28.07.2021
Klimawandel - Wieviel Kohlenstoff können naturnahe Wälder speichern?
Unter den zahlreichen Leistungen, die Waldökosysteme für Mensch und Umwelt erbringen, ist die Kohlenstoff-Speicherfähigkeit eine besonders wichtige. Und das gilt umso mehr, als einem weiteren raschen Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre nachhaltig entgegengewirkt werden muss. Hierbei kommt es nicht nur auf die Bäume, Sträucher, Kräuter und Moose an, die dem Auge des Waldbesuchers zugänglich sind. Besondere Bedeutung für die C-Speicherung hat der verborgene „unterirdische Wald“ mit seinen Wurzeln, den Bodenorganismen und der organischen Bodensubstanz, dem Humus. Ein Team aus Wissenschaftlern der TU Dresden geht der Frage nach: Wie wirkt sich der Klimawandel auf die C-Speicherfähigkeit von Waldböden aus? Unterstützt wird das Team durch den Waldklimafonds. Am 22.07.2021 überreichte Uwe Feiler, Staatssekretär im Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft, den Förderbescheid in Höhe von fast 1,8 Mio Euro an den Projektkoordinator Prof. Dr. Karsten Kalbitz.
Dresden/Tharandt. Den für die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern verantwortlichen Mechanismen und Bedingungen geht jetzt ein neues Modellprojekt an der Fachrichtung Forstwissenschaften der TU Dresden in Tharandt auf die Spur. Das langfristig angelegte Projekt BENEATH wird aus Bundesmitteln im Rahmen des Waldklimafonds mit einer Summe von 1,8 Mio. Euro zunächst für vier Jahre gefördert. Mit modernster Messtechnik werden dabei die C-Ströme von einem Team aus Boden- und Wasserexperten sowie Botanikern kontinuierlich über den Jahresverlauf hinweg erfasst. Gerade dem Witterungsverlauf kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Denn Klimaprognosen zufolge werden extreme Ausprägungen – vor allem extreme Trockenperioden im raschen Wechsel mit feuchten Bedingungen – in Zukunft immer häufiger. Somit wird der Bodenwasserhaushalt mehr und mehr zur entscheidenden Steuergröße des Baumwachstums. Aber auch die chemischen und biologischen Umsetzungen oberhalb und unterhalb der Bodenoberfläche hängen stark von der Verfügbarkeit von Wasser und den kleinräumigen Temperaturbedingungen ab. Wieviel Kohlenstoff im Waldökosystem langfristig gespeichert werden kann, ist aber auch von der Intensität der forstlichen Bewirtschaftung abhängig. Wird im Zuge einer naturnahen Waldwirtschaft weniger Holzbiomasse entzogen, gewinnt der dadurch erhöhte Anteil von „Totholz“ zunehmende Bedeutung als Input-Komponente für den ökosystemaren C-Kreislauf. Gleichzeitig ist Totholz aber auch wichtig für die Vielfalt (Biodiversität) der am Umsatz beteiligten Organismen – von Pilzen und Bakterien über Insekten bis hin zu Vögeln wie etwa dem Specht.
Vor diesem Hintergrund wird im „Buchenwaldgebiet Kossa“ in der Dübener Heide im nordwestlichen Sachsen quantifizierend untersucht, wie räumlich-zeitliche Muster in der Bodenfeuchte die ober- und unterirdische C-Speicherung beeinflussen. Der Sprecher der Forschungsinitiative, Prof. Karsten Kalbitz, erklärt: „Die Wechselwirkungen zwischen verfügbarem Bodenwasser, Totholz, lebenden Bäumen mit ihren Wurzelsystemen und der C-Speicherung im Boden sind unter sich stark verändernden Umweltbedingungen bislang wenig erforscht“. Natürliche Gradienten im Standortswasserhaushalt werden im Projekt genutzt, um die Folgen der klimawandelbedingten Änderungen im Feuchteregime auf die C-Speicherung der Buchenwälder zu erfassen und daraus Szenarien für die zukünftige Entwicklung abzuleiten. Hierfür wird ein langfristiges, integriertes Monitoring wichtiger Systemkenngrößen vor Ort mit Freilandexperimenten, modernsten Analysemethoden im Labor sowie innovativen Modellierungsansätzen kombiniert. Die beteiligten Wissenschaftler/-innen versprechen sich dadurch wichtige Einblicke in die komplexe Funktionenweise von naturnahen Waldökosystemen. Diese Erkenntnisse können später in den praktischen Waldbau einfließen. Außerdem helfen die Ergebnisse, die Vorhersagekraft von regionalen und globalen Klimamodellen zu verbessern.
Kontakt:
Prof. Dr. Karsten Kalbitz
Tel. +49 351 463-31379
Weitere Informationen
Waldklimafond