Apr 19, 2021
Studentischer Wettbewerb "Strukturwandel Weißwasser" entschieden
Der Wettbewerb mit dem fachübergreifenden Thema „Strukturwandel Weißwasser“ wurde im Wintersemester 2020/21 als Kooperationsprojekt zwischen dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), der Professur für Entwerfen und Konstruieren II und der Professur für Städtebau durchgeführt. Weitere Beteiligte waren der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung (SAS), die Stadt Weißwasser und die Architektenkammer Sachsen. Am 8. April 2021 tagte dazu abschließend die Jury in den beiden Fachsparten Hochbau und Städtebau und prämierte jeweils fünf Arbeiten mit insgesamt 5.000 EUR Preisgeldern.
Die Stadt Weißwasser in der Oberlausitz, im nordöstlichsten Teil Sachsens gelegen, besaß mit der Glas- und später der Kohleindustrie über Jahrzehnte die wichtigsten Arbeitgeber der Region. Durch den wirtschaftlichen Strukturwandel im Zuge der Wiedervereinigung ging ein Großteil der Arbeitsplätze verloren, und die Einwohnerzahl sank von über 38.000 Einwohner (1990) auf ca.16.000 im Jahr 2020.
Der gesellschaftlich und politisch gewünschte sowie ökologisch notwendige Kohleausstieg, in dessen Folge alle Kohlereviere in der Lausitz bis 2038 geschlossen werden, stellt die Region vor große Herausforderungen. Zwar wurden den betroffenen Gebieten durch das „Strukturstärkungsgesetz“ erhebliche Finanzhilfen des Bundes zugesagt, doch müssen diese auch in Maßnahmen fließen, die langfristig Wachstum und Beschäftigung zur Folge haben.
Initiative ergriff das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), welches als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) wichtige administrative Aufgaben des Bundes wahrnimmt.
Die Entscheidung des BAFA, in Weißwasser eine neue Außenstelle zu eröffnen, kann als Katalysator für den erfolgreichen Strukturwandel in der Stadt genutzt werden. Einerseits werden durch diese Maßnahme ca. 300 Arbeitsplätze geschaffen, andererseits kann das BAFA damit als Magnet zur Ansiedlung weiterer wirtschaftlicher und institutioneller Einrichtungen wirken.
Derzeit sind die Mitarbeiter noch auf mehrere Bestandsgebäude im Stadtraum verteilt, aber das soll sich ändern. Auf dem Gelände der ehemaligen Gelsdorfhütte, dem ältesten Standort der Glasproduktion in Weißwasser, sollen nun mit einem Neubau beste Arbeitsbedingungen entstehen und gleichzeitig ein neuer räumlicher und funktionaler Schwerpunkt in innerstädtischer Lage geschaffen werden. Ziel ist es, die örtlichen Brachflächen langfristig zu einem Modellquartier für innovative Lebens- und Arbeitswelten zu entwickeln, die Vorbildcharakter haben.
Um sich diesem Ziel der städtebaulichen und hochbaulichen Standortentwicklung anzunähern, wurde zwischen dem BAFA und der TU Dresden mit der Professur für Entwerfen und Konstruieren II (Prof. Michael Vaerst) und der Professur für Städtebau (Prof. Angela Mensing-de Jong) ein Kooperationsprojekt in Form eines studentischen Wettbewerbs initiiert. Im Rahmen dieses Wettbewerbs sollten zum einen konkrete Gebäudeentwürfe für den BAFA-Campus erarbeitet werden, zum anderen auf städtebaulicher Ebene Konzepte für dessen Einbettung in ein zukunftsorientiertes Quartier im Sinne eines „Reallabors“ entstehen, das langfristig Perspektiven für die Menschen in Weißwasser und der Region Oberlausitz aufzeigt.
Die parallele Bearbeitung auf zwei Maßstabsebenen, der städtebaulichen und der gebäudeplanerischen, stellte eine besondere Herausforderung dar, würde man doch sonst mit zeitlichen Vorlauf den städtebaulichen Rahmen definieren, innerhalb dessen die Hochbauprojekte geplant werden. Aufgrund des engen Zeitfensters für die Entwicklung wurde hier aber das Experiment gewagt, beide Planungsebenen nicht nacheinander, sondern gleichzeitig als Wettbewerb durchzuführen. Durch den regelmäßigen, intensiven und fachübergreifenden Austausch und die Nutzung einer gemeinsamen digitalen Plattform funktionierte dieser Prozess letztlich sehr viel besser als gedacht. Nach den ersten konzeptionellen Überlegungen bildeten sich sowohl im Städtebau als auch im Hochbau Teams, die sich gegenseitig inspirierten und ihre Entwürfe konsequent aufeinander abstimmten.
Nach einer intensiven Semesterarbeit entstanden in diesem Rahmen jeweils 13 Städtebau- und 13 Hochbauentwürfe, die durch ein Preisgericht zu bewerten und zu prämieren waren. Dazu wurde die 13-köpfige Jury in eine Städtebau- und eine Hochbau-Jury eingeteilt. Beide tagten am 8. April zuerst getrennt für die beiden unterschiedlichen Fachsparten, fusionierten dann aber zur Abschlussdiskussion über die jeweils prämierten Arbeiten.
Die Auswahl fiel der Jury nicht leicht, denn die Qualität der Arbeiten war beeindruckend. Dabei zeigten die Ergebnisse nicht nur, wie fruchtbar der Wechsel zwischen den Maßstabsebenen für den Entwurfsprozess genutzt wurde, sie verdeutlichten vielmehr eindrücklich, in welchem Maße die fachübergreifende Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachsparten kreativen und nutzbringenden Einfluss haben kann.
Als Beispiel für eine solch gelungene Zusammenarbeit wird hier die Kombination des Siegerentwurfs aus dem Städtebau von Carlotta Ickert und Paul Gucinski mit dem Hochbauentwurf für den BAFA-Campus von Richard Schmiedchen und Phil-Gordan Zameit gezeigt, die für ihren Beitrag eine Anerkennung erhielten.
Die Jury tagte unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften in der großen Aula des Ehrenfried-Walther-von-Tschirnhaus-Gymnasiums in Dresden. Leider konnten die Studierenden nicht - wie es ursprünglich geplant war - zur Verkündung der Ergebnisse am Ende der Jurysitzung hinzugeladen werden. Stattdessen sollen die Preisträger nun am
17. Juni 2021 durch den Bundeswirtschaftsminister, Herrn Peter Altmaier, und den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Herrn Michael Kretschmer, in Weißwasser ausgezeichnet werden. Zu diesem Anlass werden die prämierten Arbeiten vor Ort in einer Ausstellung präsentiert.
Mehr über die Wettbewerbsbeiträge und die Ergebnisse der Fachsparte Städtebau erfahren Sie hier: Preisträger Fachsparte Städtebau
Mehr über die Wettbewerbsbeiträge und die Ergebnisse der Fachsparte Hochbau erfahren Sie hier: Preisträger Fachsparte Hochbau