02.10.2024
Modellprojekt Smart City Dresden veranstaltete Quartiersworkshops in Johannstadt, Friedrichstadt und Prohlis
Wie können Stadtplaner und Bürgerschaft ihre Stadt gemeinsam entwickeln? An dieser Frage arbeitet das WISSENSARCHITEKTUR – Laboratory of Knowledge Architecture. Im Modellprojekt Smart City kann dessen Team innovative Beteiligungsformate in Dresdner Quartieren testen. Wie das funktioniert und wie unterschiedlich die Bedarfe sind, zeigten Quartiersworkshops auf drei Stadtteilfesten.
„Intelligente Quartiere“
In der Smart-City-Strategie des von der Bundesregierung geförderten „Modellprojekts Smart City Dresden“ wurde das Konzept „Intelligente Quartiere“ etabliert. Nach Leitlinien des Dresdner „Integrierten Stadtentwicklungskonzepts“ (INSEK) wählte man drei Stadtteile aus, die zusammen genommen eine Bandbreite an geografischen und demografischen Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung repräsentieren.
Dresden Friedrichstadt ist als ehemals barocke Stadtanlage mit einem Bestand an wertvoller Bausubstanz, städtebaulichen Strukturen und Grünflächen kunst- und kulturgeschichtlich von Bedeutung. Der Stadtteil verfügt über eine günstige Infrastruktur für energetische Sanierung und bauliche Verdichtung.
Dresden Johannstadt ist durch eine dicht bebaute Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe charakterisiert und beherbergt zahlreiche hochtechnologische Forschungseinrichtungen aus dem Bereich Biotechnologie und Medizin. Das Quartier soll mit sensibler Planung und einem intelligenten Quartiersmanagement unter Berücksichtigung sozialer Aspekten aufgewertet werden.
Dresden Prohlis, im Südosten der Stadt gelegen, ist geprägt durch Plattenbaugebiete und wird durch das Städtebauförderprogramm des Bundes „Soziale Stadt“, durch gezielte Arbeit der Quartiersmanager:innen sowie durch die Sanierung der Gemeinbedarfseinrichtungen unterstützt.
Das Team der WISSENSARCHITEKTUR wird in diesen Quartieren regelmäßig Umfragen und Beteiligungsveranstaltungen durchführen. Dadurch sollen die Bedarfe der Quartierbewohner:innen ermittelt sowie die Akzeptanz und Wirkung von Smart-City-Maßnahmen ermittelt werden.
Zum Einsatz kommen dabei neuartige digitale Methoden, die in der Maßnahme „Toolbox Smart Partcipation“ gesammelt werden. Sie stehen dann der Landeshauptstadt Dresden für kurz- und langfristige Umfragen zur Verfügung. Außerdem können sie, im Sinne des Modellprojekts Smart City, auch von anderen Kommunen übernommen werden.
Das Konzept „Quartierworkshop“ mit dem Co-Design-Tool U_CODE
Im September 2024 wurde das Konzept „Quartiersworkshop“ gestartet: je eine Veranstaltung in den drei Modellstadtteilen, die – so der langfristige Plan – jährlich wiederholt wird, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. Der erste Quartiersworkshop sollte eine offene Bedarfserhebung durchführen und ein breit gemischtes Publikum erreichen. Deshalb entschied das wissenschaftliche Team, sich an die Stadtteilfeste anzuschließen. Diese Festveranstaltungen sind im Quartier etabliert, ziehen mit ihren vielfältigen Angeboten unterschiedliche Menschen an und fanden in diesem Jahr sämtlich am selben Wochenende statt. So war die WISSENSARCHITEKTUR mit drei Teams parallel in den Quartieren vor Ort.
„Werde Baumeister deines eigenen Stadtteils!“ hieß die Aktion, bei der Besucherinnen und Besucher in Dresden Johannstadt, Friedrichstadt und Prohlis ihr Umfeld bewerten und verschönern konnten.
Das Co-Design-Tool U_CODE machte es möglich, im 3-D-Modell seines Quartiers kreativ zu sein. Man kann etwa Gebäude bauen, Bäume pflanzen oder Spielplätze anlegen. Ein niedrigschwelliger Playground, der Lust aufs Spielen macht, aber auch sehr anschaulich die Bedarfe und Ideen der Quartierbewohner abbildet. Dazu werden Leitfragen gestellt: Welche Orte in deinem Stadtteil gefallen dir? Was muss verbessert werden? Wie kannst du dich einbringen? Designs und Kommentare werden zur späteren Auswertung gespeichert.
