Wilhelm Gottlieb Beckers Werk „Der Plauische Grund“ (1799) und sein Beitrag zur deutschen Gartenhistoriografie
In seiner Frühphase (1750–1800) durchläuft der Landschaftsgarten in Deutschland eine sehr heterogene Entwicklung, die in ihrer Komplexität ein reiches Forschungsfeld darstellt. Aus der bisherigen Gartengeschichtsschreibung stechen der Gartenschriftsteller, Verleger und Kurator Wilhelm Gottlieb Becker (1753–1813) und sein ungewöhnliches Werk „Der Plauische Grund mit Hinsicht auf Naturgeschichte und schöne Gartenkunst“ (1799) hervor: Die als Beitrag zur Gartenkunst angedachte Publikation (es werden Ideen minimal-invasiver Interventionen zur Verschönerung des gleichnamigen Tales eingestreut) bindet zur Beschreibung des Landschaftsraums Aufsätze namhafter Wissenschaftler auf den Gebieten der Geologie, Geodäsie, Mineralogie, Botanik und Entomologie ein und beschreitet so Wege der Interdisziplinarität zu einer Zeit, in der die jeweiligen Fachgebiete selbst noch in den Kinderschuhen stecken. Die Gartenkunst fungiert hier also als Schnittstelle von Naturwissenschaft und Ästhetik, was sich auch in der Präsentation des Werkes manifestiert: Die Beschreibung des Tales wird durch 24 Kupfertafeln ergänzt, die auf arrivierte Künstler, Kupferstecher und Kartografen zurückgehen und nicht nur die landschaftliche Schönheit des Gebietes, sondern auch Objekte aus den naturwissenschaftlichen Feldern, wie Schmetterlinge, Höhenprofile und geologische Querschnitte zeigen. Nicht unwesentlich für die Rezeptionsgeschichte des Werkes ist die im Buch veröffentlichte Subskribentenliste, versammelt sie doch einige Persönlichkeiten, die mit raumgreifenden Gärten bzw. gestalteten Landschaften in Verbindung gebracht werden können.
Umso mehr erstaunt es, dass Autor und Werk bislang nur geringe Aufmerksamkeit erfuhren. Die Beschäftigung mit ihnen lässt jedoch nicht nur eine wichtige Momentaufnahme des Übergangs von der Frühzeit des Experimentierens zu einem reifen, klassischen Landschaftsgarten erwarten, sondern verspricht auch, Ansätze konkreter fassen zu können, die zu einer neuen Landschaftsästhetik führten, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts als „Landesverschönerung“ bekannt ist.
Das Hauptziel des Projekts ist es, eine historisch-kritische Analyse und wirkungsgeschichtliche Verortung des in Rede stehenden Autors und seines Werkes zu leisten. Mit der Einbindung und Beleuchtung stilistischer und ideengeschichtlicher Zusammenhänge versteht sich die Untersuchung als ein Beitrag zur Historiografie der Gartenkunst.