Apr 22, 2020
CORONAMOBILITY. TUD-Wissenschaftlerinnen untersuchen Änderung des Mobilitätsverhaltens in der Pandemie
Die Corona-Pandemie hat den Alltag von vielen Menschen deutlich verändert. Das zeigt sich besonders bei der Mobilität. Die Ausgangsbeschränkungen sorgen dafür, dass Fernstrecken seltener zurückgelegt, nahe Ziele wie der Supermarkt nebenan häufiger als vorher angesteuert werden. Arbeitswege, Besuche bei Freunden und Verwandten fallen oft weg.
Die Wissenschaftlerinnen Dr. Angela Francke, Juliane Anke und Lisa-Marie Schaefer von der Professur für Verkehrspsychologie der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ an der TU Dresden nutzen diese Gelegenheit, um mit einer eigens initiierten Forschung den Wechsel von gewohnten Verkehrsmitteln hin zu neuen Mobilitätsformen wissenschaftlich zu untersuchen.
"Das Fenster für eine grundlegende Veränderung unserer Mobilität ist weltweit geöffnet", erklärt Angela Francke. „Das von Gewohnheiten geprägte Mobilitätsverhalten wird aktuell grundlegend hinterfragt, Mobilitätsentscheidungen werden neu getroffen.“ Die Wissenschaftlerinnen beschäftigt die Frage, ob die neuen Erfahrungen zu langfristigen Veränderungen führen: „Wir wollen daher wissen: Wer wechselt und warum? Werden sich Einstellungen und Normen zu Verkehrsmitteln durch die aktuellen Erfahrungen verändern?“
Den deutschlandweit verteilten Online-Fragebogen haben bereits etwa 5.000 Menschen zwischen 14 und 89 Jahren ausgefüllt. "Wir freuen uns über das große Interesse und rufen besonders Ältere und Menschen aus dem ländlichen Raum auf, sich zu beteiligen, damit sich ein vollständiges Bild ergibt“, fügt Angela Francke hinzu.
In ihrem Zwischenergebnis stellten die Wissenschaftlerinnen fest, dass nahezu alle Befragten (98,4 Prozent) über den Wegfall mindestens eines sonst üblichen Weges berichten, z.B. durch Telearbeit bzw. Home-Office und die Absage von Terminen. Am stärksten ausgeprägt war der Wegfall von Wegen in der Freizeit. 85 Prozent der Befragten sind hiervon betroffen. Über die Hälfte, knapp 58 Prozent, gaben an, dass sich ihre Verkehrsmittelnutzung seit Ausbruch der Pandemie geändert hat. Die größten Auswirkungen zeigten sich beim Öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie beim Rad- und Fußverkehr. Während der Öffentliche Nah- und Fernverkehr etwas oder deutlich weniger genutzt wird, ergibt sich für den Rad- und Fußverkehr das gegenteilige Bild. Gefragt nach den Gründen, war das am häufigsten gewählte Motiv die Verringerung der Ansteckungsgefahr für mich selbst, gefolgt von der Verringerung der Gefahr, andere anzustecken. Auch um das eigene Immunsystem zu stärken, haben 23 Prozent der Befragten angegeben, ein anderes Verkehrsmittel zu nutzen.
Das ist für die Forscherinnen besonders interessant. "Bisher wurde Ansteckungsgefahr kaum in die Entscheidung für oder gegen ein Verkehrsmittel mit einbezogen. Aktive Mobilität, also zu Fuß gehen und Radfahren, sind offenbar die Verkehrsmittel der Stunde. Besonders spannend wird, ob diese neuen Mobilitätsgewohnheiten auch den Wechsel in die Normalität überdauern", sagt Angela Francke. "In einer Folgebefragung nach dem Abklingen der Pandemie wollen wir diese Fragestellungen untersuchen."
Die Studie läuft noch bis zum 30. April in Deutschland. Sie hat mittlerweile sogar internationale Interessenten gefunden: Die Befragung ist online auch auf Englisch, Französisch und Russisch verfügbar und wird derzeit in weitere Sprachen übersetzt.
Der Link zum Fragebogen (bis 30.04.): https://umfragen.psych.tu-dresden.de/sozsci/coronamobility/
Informationen für Journalisten:
Dr. Angela Francke / M.Sc. Lisa-Marie Schaefer / Dipl. Psych. Juliane Anke
Professur für Verkehrspsychologie
Tel.: 0351 463-36647