Beitrag zur Anwendung zuverlässigkeitstheoretischer Berechnungsverfahren auf stahlbautypische Problemstellungen
Bearbeiter: Peter Lieberwirth
Kurzfassung
Gegenstand dieser Arbeit ist die Anwendung zuverlässigkeitstheoretischer Verfahren auf stahlbautypische Problemstellungen unter Zugrundelegung eines probabilistischen Sicherheitskonzeptes. Dies soll den realitätsnahen Nachweis von Grenzzuständen der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit an ausgewählten Tragwerkstypen unter zeitvarianten Einwirkungen ermöglichen. Zur Erfüllung dieser Zielstellung werden bewährte probabilistische Methoden mit einer leistungsfähigen deterministischen Grundlösung in Form finiter Stabelemente verknüpft. Realisiert ist dies einerseits über einen iterativen Antwortflächenalgorithmus und alternativ dazu mittels Latin-Hypercube-Sampling als varianzreduzierende Monte-Carlo-Methode. Besonderheiten stahlbautypischer Nachweisführungen bei Spannungs- und Stabilitätsproblemen finden in der Wahl der Ansatzfunktionen und der Grenzzustandsdefinition Berücksichtigung. Die Eingangsgrößen erfassen stochastische Unschärfe und werden in Form geeigneter Verteilungsfunktionen quantifiziert. Aus definierten Untermengen zusammengesetzte Grundgesamtheiten lassen sich durch multimodale Ansätze fassen. Abhängigkeiten zwischen einzelnen Zufallsgrößen können durch Korrelationen beschrieben werden.
Einen Schwerpunkt bildet die Erarbeitung stochastischer Modelle für zeitvariante klimatische Einwirkungen am Beispiel der Grundschneelast und der Windspitzengeschwindigkeit, die für übliche Rahmen- und Trägersysteme des Stahlhochbaues maßgebliche sicherheitsrelevante Größen repräsentieren. Der Systematik zur Ableitung geeigneter Verteilungsmodelle und deren Parameterquantifizierung unter Berücksichtigung von Stichprobenunsicherheiten langjähriger Beobachtungszeitreihen wird besondere Bedeutung beigemessen. Die ausgeprägte Standortabhängigkeit der Modelle ermöglicht eine differenzierte Tragwerksanalyse. Hierbei können auch kurze Bezugszeiträume, die beispielsweise für die Sicherheitsbewertung temporärer Bauzustände relevant sind, rechnerisch ausgewertet werden.
In ausgewählten Beispielen erfolgt neben einer Plausibilitätsprüfung des Lösungsverfahrens die Berechnung praxisrelevanter Problemstellungen. Die bereitgestellten stochastischen Modelle werden an Standorten mit maßgebender Schnee- beziehungsweise Windbeanspruchung für den Nachweis von Stahlrahmenkonstruktionen eingesetzt, wobei Schnittkraftinteraktionen Berücksichtigung finden und die Inanspruchnahme plastischer Systemtragreserven möglich ist.