01.02.2021
Rückblick „60 Minuten: Wie Corona Wirtschaft und Unternehmen verändert“
In der dritten Diskussionsrunde der Reihe "60 Minuten: Corona, Wirtschaft und Finanzen" standen am 21.01.2021 die Folgen der Pandemie für Unternehmen und Wirtschaft im Vordergrund. Aus der Perspektive dreier Fachgebiete – Controlling, Energiewirtschaft und Marketing – wurde aufgezeigt, wie Corona die Wirtschaft verändert bzw. was Corona für das Management von Unternehmen bedeuten kann. Es referierten Prof. Dr. Thomas Günther und Dr. Michael Graßmann (Professur für Betriebliches Rechnungswesen und Controlling), Prof. Dr. Dominik Möst (Professur für Energiewirtschaft) und Prof. Dr. Florian Siems (Professur für Marketing). Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Prof. Dr. Silke Geithner (EHS Dresden).
Prof. Dr. Günther und Dr. Graßmann sprachen über die Veränderung des Kostenmanagements bei europäischen und amerikanischen Airlines in Zeiten der Corona-Krise. Hierfür untersuchten Sie das betriebswirtschaftliche Phänomen der Kostenremanenz. Das bedeutet, dass Kosten nicht in gleichem Maße wieder abgebaut werden können, beispielsweise in Krisenzeiten, wie sie vormals aufgebaut wurden. Die Ergebnisse Ihrer Studie zeigen, dass beispielsweise die Lufthansa und Air-France/KLM in der Lage waren, ihre Kosten im Zuge des signifikanten Beschäftigungsrückgangs überproportional abzubauen. Eine Fähigkeit, die Ryanair bereits seit vielen Jahren aufweist und auch in der Corona-Krise wieder bewiesen hat. Die untersuchten amerikanischen Airlines hingegen, weisen in fast allen untersuchten Kostenpositionen eine Kostenremanenz auf, die maßgeblich auf staatliche Subventionen zurückzuführen sein könnte. Die Subventionen sind in den USA an die Bedingung geknüpft, weder Mitarbeiter freizusetzen, noch Strecken einzustellen.
Prof. Dr. Möst betrachtete die Konsequenzen von Corona aus energiewirtschaftlicher Sicht. Corona habe im Jahr 2020 zu einem Systemschock geführt. So sind die CO2-Emissionen so stark zurückgegangen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Gesunken sind zudem die Energieinvestitionen und die Stromnachfrage. Prof. Dr. Möst befürchtet dennoch ein „Zurückspringen“ der Treibhausgasemissionen. Um Emissionen auch weiterhin zu mindern sei eine Anreizung von „grünen“ Investitionen ebenso notwendig wie eine steigende CO2-Bepreisung (u.a. in Deutschland mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz). Der strukturelle Rückgang des globalen Kohleverbrauchs werde durch Corona vermutlich beschleunigt. Ein Rückgang des Energieträgers Erdöl seit ohne weitere politische Maßnahmen hingegen nicht in Sicht. Die weitere Entwicklung des Erdgasverbrauchs ist schließlich mit Unsicherheiten verbunden. In vielen Regionen könne aber ein hohes Wachstum für wahrscheinlich gehalten werden.
Prof. Dr. Florian Siems leitete aus bestehenden Ansätzen zur „Theorie des Erregungstransfers“ eine These für Beziehungsmarketing in Corona-Zeiten ab: Ersten Experimenten für zwischenmenschliche Beziehungen folgend, kann ein erster Stimulus die Wirkung eines zweiten verstärken, ohne dass dies der betreffenden Person bewusst ist. Dieser Effekt konnte auch im Marketing bereits empirische bestätigt werden: Personen, die Stress ausgesetzt sind, beurteilen z.B. Servicemitarbeitende, mit denen sie zufriedenen sind, positiver, als wenn sie keinem Stress ausgesetzt wären – vorausgesetzt, die Ursache des Stresses liegt nicht beim Unternehmen selbst. Für die Corona-Situation, die für viele Menschen mit Belastungen und Stress verbunden ist, lässt sich daraus als These ableiten: Die aktuelle Situation ist eine große Chance für Unternehmen, bei positivem Verhalten gegenüber Kunden besonders positiv wahrgenommen zu werden. Und ein großes Risiko, wenn der Kunde mit etwas nicht zufrieden ist, denn auch dieser Effekt wird voraussichtlich durch die Krise verstärkt.