Interview mit Professor Siegfried Sommer zum Thema „50 Jahre Institut für Landschaftsarchitektur an der TU Dresden“
1. Wie kam es zum Namen „Landschaftsarchitektur“ als Studienrichtung? Der Name war ja vorher noch ganz unbekannt und lautete eher „Grünplanung“ oder „Gartenarchitektur“ ...?
Das hängt zusammen mit dem Wechsel in der Leitung des Studienganges noch in der Berliner Zeit. Nachfolger für Professor Dr. Georg Bela Pniower war Reinhold Lingner, tätig vor seiner Berufung bei der Deutschen Bauakademie. Er hatte die Vorstellung von der Landschaftsarchitektur als der Gestaltung der gebauten Umwelt. Auf ihn geht der Begriff „Landschaftsarchitektur“ zurück.
2. Welcher "neue" Beruf sollte damit begründet werden bzw. wie sah das Berufsprofil aus?
Von einem klaren Berufsprofil kann man nicht ausgehen. Das war bestimmt durch den Inhaber des Lehrstuhles.
3. Was waren, soweit bekannt, die Gründe für den Umzug der Ausbildung der Landschaftsarchitekt:innen von der Humboldt-Universität Berlin an die TU Dresden?
Die Vielfalt der Angebote in Dresden [die Möglichkeiten gemeinsamer Vorlesungen, Seminare und Belegarbeiten bis hin zu den Diplomarbeiten mit den Studierenden der Fachrichtung der Architektur, teilweise gemeinsame Ausbildungszeiten mit den Studierenden des Studienganges der Forstwirtschaft in Tharandt – Anmerkung d.Red.] war ausschlaggebend und sonst so in der DDR nicht gegeben.
4. Was waren die Vorteile, die den Umzug der Ausbildung gerade nach Dresden an die TU zur Folge hatten und nicht an einen anderen Bewerber-Standort?
Es gab m.E. keine „Bewerber“. Die Verbindung zum Bauwesen und zur Forstwirtschaft [in Tharandt – Anmerkung d.Red.] war entscheidend, die gab es sonst so nicht noch einmal.
5. Gab es um 1970 zwischen Ost und West fachliche Unterschiede?
Da sehe ich keine wesentlichen Unterschiede.
6. Was waren die Schwerpunkte der Ausbildung zum Landschaftsarchitekten? Und warum wurden diese Schwerpunkte gebildet?
Schwerpunkte in der Ausbildung entwickelten sich erst allmählich und wurden vom jeweiligen Ordinarius geprägt.
7. Was unterschied vielleicht sogar die Ausbildung in Berlin von der in Dresden?
Die in Dresden vorhandene enge Bindung zur Ausbildung von Architekt:innen bestimmte zumindest das Profil.
8. Welche Unterschiede lassen sich von damals zu heute ausmachen?
Gegenwärtig ist die Ausbildung stark differenziert, da sich die Teildisziplinen entwickelten.
9. Welche Rolle spielte einst die Praxis bzw. konkrete Fragestellungen, die aus der Praxis an das Institut herangetragen wurden? Gab es so etwas wie Auftragsforschung?
Das muss sehr differenziert betrachtet werden. Im Institut von Professor Illner wurden Verfahren zur Rekultivierung devastierter Landschaften, z.B. Bergbau-Folgelandschaften, entwickelt. Dafür gab es konkrete Forschungsaufträge.
10. Wie sah der Austausch mit den Kollegen im Ausland aus? Gab es so etwas wie fachliche oder persönliche Vorbilder? Gab es Konkurrenzen?
Von Konkurrenzen würde ich nicht sprechen. Es gab zwischen den sogenannten sozialistischen Ländern einen Austausch auf kollegialer Basis.
11. Wie gestaltete sich der Umgang mit den Studierenden (Exkursionen, Art der Zusammenarbeit, Wahl und Ausgabe der Themen)?
Es gab ein festgelegtes Studienprogramm für die Ausbildung von Landschaftsarchitekt:innen. Das enthielt konkrete Auflagen für Exkursionen im Inland. Im Wechsel z.B. Exkursionen in den Norden und in den Süden der DDR. Da die Exkursionen in den Studienplänen festgelegt waren, kam jeder Studierende in den Genuss dieser. Das war nach 1990 total anders. Da musste sich jeder Student seine Testate selbst sammeln. Eine straffe Reglung wie zu DDR-Zeiten gab es nicht mehr.
12. Rückblickend: Auf was kann man heute mit Stolz zurückblicken und was hätte man besser machen können?
Die Ausbildung der Landschaftsarchitekt:innen war in der DDR als „verschult“ verschrien, hatte aber den Vorteil eines gesicherten Abschlusses. Mehr internationale Verbindungen wären besser gewesen. So konnte man praktisch die Ausbildungseinrichtung nicht wechseln, denn es gab keine Alternative. (zumal es in der DDR keinen weiteren Ausbildungsort für diesen Studiengang gab – d.Red.) Das war dann „im Westen“ anders mit dem Ergebnis, dass es den „ewigen Studenten“ gab.
13. Ein vorsichtigerBlick in die Zukunft: Wohin sollte sich die Landschaftsarchitektur und damit das Studium dazu heute entwickeln?
Vertiefen der einzelnen Fachdisziplinen wie sie sich heute entwickelt haben.
Die Gestaltung der Freianlagen auf dem Campus der TU Dresden geht in den Grundzügen auf die Arbeiten von Professor Bauch zurück (Zum Weiterlesen: Kindermann, Nora: Werner Bauch als Gestalter des Campus der TH Dresden in den 1950er Jahren, in: Professur für Geschichte der Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege TU Dresden (Hg.): AHA! Miszellen zur Gartengeschichte und Gartendenkmalpflege, 1/2015, S. 48-53.). Auf die Nachfrage, wer die Pflanzungen von recht speziellen Gehölzen dort nach der Emeritierung von Professor Bauch inhaltlich bestimmte, antwortete Professor Sommer, dass die Ergänzungen der bereits vorhandenen Pflanzungen in gemeinsamer Absprache entsprechend der geplanten Wissensvermittlung im Fachgebiet „Pflanzenverwendung“ erfolgten. Allgemein waren natürlich die Standortanforderungen der einzelnen Pflanzen ausschlaggebend für die Standortwahl. Weiterhin durften sich Pflanzungserweiterungen, die im Sinne der Ausbildung erfolgten, nicht negativ auf die vorhandene und zu erhaltende Infrastruktur auswirken.
Dabei wurden Pflanzungen, die mehr für ländlich geprägte, eher naturnahe Bereiche typisch sind, im südlichen Bereich des Universitätsgeländes im Bereich der Nöthnitzer Straße gepflanzt. Pflanzen für eher schattige Innenstadtbereiche sind zum Teil im Bereich des Willersbaues, zum Teil aber auch im Bereich des alten Gerichtsgebäudes (beherbergt u.a. die Gedenk- und Erinnerungsstätte) angepflanzt worden. Der südöstliche Hofbereich des ehemaligen Gefängnisbaues (früher Schumannbau, heute Hülßebau) blieb der Pflanzung repräsentativer Gehölze für sonnige, innerstädtische (Repräsentations-) Bereiche vorbehalten.
Interview (Mai 2022) geführt und aufgezeichnet von Ulrike Jarmer.