise ausgearbeitet sind, dann schauen, ob es durch Verkoppelung dieser Ideensplitter zu neuen Lösungen kommen kann.
2. Sabine Müller-Mall: Zwischen Fall und Urteil. Zur Verortung des Rechtsgefühls, in: Thomas Hilgers, Gertrud Koch, Christoph Möller, Sabine Müller-Mall (Hrsg.): Affekt und Urteil. Fink, Paderborn 2015, S. 117-131.
Müller-Mall lehrt Rechts- und Verfassungstheorie an der TUD und hat mit diesem Text eine sehr prägnante Darstellung erarbeitet, wie sich beim Entwerfen eine eigene Wirklichkeit herausbildet. Sie schildert dies anhand der Urteilsfindung in den juristischen Berufen. Der Richter erschließt sich über das Befragen der Angeklagten, der Zeugen und der Verteidigung erst den Sachverhalt, um den es geht und über den er „richten“ soll. Überraschenderweise kann man diese Beobachtung passgenau auf das architektonische Entwerfen übertragen.
Was bringt uns das? - Mit Müller-Mall lässt sich ein neues Selbstbewusstsein für das eigene architektonische Entwerfen aufbauen. Das Besondere beim Entwerfen ist, dass der Architekt, sobald er den Stift in die Hand nimmt, bewusst oder unbewusst selber die Aufgabenstellung modifiziert. Er zeichnet also nicht lediglich das auf, was die Bauherrenschaft wohlmöglich erwartet, sondern er macht sich im Vorgang des Zeichnens und Konkretisierens erst ein Bild davon, um was es bei der Aufgabe eigentlich geht. Damit fällt von uns der Handlungsdruck ab, für die Lausitz die „eine, genau richtige Lösung“ präsentieren zu müssen. Ganz im Gegenteil, man kann sich von seiner selber entdeckten Fragestellung leiten lassen.
3. Umberto Eco: Die Welt des Sinnes, Das Missverständnis vom Referens, in: ebd. (1972): Einführung in die Semiotik. Autorisierte deutsche Ausgabe von Jürgen Trabant. Fink, 9., unveränderte Auflage, Paderborn 2002, S. 69-87 und S. 93-97 und S. 162-166.
Es handelt sich um einen Grundlagentext des wohl bekanntesten Semiotikers, der in den 70er Jahren an den Universitäten von Mailand, Florenz und Bologna lehrte. Sehr anschaulich vermittelt Eco uns ein Gefühl davon, wie ein Gedanke durch sprachliche oder zeichnerische Vermittlung „in die Wirklichkeit“ gerät. Seine Unterscheidung zwischen dem physischen „Ding“, seinem Signifikat, seinem Signifikanten und dem kulturellen Code, der erst ein Verstehen ermöglicht, bietet uns ein robustes Handwerkzeug, um unser eigenes Entwerfen zu beobachten und zu verstehen.
Was bringt uns das? - Keiner weiß genau, welche Lösungsansätze für die Lausitz am plausibelsten sind. Vielleicht ist es aber gerade diese Unsicherheit, die Raum bietet für neue Deutungsmöglichkeiten. Eco verdeutlicht sehr drastisch, wie schnell in der sprachlichen oder zeichnerischen Kommunikation Gewissheiten sich auflösen oder Sachverhalte sich schlagartig umstrukturieren. Genau diese Phänomene interessieren uns im Seminar und sollen zeichnerisch herausgearbeitet werden.
4. Andreas Reckwitz (2012): Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung. 4. Auflage, Suhrkamp, Berlin 2014.
Der Soziologe und Kulturwissenschaftler Andreas Reckwitz lehrt an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Er zählt zu den einflussreichsten zeitgenössischen Beobachtern sozialer Prozesse innerhalb der heutigen Gesellschaft. Sehr pointiert stellt er aktuelle gesellschaftliche Erwartungen heraus, die, nach seiner Lesart, um ein ständiges Verlangen nach Kreativität kreisen. Er spricht von dem Einfluss der creative industries, die alle Wirtschaftsbereiche derzeit vereinnahmen. Es entsteht ein Kreativitätsdispositiv, das bis in die Stadtentwicklung hineinreicht und die gesellschaftlichen Spannungen zum Ausdruck bringt.
Was bringt uns das? - Es ist auffällig, dass die Staatsregierung ausgerechnet die Strategie voranbringen möchte, eine Belebung der Lausitz durch Wissenschaftsstandorte zu erreichen. Inwiefern ist dieses Konzept lediglich einer allgemeinen gesellschaftlichen Grundstimmung geschuldet? Welche Bilder der Gesellschaft werden bei einer dispersen Verteilung von Hochschulen in einem „leeren“ Raum evoziert?
5. Martin Seel: Eine topografische Skizze, in: ebd.: Die Macht des Erscheinens. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2007, S. 11-26 und S. 143-151.
Martin Seel ist ein deutscher Philosoph und Hochschullehrer in Frankfurt am Main. In diesem Text skizziert das ästhetische, unvorhergesehene Moment, das im Augenblick der Betrachtung eines Gegenstandes hervortritt und wählt das Beispiel einer im Wind aufgewirbelten Plastiktüte. Im zweiten Text beschreibt er die Verklammerung von Architektur mit dem Begriff der Gegenwart, die die Architektur zur Erscheinung bringe. In der Architektur sieht Seel einen gesellschaftspolitischen Auftrag.
Was bringt uns das? - Es sind schwierige Texte, die eine Fülle von philosophischen Begriffen beinhalten und auf viele weitere Gebiete der Philosophie verweisen. Dennoch bieten sie für das Seminar die Ermutigung, dem Beispiel Seels zu folgen und "unerschrocken" Phänomene in Worte zu fassen, die andere Autoren sich nicht trauen würden zu benennen. Was also berührt uns persönlich, wenn wir via Internet, Zeitung oder Google Street View mit der Lausitz in Kontakt treten und welche sprachlichen Begriffe und zeichnerischen Ausdrucksformen finden wir dazu?
6. Jörg Petruschat: Prototyping. Von Grund auf. Einige Bemerkungen zum Experimentieren im Design in: Experimentieren. Einblicke in Praktiken und Versuchsaufbauten zwischen Wissenschaft und Gestaltung, Transcript, Berlin 2019, S. 227-245.
Download bei www.degryuter.com (Zugriff: 24.2.2021)
Der Kulturwissenschaftler und Philosoph Jörg Petruschat lehrt an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Er beschäftigt sich mit dem Diskurscharakter von Design, das er als ein gegenständliches Vermitteln menschlichen Verhaltens ansieht. In dem ausgewählten Text stellt er den Unterschied des gerichteten „Suchens“ in den Wissenschaften zu dem offenen „Finden“ auf dem Gebiet des Designs dar. Design vermag Faktoren zueinander zu fügen, die aufgrund einer herkömmlichen Logik nicht miteinander in Verbindung stehen. Damit löst sich das Design von der Referenz zu einer Wirklichkeit und stellt eine eigene Wirklichkeit her. Petruschat führt in diesem Zusammenhang den Begriff des Prototyps ein, eine Form, die bereits in anderen Kontexten eine gestalterische Kraft unter Beweis gestellt hat und die es vermag, disparate Faktoren in einer neuen Gestaltung zusammenzufassen.
Was bringt uns das? - Die Textaussagen ähneln dem Inhalt des Textes von Roger Häußling, der auch die hervorbringende Eigenschaft des Entwurfes / des Designs beschreibt. Hilfreich für uns im Seminar ist vor allem der Aspekt des Prototyps. Welche erfolgreichen Muster aus den Gebieten des Städtebaus, des Naturschutzes, der Wirtschaftsentwicklung, des Hochschulbaus, der Energieerzeugung, des Verkehrs etc. kennen wir und in welcher Rekombination könnte man diese Prototypen testweise in der Lausitz wirken lassen?
7. Bernhard Waldenfels: Topografie des Fremden. Studien zur Phänomenologie des Fremden I, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, S. 48-53 und S. 107-109.
Bernhard Waldenfels gilt als einer der wichtigsten Vertreter der gegenwärtigen Philosophie und Gründer der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung. Beeinflusst von der französischen Philosophie und im Anschluss an die Phänomenologie Edmund Husserls lehrte er zuletzt an der Ruhr-Universität Bochum. In den beiden kurzen Textauszügen wird deutlich, wie Waldenfels den Begriff des Fremden in einen neuen, positiven Sinnzusammenhang stellt. Er problematisiert die herkömmliche Ordnung der Dinge, bei denen eine Bekanntheit und Vertrautheit ein Wertprinzip sei. Stattdessen macht er uns deutlich, dass man das Außer-ordentliche, das immer die Ordnung begleitet, als Inspirationsquelle nutzen könne. Es handelt sich dabei gerade um das in einer Ordnung nicht sagbar, denkbar oder erfahrbare. Führen Untersuchungen in eine Fremdheit, dann solle man davon ablassen, das Fremde restlos verstehen und bestimmen zu wollen. Stattdessen könne man das Fremde als dasjenige auffassen, worauf wir antworten. Es entsteht das Paradox der kreativen Antwort: Wir antworten auf das, was wir nicht wissen!
Was bringt uns das? - Es ist ein ähnlicher Zugang zur Erschließung der Wirklichkeit wie bei Martin Seel, der am Beispiel eines ästhetischen Phänomens veranschaulicht, das man von der gestalterischen Wirkung ausgehen solle, anstelle eines vollständigen Verstehens. Im Lehrforschungsseminar bietet uns die Theorie Waldenfels die Ermutigung, gerade das Bizarre, das Merkwürdige und Unvermutete im Untersuchungsgebiet zum Anlass zu nehmen, neue Formen der Lösungsansätze probeweise zu skizzieren.
Ergebnisse
Die Arbeiten der Studierenden zeigen eindrucksvoll, dass Architekten/innen bereits in der Phase der Grundlagenrecherche „in Bildern“ denken. Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit der Fragestellung, ob die Absicht der Politik, „gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen“ zu schaffen, überhaupt sinnvoll ist. Die Arbeiten stellen in Frage, ob eine „geopolitisch“ eher strukturschwache Lausitz zwischen Berlin, Cottbus, Halle/Leipzig und Dresden große öffentliche Investitionen überhaupt dauerhaft halten kann.
Alexa Glaser ist skeptisch und entwickelt andere Handlungsoptionen, etwa die Utopie eines unberührten Naturraums mit nur vereinzelten (technischen) Infrastrukturen, die gestalterisch auf die eigentümliche Stimmung der Landschaft („Leere, Weite, das Unheimliche“) reagieren. Es wird deutlich, dass den Ausgangspunkt für diese Überzeugungen die online-Exkursion geliefert hat. Offenbar gibt es jenseits der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Faktoren auch eine andere Ebene, mit der die Landschaft der Lausitz betrachtet werden kann. Die Konzepte zeigen auf, dass ethisch-ästhetische Sachverhalte berührt werden, die Alexa Glaser bei der Entwicklung ihrer Lösung heranzieht.
Andere Studierende haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob es Sinn ist, in der Peripherie punktuell Außenstandorte von Universitäten zu gründen. Welche räumlichen Auswirkungen sind absehbar, wenn man an dem Scheibesee bei Hoyerswerda einen Hochschulcampus entwickeln würde? Wird mit einem Campus am Seeufer der See ruiniert oder aufgewertet? Schrittweise wird der politische Handlungsdruck sichtbar ("macht was, schnell!"), Standortbezüge werden deutlich ("hier oder dort?") sowie unabsehbare gesellschaftliche Entwicklungen (Disruptionen).
Janna Schmidt beschäftigt sich mit der Frage, welches Maß an baulicher Dichte für einen Campus am See verträglich sein könnte. Sie sieht eine Positionierung der Gebäude direkt am Ufer als grundsätzlich falsch an und entwickelt das Konzept eines umlaufenden Schutzstreifens um den See herum. Die konkrete Bauform verliert bei dieser landschaftsplanerischen Vorentscheidung an Relevanz, der Freizeit und Naturwert des Sees bleibt auf diese Weise erhalten.
Martin Gründig stellt mögliche Szenarien skizzenhaft dar und entwickelt zum Teil chaotische und widersprüchliche „Prototypen“. Würde ein schwimmender Campus für die Dresdner Informatik funktionieren? Könnte man die Gebäude in einer Art Förderbrücke wie die F60 in Lichterfeld planen? Gründig sieht einen abgeschiedenen exklusiven Campus für Kunst und Musik als erfolgversprechend, da dort explizit die Abstandnahme als ein Standortvorteil genutzt werden könnte.
