Dec 07, 2017
Fachkolloquium zu historischen Pflasterflächen
Am 05.12.2017 trafen sich Landschaftsarchitekten, Mitarbeiter der SBG, Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörden aus verschiedenen Landkreisen, Angehörige des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, Vertreter des Dresdner Grünflächenamtes sowie einige Studenten auf Einladung unseres Lehrgebietes zu einem Fachkolloquium im Hülssebau. Anlass war ein studentisches Projekt zum Thema "Historische Schmuckpflasterflächen beidseitig der Bahnhofstraße in Radebeul West", das in diesem Semester auf Anregung des LfDS an unserem Lehrstuhl erarbeitet wird. Im Zuge der laufenden Bearbeitung war augenscheinlich geworden, dass das Thema der historischen Pflasterflächen auch außerhalb von Gärten und Stadtplätzen eine große Relevanz im Straßenraum hat, jedoch aktuell noch zu wenig Beachtung findet.
Als Referenten eingeladen waren Felix Merk, Gartendenkmalpfleger bei der Unteren Denkmalschutzbehörde Potsdam, und Prof. Dr. Heiner Siedel, Professor für Angewandte Geologie an der TUD, die mit Fachbeiträgen zum Gedankenaustausch anregen sollten.
Zunächst berichtete Felix Merk kenntnisreich zum Thema der historischen Pflasterungen und vermittelte einen Eindruck von der großen Formen-, Material- und Verlegevielfalt sowie den Raffinessen der Verlegetechniken. Ein weiterer Aspekt waren der Schutzstatus von Pflasterflächen sowie der denkmalpflegerische Umgang mit diesen. Dabei verwies Felix Merk darauf, dass bei der Ansprache von historischen Pflasterflächen zunächst die exakte Bestimmung des Materials, der Form und Größe der verwendeten Steine sowie des Pflasterverbands der Fläche erfolgen muss. Er verdeutlichte zudem, dass historische Pflasterflächen wesentliche Bestandteile des spezifischen Erscheinungsbildes einer Region, ihrer Orte und ihres Landschaftsbildes sind und damit zur Unverwechselbarkeit einer historisch gewachsenen Kulturlandschaft beitragen. Sie sind Sachzeugnisse für die Geschichte des Straßenbaus sowie der Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte. Darüber hinaus berichtete er aus der Praxis und stellte verschiedene Beispiele von neuverlegten Pflasterflächen vor. Es wurde sehr deutlich, dass neuverlegte Flächen nur selten an die Qualität der alten Flächen anknüpfen können, selbst wenn die alten Steine wieder verwendet werden. Oftmals wird erst im Nachgang ersichtlich wie viele Details und welche Geschicklichkeit mit dem Bau der historischen Flächen verbunden waren.
Zum Weiterlesen:
Felix Merk: "Historische Straßenbeläge - Eine denkmalpflegerische Aufgabe", in: Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Hg.): Brandenburgische Denkmalpflege, Jahrgang 8, Heft 2, Berlin 1999, S. 64-76.
Heiner Siedel widmete sich in seinem Vortrag speziell den Dresdner Steinpflasterungen, wobei er die Verwendung verschiedener Gesteinsarten in eine geschichtliche Abfolge brachte, die deutlich macht wie sehr die Materialwahl vom technischen und infrastrukturellen Fortschritt abhängig war. Die Verwendung verschiedener Gesteinsarten im Lauf der Jahrhunderte ist Zeugnis der Entwicklung der Natursteinindustrie, dokumentiert Bezüge zum Naturraum und zur regionalen Geologie und ist nicht zuletzt beredtes Zeugnis des Verkehrswegebaus und der Stadtentwicklung. Waren es zunächst Flussgerölle der Weißeritz und seit Beginn des 19. Jahrhunderts der Syenit aus dem Plauenschen Grund, so kam es mit dem Bau der Eisenbahn in der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Erschließung der Lausitzer Granitvorkommen, deren flächendeckende Verwendung das Dresdner Stadtbild noch heute maßgeblich prägt. Seit mehreren Jahren ist ein Rückgang in der Material- und Formenvielfalt zu beobachten, die stadtteilprägenden Pflasterflächen verschwinden immer mehr aus unserem Alltag und werden durch Kunststein, Asphalt oder billige Natursteinimporte ersetzt, wodurch auch ein Stück regionale Eigenheit aus dem Stadtbild verschwindet.
Zum Weiterlesen:
René Andelar, Michael Feller, Heiner Siedel: Historische Steinpflaster in Dresden – Denkmale der Stadt- und Technikgeschichte, in: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hg.): Denkmale in Sachsen, Mitteilungen des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen, Jahrbuch 2005, Dresden 2007, S. 63-73.
Im Anschluss an die Vorträge entspann sich eine rege Diskussion, die deutlich machte wie wichtig dieses Thema ist und wie wenig Beachtung und Schutz die historischen Pflasterflächen derzeit finden. Sicher ist jedoch, dass die Teilnehmer des abendlichen Kolloquiums von nun an mit geschärftem Blick für die Besonderheiten der historischen Pflasterflächen diese bewusst betrachten, betreten und benutzen werden und einen Teil der seitens der Vortragenden deutlich spürbaren Begeisterung an andere weitergeben werden.