20.08.2018
Neue Einblicke in neurodegenerative Erkrankungen: Optoelektronik trifft molekulare Biologie
An der TU Dresden ist ein interdisziplinäres Projekt gestartet, das die fortgeschrittenen Methoden der Optogenetik mit einer präzisen Echtzeit-Computerholographie verbindet. Durch die Kombination der optischen Systeme mit der Genetik können genetisch modifizierte Zellen mittels Licht gesteuert werden. Die Forschungsergebnisse sind für die Untersuchung von neurodegenerativen Erkrankungen (Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, etc.) von großer Bedeutung.
Die Langzeitpotenzierung (LTP) ist eine Form der synaptischen Plastizität (Fähigkeit der Synapsen, sich nutzungsabhängig zu verändern), die eine Grundlage für die Gedächtnisbildung darstellt. In neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Alzheimer-Krankheit, wird die Entstehung von LTP in einem der ersten Schritte der Krankheit verhindert. Dieser Prozess konnte bisher noch nicht vollständig aufgedeckt werden. „Der Clue ist die Zusammenführung der laseroptischen Echtzeit-Instrumentierung mit geringer Latenzzeit und mikroskopischer Ortsauflösung mit den menschlichen neuronalen Netzwerken, was bisher weltweit noch nicht durchgeführt wurde“, erklärt Prof. Czarske, Professur Mess- und Sensorsystemtechnik, TU Dresden.
Aktuelle optogenetische Untersuchungen von neuronalen Netzen werden häufig unter Verwendung von Vollfeldbeleuchtung durchgeführt, wodurch möglicherweise wichtige funktionelle Informationen maskiert werden. Dies kann vermieden werden, indem eine holographisch geformte Laserbeleuchtung eingesetzt wird. Bisherige holographische Techniken erlaubten keinen geeigneten Echtzeitbetrieb, der eine schnelle Steuerung und insbesondere die Regelung von neuronalen Aktivität ermöglicht. In diesem Kooperationsprojekt hingegen werden computergenerierte Hologramme mit ferroelektrischen Flüssigkristall-Silizium-Lichtmodulatoren (FLCoS) mit geringer Latenzzeit für einen Echtzeitbetrieb erzeugt. Neben der hohen Zeitauflösung wird mit FLCoS eine hohe räumliche Präzision bei der Stimulation von einzelnen Neuronen und sogar einzelnen Zellbereichen erreicht.
Diese Forschungsmethode ermöglicht es, LTP in einem menschlichen Umfeld zu untersuchen und bildet somit eine wichtige Grundlage für Fortschritte in der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung und der neurodegenerativen Krankheitsmodellierung. Neben technologischer Überlegenheit weist dieses Verfahren auch erhebliche ethische Vorteile auf. Denn können die hier verwendeten iPS-Zellen (induzierte pluripotente Stammzellen) aus der Haut gewonnen werden und sind im Vergleich zu embryonalen Stammzellen kaum bedenklich. Darüber hinaus erlaubt diese Methode, von Tierversuchen abzusehen.
Das Projekt „Lasersystem zur optogenetischen Stimulation für die subzelluläre Untersuchung neuronaler Netzwerke“ wurde von DFG für drei Jahre mit der Förderung von ca. 500 000 € genehmigt. Die Forschungsarbeiten bündeln die Expertise der Professur für Mess- und Sensorsystemtechnik, vertreten von Prof. Jürgen Czarske und der Forschungsgruppe von Dr. Volker Busskamp aus dem Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD).