04.10.2023
Trockenheit, Borkenkäfer & Waldbrände: Wie wird der Wald zukunftssicher?
Die Trockenheit der letzten Jahre hat in den deutschen Wäldern ihre Spuren hinterlassen: Ganze Fichtenbestände sind dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen und Waldbrände haben – wie 2022 in der Sächsischen Schweiz – große Schäden verursacht. An der TU Dresden forschen Wissenschaftler:innen daran, den Wald robuster für die Zukunft zu machen.
Bäume verfügen grundsätzlich über natürliche Schutzmechanismen bei Trockenheit. „Wenn es trocken und heiß ist, können Bäume ihre Spaltöffnungen in den Blättern, die Stomata, schließen, um Verdunstung zu verhindern“, erklärt Professorin Marieke van der Maaten-Theunissen. Das kann dazu führen, dass Bäume auch Blätter abwerfen müssen, um ihr Überleben zu sichern. Langfristige Trockenheit kann zudem zu einer Zunahme sogenannter Embolien führen. Diese treten auf, wenn der ununterbrochene Wasserfluss zwischen den Wurzeln und der Baumkrone reißt und sich in den Gefäßen Gasbläschen bilden. „Wenn Embolien an sehr vielen Stellen auftreten, stirbt der Baum“, weiß die Forstwissenschaftlerin der TU Dresden.
Genau wie seine Frau forscht auch Dr. Ernst van der Maaten in Tharandt am DendroLab. Dort wird die Klimasensitivität von Bäumen mithilfe von Jahrringproben aus Baumscheiben oder Bohrkerne untersucht. „Vielerorts in Deutschland sieht man bereits, dass die Bäume viel trockensensitiver werden“, sagt der Leiter des DendroLabs. Auch in den Jahresringen, die im DendroLab untersucht werden, lässt sich der Klimawandel erkennen. Die Frage, wie der Wald sich verändert, wenn es in Zukunft noch trockener wird, sei schwer zu beantworten, gibt Marieke van der Maaten-Theunissen zu bedenken: „Wenn sich die pessimistischen Klimaszenarien bewahrheiten, hätte das jedoch große Folgen für den Wald.“
Die Auswirkungen der Trockenheit zeigen sich schon heute. Besonders Fichten leiden seit einigen Jahren massiv unter dem Borkenkäfer. „Die Tiere profitieren von der schlechten Vitalität von Bäumen“, führt Professor Michael Müller aus. „Der Wassermangel führt dazu, dass sich die Bäume nicht so gut wehren können.“ Gesunde Bäume sind normalerweise in der Lage, sich erfolgreich gegen Schädlinge zu verteidigen, erklärt der Experte für Waldschutz. Besonders wichtig sei es aktuell, befallene Bäume den Wäldern schnell zu entnehmen, um die Vermehrung der Käfer einzudämmen.
Durch Waldumbau zu Mischwäldern und mit neuen Baumarten sollen Wälder künftig widerstandsfähiger gegen Schädlinge werden. Dafür erforscht Michael Müller in Tharandt neben den bereits bekannten Schädlingen auch solche, von denen künftig Gefahr drohe. Beim Monitoring der Wälder könnte in Zukunft zudem Künstliche Intelligenz (KI) eine Rolle spielen: Ein Forschungsprojekt der Professur für Waldschutz will gemeinsam mit Partnern ein Verfahren zur Früherkennung von Insekten entwickeln. Ziel ist es, Geräte zu entwickeln, die mithilfe von KI die Gerüche der Schädlinge identifizieren.
Das Monitoring spielt auch bei der Ermittlung der Waldbrandgefahr eine wichtige Rolle. Trockenheit und lange Dürreperioden erhöhen das Risiko von Bränden, allerdings bedarf es für die Entstehung von Waldbränden immer auch einer Entzündungsursache. „In Deutschland sind vor allem menschliche Aktivitäten Auslöser für Waldbrände, Blitzschläge spielen kaum eine Rolle“, erklärt Juniorprofessor Matthias Forkel. Der Experte für Umweltfernerkundung will mithilfe von Satelliten voraussagen, wie hoch das Risiko für Waldbrände in einer Region ist.
Dafür messen sie die Boden- und Vegetationsfeuchte. „Die Ansätze des Deutschen Wetterdienstes, die den Waldbrandgefahrenindex ausweisen, wollen wir weiter verbessern.“ Auch eine detailliertere Kartierung des Vegetationsbewuchses kann die Risikobeurteilung optimieren. „Buchenwälder brennen in der Regel nicht. Kiefernwälder sind die Wälder, wo es in Deutschland am meisten brennt“, erklärt Matthias Forkel. Die Kombination aus der Kartierung der Waldtypen und den Wetterdaten kann zu einer präziseren Abschätzung des Waldbrandrisikos beitragen.
Die Herausforderungen, mit denen der Wald angesichts des Klimawandels zu kämpfen hat, spiegeln sich auch in einer Vielzahl an Büchern wider, die dieses Problem thematisieren. Dr. Solvejg Nitzke beschäftigt sich in ihrer Forschung mit Mensch-Baum-Beziehungen. „Es wird nicht den einen Roman oder das eine Gedicht geben, dass endlich alle an Bord holt“, führt die Literaturwissenschaftlerin aus. Sie ist dennoch überzeugt, dass die zunehmende Anzahl an Literatur, die in den letzten Jahren zu diesem Thema erschienen ist, mehr Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeit, Natur- und Waldschutz schafft. „Bäume waren ja schon immer da. Aber wir schauen mehr hin.“ Dazu trage auch Literatur über Wälder bei, weiß Solvejg Nitzke.
Mehr über den Wald der Zukunft und Lösungen für die aktuellen Probleme werden in der neusten Folge der »Guten Frage« thematisiert.
Kontakt:
Prof. Dr. Marieke van der Maaten-Theunissen
Professur für Waldwachstum und Produktion von Holzbiomasse
Dr. Ernst van der Maaten
Leiter DendroLab, Professur für Waldwachstum und Produktion von Holzbiomasse
Prof. Dr. Michael Müller
Professur für Waldschutz
Jun.-Prof. Dr. Matthias Forkel
Juniorprofessur für Umweltfernerkundung
Dr. Solvejg Nitzke
Professur für Medienwissenschaft und Neuere deutsche Literatur