22.02.2022
Prof. Michael Sieweke erhält ERC Proof-of-Concept-Förderung
Zelltherapien haben sich bei der Behandlung einer Reihe von Blutkrebsarten als sehr erfolgreich erwiesen. Bei soliden Tumoren sind die bestehenden Behandlungsmethoden jedoch nicht wirksam. Prof. Michael Sieweke und seine Forschungsgruppe am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden wollen diesen medizinischen Bedarf durch die Anwendung von Makrophagen als Zelltherapie für solide Tumore adressieren. Das Projekt hat jetzt eine renommierte Proof-of-Concept-Förderung des Europäischen Forschungsrates (ERC) erhalten und wird für die nächsten 18 Monate mit insgesamt 150.000 Euro gefördert.
Immuntherapien sind eine relativ neue Art von Therapeutika, bei denen gentechnisch veränderte menschliche Immunzellen eingesetzt werden. Die Zellen werden so verändert, dass sie einen bestimmten Typ von Tumorzellen erkennen und zerstören. In den letzten Jahren haben sich Immuntherapien mit gentechnisch veränderten T-Zellen als außerordentlich erfolgreich bei der Behandlung einer Reihe von Blutkrebsarten erwiesen. Allerdings sind die bestehenden Zelltherapien nicht in der Lage, solide Tumore zu behandeln, die die Mehrheit der Krebserkrankungen bei Erwachsenen ausmachen.
Forschende des CRTD möchten neuartige Zelltherapien entwickeln, die auf einer anderen Art von Immunzellen - den Makrophagen - basieren. „Eine Hauptfunktion der Makrophagen ist es, schädliches Material in unserem Körper zu zerstören, zum Beispiel Zelltrümmer, Bakterien oder auch Krebszellen", erklärt Prof. Sieweke, Alexander von Humboldt-Professor an der TU Dresden, Forschungsgruppenleiter am CRTD und Leiter des Projekts. „Makrophagen können tief in solide Tumore eindringen und in engen Kontakt mit den Krebszellen kommen, was anderen Immunzellen nur schwer möglich ist. Das macht Makrophagen - im Prinzip - zu einem perfekten Werkzeug für die Krebsbehandlung."
Um Zelltherapien auf der Grundlage von Makrophagen zu entwickeln, muss man jedoch noch viele Hürden überwinden. Makrophagen sind zwar in der Lage, Krebszellen zu zerstören, aber sobald sie Teil des Krebsgewebes geworden sind, machen sie eine bedeutende Veränderung durch. „Im Grunde genommen werden die Makrophagen von den Tumorzellen in Zellen umgepolt, die das Wachstum und die Ausbreitung des Tumors unterstützen", sagt Dr. Ludwig Englmeier, Manager für geistiges Eigentum (IP) des Projekts. Um Makrophagen als Zelltherapie einsetzen zu können, muss man auch die Zellen im Labor vermehren können, eine Technik, die als Zellkultur bekannt ist. „Vor unseren Forschungsergebnissen konnten menschliche Makrophagen, anders als T-Zellen, nicht in Zellkultur vermehrt werden. Das war wirklich ein Engpass für die Entwicklung einer Therapie", fügt Dr. Englmeier hinzu.
Um diese Hürden zu überwinden, entwickelte die Gruppe um Sieweke künstliche menschliche Makrophagen, die in Zellkultur in großer Zahl vermehrt werden können und vom Tumor nicht umgepolt werden können. Durch diese Veränderungen sind die neu entwickelten Makrophagen in der Lage, in den Tumor einzudringen und ihn zu zerstören. „Mit Hilfe der ERC Proof-of-Concept-Förderung wollen wir diese spannenden Erkenntnisse nun in eine Zelltherapie gegen solide Tumore umsetzen", ergänzt. Prof. Sieweke.
Das Projekt mit dem Namen ONCOMAC wird sich auf die Vorbereitung und die Entwicklung einer präklinischen Machtbarkeitsstudie (Proof-of-Concept-Studie) für genmanipulierte menschliche Makrophagen konzentrieren. ONCOMAC soll die Grundlage für eine Translation der Ergebnisse der Gruppe von Prof. Sieweke hin zu klinischen Studien schaffen. Insbesondere wird ONCOMAC eine Reihe komplexer analytischer Verfahren etablieren, die für „First-in-human"-Studien mit einem Arzneimittel für neuartige Therapien gemäß der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Voraussetzung sind. Die ERC Proof-of-Concept Förderung für das ONCOMAC stellt ausserdem eine Vorauswahl für die Teilnahme am hart umkämpften Förderprogramm "Transition" des Europäischen Innovationsrats (EIC) dar, das die nächsten Projektphasen unterstützen könnte.