Tobias Ebner verdeutlicht in seinem Skizzenplan das Ringen um eine angemessene Bauform am Ufer des Scheibesees. Die in den Skizzenplan aufgenommenen Fehlversuche, die eine eher städtische, blockartige Bebauung darstellen, werden schließlich aufgegeben zugunsten einer amorphen Großform. Diese lässt das Seeufer unberührt und besitzt dennoch eine markante Präsenz, die den Universitätscampus als einen ganz besonderen Ort in der Landschaft hervorhebt. Ebner schlägt eine Symbiose zwischen den energiewirtschaftlichen Anlagen und der Bebauung der Universität vor, die in dieser Form nur in einer freien Landschaft möglich ist.
Der Skizzenplan von Carlotta Ickert zeigt im Mittelteil beispielhaft die lange Suche nach Lösungen auf. Immer wieder werden neue Ideen probeweise anskizziert, überprüft und wieder verworfen und neue Ansätze begonnen. Konkretisiert werden dann schließlich Lösungen, von denen die Verfasserin - zu einem gewissen Grad - überzeugt ist. Sie geht der Frage nach, wie eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur in der Lausitz aufgebaut werden könnte und mit welchen Veränderungen der Landschaft zu rechnen wäre. Wären Windkraftparks entlang der Autobahn eine sinnvolle Lösung? Wären digitale Co-Working-Arbeitsplätze auf den Dörfern eine Lösung? Wie könnten kleinteilige Landwirtschaftsnutzungen entstehen, die gleichzeitig wirtschaftlich sind? Ist ein Zusammenwirken der Energiewirtschaft mit der Landwirtschaft eine Lösung? Die Wirtschaftlichkeit solcher „prototypisch“ erdachten Lösungen können wir im Seminar nicht bewerten. Mit Hilfe von Ickerts Skizzen zeigt sich aber schon ein genaues Bild davon, wie sich die Strategien räumlich und ästhetisch auswirken würden.
Yuanyuan Hu entwickelt die Vision einer Hochschulstadt zwischen Berlin und Dresden, die aufgrund einer exzellenten Bahnanbindung attraktiv ist. In Handzeichnungen mit sehr dünnen Strichstärken wird bei der Online-Exkursion die Ruhe und Unberührtheit der Landschaft eingefangen. Bei den Lösungsvorschlägen wird die dünne Linienführung beibehalten, der Stil der Zeichnung wechselt aber in eine Art Film-Still von möglichen Szenerien des Hochschullebens in Hoyerswerda.
Das Thema eines landschaftsgerechten Hochschulcampus beschäftigt auch Carlotta Ickert. Ausgehend von topologischen Modellen, mit der sie die Fernwirkung von baulichen Prototypen untersucht, fügt sie in den Perspektiven versuchsweise die Baukörper ein. Sie sieht in den Ergebnissen allerdings eher Sackgassen, da sie die Lösungen als „zu banal“ verwirft.
Vivian Bonzel sieht aufgrund der Recherche zur Lausitz die zunehmende Trockenheit in der Oberlausitz als ein übergeordnetes Problem. Sie schlägt den Aufbau eines neuen, kleinteiligen Systems der Landwirtschaft vor, in das, nach der Methode von „Trittsteinen“, dezentrale „grüne“ Industriegebiete eingebettet werden sollen. Die einzelnen Industriestandorte sollten in „Fahrraddistanz“ voneinander entfernt sein und gleichzeitig Standorte für einen sanften Tourismus sein.
Im letzten Teil ihres Skizzenplans richtet Carlotta Ickert ihre Aufmerksamkeit auf das disperse räumliche Gefüge der Hoyerswerdaer Neustadt mit den zahlreichen Brachen aus der Zeit der Flächenabrisse in den 2000er Jahren. Sie analysiert anhand Ihrer überzeichneten Online-Exkursion-Bilder die großen Leerflächen innerhalb der Stadt und sieht darin das Potential eines innerhalb der Stadt verteilten Universitätscampus. Die Erreichbarkeit des Scheibesees als attraktiver Erholungsraum bewertet sie aufgrund der relativ großen Entfernung zur Stadt als kritisch. Sie reagiert mit einer überzeugenden räumlichen Intervention, einem System von Fahrradstraßen, die von den verteilten innerstädtischen Universitätsstandorten bis zum Seeufer führen. Die zuvor analysierten Gebäudetypologien, die sie für das Campusgebäude am See ins Auge gefasst hat, wendet sie nun auch für die im Stadtgebiet verteilten Unistandorte an. Auf diese Weise entwickelt sich ein gestalterischer Bezug zwischen den Universitätsgebäuden im Stadtraum und der – einzelnen – Außenstelle am Seeufer. Wie im ganzen Skizzenplan leitmotivisch angelegt, überkommen Carlotta Ickert auch bei dieser überzeugenden Lösung Zweifel, sie endet mit der Frage: „Aber ist das jetzt schon die Lösung?“ Der Skizzenplan bietet eine Fülle von überraschenden Anknüpfungspunkten und stellt an vielen Stellen die Ausgangspunkte für vertiefende Planungen bereit.
(Texte: Dr. Marcus van Reimersdahl, Abbildungen nachgewiesen jeweils am Ort)
A-AD 860 | A-LM 271: Ausgewählte Aspekte des Darstellens
Die Studierenden besitzen Kompetenzen des Darstellens mittels besonderer darstellerischer und gestalterischer Fertigkeiten. Die Studierenden vermögen Fragen zu landschafts-/architektonischen, entwurfsmethodischen, künstlerischen und gestalterisch-kommunikativen Gebieten darstellerisch zu beantworten. Sie verfügen einerseits über Fertigkeiten und Kenntnisse verschiedener Kunstformen durch werkklassenartiges Üben. Andererseits sind die Studierenden in der Lage, Querbezüge und Wissenseinträge aus Wissensgebieten wie Kunsttheorie, Fotografie und Film, Planungstheorie, Psychologie und Philosophie herzustellen.
Inhalt des Moduls sind Kunst-, Gestaltungs- und Darstellungsformen, Informationsdesign, Bild-, Kunst- und Medientheorie, Verständnisspannen von künstlerischen, landschafts- /architektonischen und weltanschaulichen Themen, Problemen, Bildmöglichkeiten und Konzepten.
A-AD 981 | A-LM 272: Ergänzende Aspekte des Darstellens
Die Studierenden besitzen vertiefte Kompetenzen und umfangreiche besondere darstellerische und gestalterische Fertigkeiten. Die Studierenden können Fragen zu landschafts-/architektonischen, entwurfsmethodischen, künstlerischen und gestalterisch-kommunikativen Gebieten darstellerisch differenziert und mit verschiedenen Me-
thoden beantworten. Sie verfügen über Fertigkeiten und Kenntnisse weiterer Kunstformen durch werkklassenartiges Üben. Andererseits sind die Studierenden in
der Lage, Querbezüge und Wissenseinträge aus Wissensgebieten wie Kunsttheorie, Fotografie und Film, Planungstheorie, Psychologie und Philosophie herzustellen.
Inhalt des Moduls sind Kunst-, Gestaltungs- und Darstellungsformen, Informationsdesign, Bild-, Kunst- und Medientheorie, Verständnisspannen von künstlerischen, landschafts- /architektonischen und weltanschaulichen Themen, Problemen, Bildmöglichkeiten und Konzepten.
A-AD 984: Vertiefungsmodul Darstellen
Die Studierenden sind in der Lage, sich einer Fragestellung zur gebauten und zu bauenden Umwelt analytisch zu nähern und sie wissenschaftlich reflektiert zu lösen.
Sie besitzen die Kompetenz, komplexe weltanschauliche Themen in einen künstlerischen, gestalterischen, darstellerischen oder landschafts-/architekturbezogenen Kontext zu stellen und dies im Verwenden synthetisierender Arbeitsmethoden in besonders aussagekräftiger Weise zu beantworten.
Inhalt des Moduls ist eine exemplarische theoretische Fragestellung aus dem Bereich Gestalten, Entwerfen, Darstellen, das Erweitern der Kenntnisse zu den Theorien und Methoden des Lehrbereichs, die Recherche unterschiedlichen Quellenmaterials, Formulierung von wissenschaftlichen Thesen und Fragestellungen sowie Ausarbeitung nach gültigen wissenschaftlichen Standards.