Nov 20, 2020
Kunst trifft Wissenschaft
TUD-Studierende entwickeln Entwürfe zu Brachfläche in Pieschen
Claudia Trache
Die gemeinnützige Initiative »GEH8 Kunst Raum Ateliers« in Dresden–Pieschen fördert zeitgenössische Kunst und Kultur. Paul Elsner, Leiter der GEH8, liegt aber auch viel an einer kooperativen und am Gemeinwohl orientierten Stadtentwicklung. Er wollte eine Diskussion zur künftigen Nutzung vorhandener überwiegend brach liegender Flächen anstoßen. Daher initiierte er das Projekt »Made in Pieschen« und gab Architektur-Studierenden der TU Dresden im vergangenen Sommersemester die Möglichkeit, die Räume der GEH8 zu nutzen, um städtebauliche Entwürfe zum zirka acht Hektar großen Areal zwischen Harkortstraße und dem S-Bahnhof Dresden-Pieschen zu entwickeln. 25 Studierende beteiligten sich an diesem Projekt unter der Leitung von Professorin Melanie Humann und deren Mitarbeiter/innen der Professur Urbanismus und Entwerfen am Institut für Städtebau und Regionalplanung. Während des Projekts sollten die Studierenden folgenden Fragen nachgehen: Was versteht man unter einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung und was bedeutet das für den Städtebau? Welche Räume braucht lokale, urbane Produktion als Alternative zur globalen Massenproduktion? Welche Auswirkungen haben neue Produktionsformen wie Industrie 4.0 und digitale urbane Manufaktur auf die klassischen Gewerbegebiete, wie man sie kennt?
Trotz Corona erfolgreiche Projektumsetzung
Vom 29. Oktober bis 1. November präsentierten die Studierenden insgesamt 14 Entwürfe in den Räumen der GEH8. Geplant war diese Ausstellung bis zum 15. November. Die Entwicklung der Corona-Pandemie und entsprechende neue Allgemeinverfügungen durchkreuzten diesen Plan. Doch auch beim Projektstart im April mussten die Organisator/innen improvisieren. Als Auftakt war ursprünglich ein Workshop im GEH8 geplant, bei dem die Studierenden mit verschiedenen lokalen Akteuren, sowie Vertretern der Stadtverwaltung hätten ins Gespräch kommen sollen. Coronabedingt konnte diese Veranstaltung zwar nicht vor Ort stattfinden, über Videokonferenzen wurden die Akteure aber teilweise in das Seminar eingeladen. In Vorbereitung auf den Entwurf befassten sich die Studierenden mit Produktionskreisläufen, betrachteten alltägliche Gegenstände, wie Nussnougataufstrich, T-Shirts oder elektrische Zahnbürsten, und recherchierten, woher die Rohstoffe kommen, wo diese Dinge produziert werden, und über welche Lieferketten sie in den eigenen Haushalt gekommen sind. Auch diese Erkenntnisse nutzten sie für ihre Entwürfe des Areals an der Harkortstraße und fokussierten auf Up- und Recycling und lokale Stoffkreisläufe. Während der Projektlaufzeit von April bis August haben sich die Studierenden über Video-Chat mit ihren Betreuer/innen ausgetauscht. »Die Studierenden haben uns ihre Arbeiten gezeigt und wir haben sie kommentiert«, so Gudrun Deppe. »Wir hatten in dieser Zeit auch ein Software-Tool gefunden, bei dem die Studierenden ihre Zeichnungen eingeben konnten und wir als Betreuer/innen gleichzeitig darauf zugreifen und in die Entwürfe reinzeichnen konnten.« Für mehrere Zwischenpräsentationen konnten sich alle Beteiligten in der Ausstellungshalle der GEH8 treffen, da dort genug Platz vorhanden ist, um die nötigen Abstandsregeln einzuhalten.
»Für Studierende ist ein praxisbezogenes Projekt immer eine dankbare Aufgabe«, so Gudrun Deppe, Mitarbeiterin im Institut für Städtebau und Regionalplanung. »Im Rahmen dieses Projekts sind vier Diplomarbeiten entstanden. Andere Studierende haben erstmals städtebauliche Entwürfe erstellt. Ziel solcher Ideensammlungen ist es, auf ein Thema aufmerksam zu machen und auch den verantwortlichen Akteuren Denkanstöße zu geben.«
Entwürfe beinhalten auch ein Sportzentrum
Da sich das Gelände momentan nicht im Eigentum der Landeshauptstadt Dresden befindet, stellen die Entwurfskonzepte erstmal eine Anregung zur möglichen zukünftigen Nutzung der Fläche dar und zeigen ihr Potenzial. Der Flächennutzungsplan sieht perspektivisch eine gewerbliche Nutzung vor. Das sollten die Studierenden in ihren Entwürfen berücksichtigen. Als Information erhielten sie ebenfalls, dass der Sportverein Motor Dresden-Mickten e.V. für dieses Areal bereits eine Studie für ein multifunktionales Sportzentrum in Auftrag gegeben hat. Bei der Betrachtung des zu gestaltenden Areals und dessen weiteren Umfeldes kamen die Studierenden zu der Erkenntnis, dass es zu wenig öffentliche Flächen und Grünflächen gibt. Dementsprechend sind in allen Entwürfen Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung enthalten, wie Rad- und Gehwegverbindungen sowie öffentliche Sport- und Grünflächen. Einige Entwürfe haben auch das von Motor Mickten geplante Sportzentrum aufgegriffen. Neben der Integration der Interessen lokaler Akteure berücksichtigten die Studierenden Aspekte des nachhaltigen Produzierens und Wirtschaftens und entwickelten so ein breites Spektrum an Zukunftsbildern einer durchmischten und gemeinwohlorientierten Stadt.
Weitere Informationen unter:
https://tu-dresden.de/bu/architektur/istb/urb
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 18/2020 vom 17. November 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.