Verleihung des ZÜBLIN-Stahlbaupreises 2017
Am 15. Juni 2017 wurde der Züblin-Stahlbaupreis zum inzwischen 7. Mal an Studierende und Absolventen der Technischen Universität Dresden verliehen. Mit dem Preis werden herausragende Arbeiten aus den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen gewürdigt, die zur Förderung der Metallbauweise beitragen und im Rahmen des Studiums oder einer Promotion entstanden sind.
Insgesamt waren in diesem Jahr sieben Arbeiten nominiert, die ein breites Themenspektrum der Stahlbauweise behandeln. Gegenstand der Einreichungen waren der Entwurf von Schaugewächshäusern im Botanischen Garten der Technischen Universität Dresden, die numerische Untersuchung von Verbunddübelleisten unter Quer- und biaxialer Beanspruchung, die Entwicklung von temporären Tragsystemen für Veranstaltungen am Flughafen Berlin-Tempelhof, der Entwurf und die Bemessung einer Straßenbrücke, sowie Untersuchungen zur Ermüdungsfestigkeit von Stahlhohlkästen mit dreiseitig angeschlossenen Querschotten unter Torsionsbeanspruchung.
Die nominierten Arbeiten wurden von den Studierenden und Diplomanden im Rahmen eines Vortrags mit anschließender Diskussion der Jury präsentiert. Diese bestand aus Herrn Ulrich Pfabe, Mitglied der Geschäftsführung der Züblin Stahlbau GmbH in Hosena und Herrn Dr. Christian Dehlinger vom Büro sbp - schlaich bergermann partner in Stuttgart. Die Technische Universität Dresden wurde durch Herrn Prof. Dr. Richard Stroetmann und Herrn Prof. Dr. Jörg R. Noennig vertreten, die die Fachgebiete Stahlbau, Wissensarchitektur und Digital City Science repräsentieren. Nach den Präsentationen hatten die Jurymitglieder die anspruchsvolle Aufgabe, die Preisträger aus den qualitativ sehr hochwertigen Arbeiten auszuwählen.
Die festliche Verleihung des Preises fand traditionell am Abend im Rahmen des Bauballs der TU Dresden statt, der von den Studierenden des 6. Fachsemesters der Fakultät Bauingenieurwesen ausgerichtet wird. Mit einer kurzen Vorstellung seiner Person und aktuellen Projekten der Züblin Stahlbau GmbH eröffnete Herr Pfabe die Preisverleihung. Dabei betonte er die schwierige Aufgabe der Jury, unter den hochwertigen und vielfältigen Einreichungen die Auswahl von Preisträgern vorzunehmen. Anschließend übernahm Herr Prof. Stroetmann das Wort, bedankte sich zunächst bei Herrn Pfabe für das hohe Engagement seitens der Züblin Stahlbau GmbH und die sehr gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Das Unternehmen engagiert sich u. A. mit der Vergabe von Stipendien, der Auslobung des Stahlbaupreises, der Unterstützung von sozialen Projekten von Studierenden des Bauingenieurwesens, Angeboten zu Werks- und Baustellenbesichtigungen sowie durch die Betreuung von Studien- und Diplomarbeiten.
Der mit insgesamt 3000 Euro dotierte Preis wurde in diesem Jahr an einen Studenten und eine Diplomandin des Bauingenieurwesens sowie an ein Team von Studenten der Architektur vergeben. Die Jury hat sich in diesem Jahr aufgrund der hohen Qualität, des geringen Abstands und gleicher Wertigkeit von zwei Arbeiten mit unterschiedlicher Ausrichtung dazu entschlossen, zwei 2. Preise und einen 1. Preis zu vergeben.
