Ein Beitrag zur Ertüchtigung bestehender Stahltragwerke unter besonderer Berücksichtigung des Fügeverfahrens Schweißen
Bearbeitung: | Dipl.-Ing. Falk Lüddecke |
Betreuung: |
Prof. Dr.-Ing. habil. W. Graße |
Promotion: | 2006 |
Kurzfassung
Bei einer Vielzahl im Betrieb befindlicher, vorwiegend ermüdungsbeanspruchter Stahl- tragwerke, um 1900 erbaut, ist die rechnerische Lebensdauer bereits überschritten.
Die Bereitstellung möglicher Sanierungskonzepte zur Erhöhung der Tragsicherheit – damit zur weiteren Nutzung – dient für die Brückenbetreiber als wichtige Entscheidungsgrundlage bei der Wahl zwischen Ertüchtigungsmaßnahme und Neubau. Im Zuge von Ertüchtigungen muss oftmals bestehendes und beschädigtes Material durch Neumaterial ersetzt oder ergänzt werden. Der Erfolg der Ertüchtigungsmaßnahme hängt entscheidend von der kraftschlüssigen Verbindung zwischen Alt- und Neumaterial ab. In dieser Arbeit wird zur Steigerung der Effizienz von Ertüchtigungs- und Sanierungs- maßnahmen die Anwendbarkeit des Schweißens detaillierter untersucht. Da durch örtliche Ertüchtigungsmaßnahmen sowohl strukturelle Systemänderungen als auch lokal metallurgische Veränderungen hervorgerufen werden können, ist die Wahl eines geeigneten Schweißverfahrens und dessen Anpassung besonders wichtig. Im Rahmen dieser Arbeit wurden häufig verwendete Altstahltypen hinsichtlich ihrer Gefügestrukturen untersucht, um allgemeingültige Aussagen zur Schweißeignung treffen zu können. Für den Puddelstahl, der vorwiegend bis 1900 in den Bauwerken eingesetzt wurde, konnte aufgrund der unregelmäßig verteilten lamellaren Schlackeneinschlüsse keine prinzipielle Schweißeignung ausgesprochen werden. Dagegen weist der Flussstahl in ausgewählten Bereichen des Profilquerschnittes, den sogenannten Speckschichten, eine prinzipielle Schweißeignung auf. In dieser Arbeit wurden anhand von Messungen an Flussstahlquerschnitten Speckschichtdicken und deren Streuungen ermittelt. Stickstoff, der im gesamten Querschnitt konstant verteilt ist, verursacht eine transiente Versprödung des Werkstoffs. Daher wurde ein Sprödbruchnachweis auf bruchmechanischer Basis in Anlehnung an DAST-RICHTLINIE 009 entwickelt. Infolge der Speckschichtdicken war eine Anpassung des gewählten Lichtbogenhand- schweißverfahrens in Hinblick auf die Einbrandtiefe erforderlich. Im Laborversuch wurden in Abhängigkeit von der eingebrachten Streckenenergie die zugehörigen Einbrandtiefen ermittelt. Durch die vergleichende Gegenüberstellung von vorhandenen Speckschichtdicken und Einbrandtiefen wurde der maximale Energieeintrag unter besonderer Berücksichtigung einer praxisgerechten Umsetzung definiert. Die zur Durchführung einer „altstahlgerechten“ Schweißung zu verwendenden Schweißparameter wurden dafür experimentell ermittelt. Zur Untersuchung der Eignung einer solchen Schweißverbindung für nicht ruhende Bean- spruchung wurden Ermüdungsversuche an geschweißten Flussstahlproben durchgeführt. Die ermittelten Bruchlastwechselzahlen waren bei gleicher Kerbgrundbeanspruchung und Bauteilform denen heutiger Baustähle ähnlich. Damit wurde gezeigt, dass eine erfolgreiche Schweißung an Flussstählen prinzipiell möglich ist. Zur Quantifizierung der Vorgeschichtseinflüsse auf die Lebensdauer wurden weitere Versuche durchgeführt. Es konnte festgestellt werden, dass die Vorgeschichte keinen signifikanten Einfluss auf die Lebensdauer der neu eingebrachte Kerbe ausübt.
Der Einfluss der Alterung infolge Stickstoff auf die erreichbare Lebensdauer der geschweiß- ten Verbindung wurde ebenfalls untersucht. Es zeigte sich, dass die gealterten im Vergleich zu ungealterten Proben keine Minderung der erreichbaren Ermüdungsfestigkeit erfuhren.