Mit dem preisgekrönten Tool U_CODE, das von der WISSENSARCHITEKTUR entwickelt wurde, haben wissenschaftliche Teams bereits zahlreiche nationale und internationale Beteiligungsprojekte durchgeführt. Es ist im großen Maßstab, etwa für aufwändige Bauprojekte, ebenso einsetzbar wie für Bedarfserhebungen im kleinen Rahmen.
Drei Stadtteilfeste
Die U_CODE-Stationen mit Computern waren in nahe gelegenen Innenräumen an das Festgeschehen und die Laufwege angebunden. Ergänzt wurden sie jeweils durch einen Außenstand, an dem über die Maßnahmen des Modellprojekts informiert und ebenfalls, nur hier auf analoge Weise (über ein Post-It-Flipchart), Feedback und Bedarfe zum Quartier gesammelt wurden.
Auf dem Stadtteilfest Friedrichstadt präsentierten sich Vereine und Initiativen unter dem Motto „Es artet aus“. Organisiert von riesa e.V. nahmen quartiereigene Einrichtungen wie Kita, Schule, Kirche und Diakonie, soziale Initiativen wie das Kinder- und Jugendhaus oder das Kultur- und Nachbarschaftszentrum teil. Außerdem gab es kreative Angebote wie das theater junge Generation oder die Künstlerischen Werkstätten des Veranstaltervereins. Mit dem Klinikum Friedrichstadt war auch ein Partner im Modellprojekt Smart City Dresden (Maßnahme „Smartes Energiemodell“) vertreten.
Das Bönischplatzfest des Dresdner Stadtteils Johannstadt war als „Mitmachfest für die ganze Familie“ angekündigt. Organisiert wurde es vom örtlichen Stadtteilverein. Unter den Mitwirkenden fanden sich Vertreter des Quartiersmanagements Nördliche Johannstadt und des Amts für Stadtplanung und Mobilität der Landeshauptstadt, kirchliche Institutionen sowie Vereine und Initiativen.
Das seit über 30 Jahren bestehende Prohliser Herbstfest wird ab diesem Jahr von einem neuen Veranstalter, dem Shopping-Center Prohliszentrum, ausgerichtet. Es handelt sich um ein Volksfest mit Ständen und Unterhaltungsprogramm auf dem Areal des Zentrums, das einen für das Quartier wichtigen Standort darstellt. Auch das örtliche Quartiersmanagement hat dort seine Räumlichkeiten. Am Sonntag wurde zudem auf dem Areal ein Interkulturelles Bürgerfest veranstaltet, welches das Quartiersmanagement zusammen mit migrantischen Communities ausrichtete. Das Team der WISSENSARCHITEKTUR stellte ihr Angebot an beiden Festen aus.
Erstes Fazit
„Die ersten Quartiersworkshops haben uns eine eindrucksvolle Bestandsaufnahme ermöglicht“, erklärt Anja Jannack von der WISSENSARCHITEKTUR und Maßnahmenleiterin „Toolbox Smart Participation“. „So unterschiedlich die drei Stadtteile in ihrer Struktur und Demographie sind, so verschieden sind die Bedarfe der Bewohner. Verwaltung und Städteplanung können von solchen Informationen immens profitieren.“
Als erste Tendenz der Ergebnisse lässt sich sagen, dass in den Quartieren Friedrichstadt und Johannstadt vor allem Impulse gegeben wurden, wie das Quartier durch gemeinwohlfreundliche Maßnahmen verschönert werden könnte. Zahlreiche Beiträge wünschten einen Ausbau von klimaneutralen, nachhaltigen Lösungen. In Prohlis drückten die Teilnehmenden eher soziale Sorgen und Bedarfe aus. Hier sei es wichtig, so Jannack, den Menschen offen und niedrigschwellig zu begegnen. Bedeutende Informationen gewinne man hier nicht nur aus konkreten Co-Design-Aktionen oder Umfragen, sondern aus begleitenden Gesprächen.
Für das Forschungsteam bildet die Auswertung die Grundlage für kommende Einsatzpläne weiterer digitaler Beteiligungsformate in den „Intelligenten Quartieren“.