25.01.2022
Frau Camilla Lewerenz ist die Preisträgerin für den Schöck Bau-Innovatiospreis 2022
Frau Lewerenz verfasste in der Zeit vom 10.06.2020 bis zum 05.11.2020 am Institut für Stahl- und Holzbau der Technischen Universität Dresden ihre Diplomarbeit mit dem Thema „Untersuchung der Diskontinuitätsbereiche einer Orthoverbundfahrbahnplatte“.
Orthotrope Stahlfahrbahnplatten im Brückenbau zeichnen sich durch eine hohe Tragfähigkeit bei geringem Eigengewicht aus. Kerbschärfe in den Details und stark angestiegene Verkehrsbelastungen führten zu umfangreichen Ermüdungsschäden an existierenden Stahlfahrbahnplatten. Stahlbeton- und herkömmliche Verbundbrücken sind zwar weniger ermüdungsanfällig aber erheblich schwerer. Mit der sogenannten Orthoverbundfahrbahnplatte wird eine leichte und robuste Konstruktion als Alternative zu existierenden Bauweisen entwickelt. Die innovative Konstruktion setzt sich aus einem längsausgesteiften Fahrbahnblech und einer dünnen, einlagig bewehrten Ortbetonschicht zusammen. Als Verbundmittel sind Verbunddübelleisten in Klothoidenform vorgesehen. Sie dienen zur Übertragung der Schubkräfte zwischen Deckblech und Aufbetonschicht.
Im Zuge der Bearbeitung wurden von Frau Lewerenz zwei verschiedene Überbaukonstruktionen mit einer Orthoverbundfahrbahnplatte untersucht. Es handelte sich um den Überbau einer Trogbrücke und um eine Deckbrücke deren Querschnitt ein einzelliger Hohlkasten mit Konsolen ist. Zunächst wurden geeignete Ausschnittsmodelle der Fahrbahnplatte für die jeweiligen Überbaukonstruktionen erstellt. Dabei wurden sowohl die globalen Einwirkungen aus dem Gesamtsystem des Brückenbauwerks, als auch die lokalen Lasten berücksichtigt. Anhand der Modelle wurden die Verbundschubkräfte im GZT, GZG und für den Nachweis gegen Ermüdung ermittelt.
Die Fahrbahnbereiche, in denen erhöhte Verbundschubkräfte durch lokale Radlasten auftreten, die sogenannten Diskontinuitätsbereiche, wurden lokalisiert. Dabei handelte es sich vor allem um den Anschluss der Längsträger an die Fahrbahn sowie den Anschluss der Querträger. Es wurden dafür weitere FE-Modelle erstellt. Die Ergebnisse bildeten den Ausgangspunkt für die anschließende Erstellung von Stabwerkmodellen. Die Modelle erlauben eine vereinfachte Berechnung der D-Bereiche und liefern den mechanischen Hintergrund zum Lastabtrag.
Ziel der Arbeit war es, den Verbund zwischen Deckblech und Aufbetonschicht in den Diskontinuitätsbereichen der Orthoverbundfahrbahnplatte zu sichern. Dazu wurden Lösungsmöglichkeiten entwickelt, bei denen durch die zusätzliche Anordnung von Verbunddübelleisten oder Kopfbolzendübel die erhöhten Schubbeanspruchungen aufgenommen werden können. Die Lösungsvarianten wurden grafisch anschaulich ausgearbeitet. Abschließend wurde eine Empfehlung für die Vorzugsvariante gegeben. Dafür hat Frau Lewerenz eine Nutzwertanalyse erstellt, in die sowohl die Ergebnisse der Berechnungen als auch Aspekte aus fertigungstechnischer Sicht eingeflossen sind.
Die Arbeit von Frau Lewerenz ist außerordentlich umfangreich und klar strukturiert. Der Aufbau der Arbeit ist logisch und das prinzipielle Vorgehen sehr gut nachvollziehbar. Die Arbeit beinhaltet umfangreiche FE-Berechnungen, aus denen eigenständig Bemessungsansätze in Form von Fachwerkmodellen entwickelt und angewendet wurden. Die Auswertungen sind sehr ausführlich und die getroffenen Schlussfolgerungen zutreffend. Den Abschluss bilden konstruktive Lösungsvorschläge. Die Stärke der Diplomarbeit liegt in der Verknüpfung komplexer Zusammenhänge, der Erarbeitung verwertbarer Modelle und den kreativen Ansätzen.
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann