15.06.2023
Pfingstexkursion nach Thüringen
Unsere diesjährige Pfingstexkursion führte uns vom 29. Mai bis zum 2. Juni nach Thüringen. Der Freistaat verfügt über einen reichen Bestand an historischen Gärten und Parkanlagen. Eine Auswahl zu treffen, fiel uns nicht leicht. Geholfen hat uns dabei Prof. Dr. Schwarzkopf von der FH Erfurt, der uns mit vielen guten Ratschlägen und Tipps zur Seite stand.
Am Pfingstmontag besuchten wir bei herrlichem Wetter die Dornburger Schlösser. Wie an einer Perlenkette aufgereiht, liegen hier drei Schlösser an der Hangkante mit großartigem Blick in das Saaletal. Der Museumskurator der Schlösser, Herr Hill, gab uns eine ausgesprochen lebendige und fachlich versierte Führung, untermalt mit vielen Zitaten und Gedichten – ein schöner Auftakt!
Nachdem wir uns in unserem Hostel mitten in der Innenstadt von Weimar einquartiert hatten, ging es noch zu einem Ausflug zu Bauten Henry van de Veldes, der Anfang des 20. Jahrhunderts bis 1917 in Weimar wirkte. Nach Plänen van de Veldes entstanden u. a. auf dem Gelände der heutigen Bauhaus-Universität von 1904 bis 1911 das Ateliergebäude für die „Großherzoglich Sächsische Hochschule für bildende Kunst in Weimar“ (heute Hauptgebäude) und von 1905 bis 1906 das Gebäude der ehemaligen „Großherzoglich Sächsischen Kunstgewerbeschule“. Aber auch sein privates Wohnhaus „Haus Hohe Pappeln“ ist sehenswert. Henry van de Velde schuf sich hier für seine große Familie ein Refugium vor den Toren Weimars, dessen räumliche Qualitäten man dank der Wiederherstellung des Gartens annähernd original nacherleben kann. Sehr beeindruckend ist der Grundriss des Hauses, der mit den Gartenräumen korrespondiert.
Am Dienstag erwartete uns ein umfangreiches Programm: Vormittags waren wir mit dem Gartenleiter Jens Scheffler in den Parkanlagen um Schloss Friedenstein in Gotha unterwegs. Der Englische Garten, einer der frühesten Landschaftsgärten Deutschlands, wurde nach mathematischen Berechnungen angelegt. Dieser Garten beeindruckt mit dem Spiel von Topografie, Wege- und Blickbeziehungen, die dafür sorgen, dass ein und dasselbe Gewässer von unterschiedlichen Standorten wie ein Teich, aber auch wie ein Fluss aussehen kann. Im Schloss selbst besichtigten wir die beeindruckenden Magazinräume der Forschungsbibliothek Gotha. Den Abschluss bot der Besuch der Orangerie mit dem neuen Kamelienhaus.
Nachmittags besuchten wir unter Führung von Dietger Hagner und Herrn Kepper den 160 Hektar umfassenden Park Altenstein. Vom Schloss mit dem wunderschönen Schmuckbeet ging es durch waldige Partien, vorbei am Blumenkorbfelsen und am Chinesischen Häuschen bis zur in voller Blüte stehenden Katzenkopfwiese, die vor allem von eng gepflanzten Baumgruppen einer Art und von mehrtriebigen Solitärbuchen geprägt wird.
Ein echter Geheimtipp war der Besuch der Altensteiner Höhle. Diese Höhle befindet sich direkt unterhalb des Parks Altenstein. Sie wurde im Jahr 1799 bei den Arbeiten zur Anlage des Parks entdeckt und als Attraktion in die Gestaltung mit einbezogen. Schon im 19. Jahrhundert arbeitete man hier mit Klang- und Lichteffekten, die bei der nun bald abgeschlossenen Sanierung in künstlerischer Weise wieder aufgegriffen werden. Der für die Planung verantwortliche Landschaftsarchitekt Dr. Daniel Rimbach zeigte uns die fast vollendete Höhle und führte uns auch die besonderen Effekte vor.
Der Mittwoch war dem historischen Grün von Weimar vorbehalten, denn: „Weimar ist eigentlich ein Park, in welchem eine Stadt liegt“, wie der Schriftsteller Adolf Stahr im Jahr 1871 treffend bemerkte. Unser Stadtspaziergang mit unserer versierten Führerin Angelika Schneider führte uns zum Kirms-Krackow-Haus, zum Residenzschloss und von hier aus zum Park an der Ilm, zu Goethes Gartenhaus und schließlich zu Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Hier informierten uns die Landschaftsarchitektin Kathrin Franz aus Leipzig und Michael Sperber von der Klassik Stiftung Weimar über Geschichte und zukünftige Entwicklung des Gartens. Seinen Abschluss fand dieser Tag mit der Besichtigung des Schlossparks Belvedere. Hier empfing uns Andreas Pahl, Referent der Klassik Stiftung Weimar, der aus dem gartendenkmalpflegerischen Alltag mit allen Problemen und Freuden berichtete.
Nach so viel Weimarer Klassik wurde es nun Zeit, sich auch einmal den jüngeren Gartendenkmalen zuzuwenden: Am Donnerstag führte uns Dr. Martin Baumann vom Landesamt für Denkmalpflege in Thüringen sehr informativ durch den Egapark in Erfurt. Dieser Park wurde in den 1960er Jahren als IGA angelegt, 2021 fand hier die BUGA statt. Anschließend besuchten wir das neu konzipierte Gartenbaumuseum, welches sich ebenfalls im Egapark befindet. Ein Besuch der Fachhochschule Erfurt (Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst) rundete diesen Tag ab: Prof. Jonas Reif vom Lehrgebiet Pflanzenverwendung und Vegetationskonzepte, zeigte uns neben verschiedenen Versuchsanlagen und Staudenflächen auch das breite Spektrum der Gehölzverwendung im Arboretum auf, welches übrigens auf Entwürfe von Gustav Allinger zurückgeht. Prof. Reif wies uns zudem auf die klimatischen und bodenkundlichen Besonderheiten des Standorts hin sowie auf Lösungs- und Versuchsansätze, um dem Klimawandel vor Ort zu begegnen.
Den letzten Tag unserer Reise begannen wir mit einem Spaziergang durch den Tiefurter Park, erneut in fachkundiger Begleitung von Angelika Schneider. Entlang der Ilm wurde hier ein sentimentaler Landschaftsgarten mit zahlreichen Staffagen angelegt. Das Wegesystem führte uns auch auf den Panoramaweg, von wo sich schöne Ausblicke in den tiefer gelegenen Park bieten.
Zum Abschluss besichtigten wir unter versierter Führung von Prof. Dr. Johannes Schwarzkopf von der Fachhochschule Erfurt den sehenswerten Villengarten des Landgutes Holzdorf. 1917 erwarb der Mannheimer Industrielle und Kunstsammler Dr. Otto Krebs dieses Gut. Er ließ die Anlage als Sommersitz in den 1920er Jahren durch den Gartenarchitekten Franz Wirtz umgestalten. Auf elf Hektar entstanden verschiedene Gartenräume, darunter ein Begoniengarten, ein Staudengarten mit Pergola, ein Alpinum sowie ein Badegarten mit großem Badebecken und Insel sowie einem Badehaus. In der eigenen Gärtnerei wurden für den Eigenbedarf Gemüse und Obst, darunter Pfirsiche und Weintrauben sowie über 50 Schnittblumenarten kultiviert. In Schauhäusern züchtete und präsentierte man subtropische und tropische Pflanzen und in damals hochmodernen Glashäusern überwinterten die Kübelpflanzen des Gartens.
Es war eine schöne Reise mit beeindruckenden Erlebnissen. Thüringen hat aber noch so viel mehr zu bieten, viele historische Garten- und Parkanlagen müssen noch besucht werden. Fazit: Wir kommen wieder!