Einen 2. Preis erhielt Dennis Poroffscheck für seine Projektarbeit zur Ermüdungsfestigkeit von Stahlhohlkästen mit dreiseitig angeschlossenen Querschotten unter Torsionsbeanspruchung. Im Verbundbrückenbau werden oft vollverschlossene Stahlhohlkästen mit einer Betonplatte als Fahrbahn kombiniert. Um die Profilverformungen aus Torsionsbeanspruchungen zu begrenzen, werden in regelmäßigen Abständen aussteifende Querschotte eingeschweißt. Herstellungsbedingt verbleiben oft Spalte zwischen den Obergurten der Hohlkästen und den Querschotten, die zu hohen örtlichen Spannungsspitzen führen und sich negativ auf die Ermüdungsfestigkeit auswirken. Gegenstand der Arbeit von Herrn Poroffscheck war die analytische und numerische Berechnung der Spannungsspitzen, die Untersuchung der Ermüdungsfestigkeit unter zyklischer Beanspruchung und die Entwicklung optimierter Lösungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit. Die Jury zeigte sich beeindruckt von der klar strukturierten Bearbeitung, der analytischen Durchdringung der Problemstellungen und der Entwicklung praxisgerechter Lösungen.
Ebenfalls einen 2. Preis erhielten Vincent Paul Kanig und Matthias Hauschild für ihren Entwurf eines Schaugewächshauskomplexes im botanischen Garten der Technischen Universität Dresden. Neben den Forschungs- und Anzuchtgewächshäusern werden die Schaugewächshäuser zum zentralen Gebäudebestand des Gartens und zum visuellen Aushängeschild. Der gestalterisch ansprechende Entwurf des Ensembles von prismatischen Stahl-Glas-Konstruktionen aus getrennten Baukörpern für die verschiedenen Themenfelder der Botanik zeichnet sich durch eine logische geometrische Ausgestaltung, die kluge Wegeführung zwischen den Gewächshäusern und dem hohen Detaillierungsgrad der baulichen Lösungen aus. Die beiden Preisträger haben sich mit allen wesentlichen Fragestellungen von Gewächshäusern auseinander gesetzt und einen zum hohen Grad ausführungsreifen Entwurf vorgelegt. In der Diskussion konnte das Team mit profundem Fachwissen überzeugen.
Der 1. Preis ging in diesem Jahr an Cäcilia Karge für ihre Diplomarbeit zur numerischen Untersuchung von Verbunddübelleisten unter Quer- und biaxialer Beanspruchung. Diese führte sie in Verbindung mit der Entwicklung eines neuen Fahrbahntyps für Verbundbrücken durch. Um zukünftig die Vorteile der leichten Stahlbrücken mit orthotropen Fahrbahnplatten weiter nutzen zu können und zugleich die in der Vergangenheit zahlreichen Ermüdungsschäden durch eine neue Konstruktionsform zu vermeiden, wird die Orthoverbund-Fahrbahnplatte entwickelt. Bestandteil dieser Entwicklung ist die Verwendung von Dübelleisten zur Verbundsicherung in Längs- und Querrichtung der Brücken. Bisher wurden hauptsächlich Untersuchungen zur Belastung in Längsrichtung der Leisten durchgeführt. Da die Dübelleisten in Orthoverbundplatten jedoch anders als im herkömmlichen Stahlverbundbau einen flächigen Verbund erzeugen, war das Ziel dieser Arbeit, das Verhalten der Dübelleisten in Querrichtung numerisch zu untersuchen, sowie die Interaktion aus Quer- und Längsbeanspruchung zu überprüfen. Für ihre geometrisch und materiell nichtlinearen numerischen Berechnungen setzte Frau Karge das Programmpaket ABAQUS ein. Die Validierung der Struktur- und Materialmodelle führte sie mithilfe der Nachrechnung von Traglastversuchen durch. Frau Karge entwickelte ein Versuchsprogramm zur experimentellen Verifizierung des Trag- und Ermüdungsverhaltens, entwickelte Strukturmodelle hierzu und führte numerische Simulationen der Experimente durch. Die hochanspruchsvolle Aufgabenstellung löste Frau Karge mit Bravour und schaffte damit eine ausgezeichnete Grundlage für die weiteren Untersuchungen zum Fahrbahnsystem.
Dipl.-Ing. Thoralf Kästner
Professur für Stahlbau, Technische Universität Dresden