22.03.2022
Welche Rolle spielt das Mikrobiom bei frühem Darmkrebs?
Ein nationales Konsortium unter Dresdner Leitung untersucht in einem Forschungsprojekt die Rolle des Mikrobioms bei der Entstehung von frühem Darmkrebs. Die Forscher wollen ein Frühwarnsystem für Darmkrebs entwickeln und untersuchen, ob die Beeinflussung des Mikrobioms zur Darmkrebsprävention genutzt werden kann. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Forschungsprojekt, an dem auch Wissenschaftler aus München, Heidelberg, Kiel, Rostock und Aachen beteiligt sind, mit insgesamt 3,2 Millionen Euro.
Während bei älteren Patienten die Diagnose Darmkrebs in den vergangenen drei Jahrzehnten immer seltener gestellt wird – was auch an wirksamen Vorsorgeuntersuchungen liegt – steigt bei den unter Fünfzigjährigen die Inzidenz stark an. Sie hat sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. Aktuelle Daten deuten dabei auf eine zentrale Rolle von Lebensstil-Faktoren wie mangelnde Bewegung, Übergewicht und westlicher Ernährung als Risikofaktoren hin. Diese Faktoren regulieren die Mikrobiota des Darms, die wiederum wichtige Einflüsse auf die Entstehung und das Wachstum von Darmkrebs hat. Die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Mikrobiota und Darmkrebs werden nun von Wissenschaftlern der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden gemeinsam mit Kollegen aus München, Heidelberg, Kiel, Rostock und Aachen untersucht. Sie widmen sich in einem zunächst auf vier Jahre angelegten Forschungsprojekt der „Mikrobiota-basierten Prävention von Darmkrebs bei jungen Menschen“. „Es geht darum, die Rolle von Bakterien bei der Entstehung und Ausbreitung von Darmkrebs zu identifizieren und daraus neue Therapieansätze abzuleiten“, sagt Prof. Sebastian Zeißig vom Universitätsklinikum Dresden und Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD), der zugleich das Mi-EOCRC-Konsortium leitet.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Forschungsprojekt mit insgesamt 3,2 Millionen Euro. Im ersten Schritt sollen Bakterien und bakterielle Stoffwechselprodukte identifiziert werden, die die Früherkennung von Darmkrebs bei unter 50-Jährigen ermöglichen. Die Zielgruppe, die dabei in den Fokus genommen werden soll, sind Personen mit einem familiären Risiko bzw. adipöse Personen. Darauf aufbauend soll dann untersucht werden, welche Bakterien und bakteriellen Produkte die Krebsentstehung regulieren und wie diese durch die Ernährung gezielt beeinflusst werden. „Wir möchten auf diese Weise neue Ansätze zur gezielten Beeinflussung der Mikrobiota entwickeln“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden. „Das Forschungsprojekt wird die Grundlage bilden für eine umfangreiche Kommunikationskampagne mit dem Titel „Darmkrebs bei jungen Menschen“, die über Risikofaktoren aufklären und zur Vorsorge motivieren soll.“
„Risikofaktoren für die Entstehung von Darmkrebs sind zweifelsfrei mangelnde körperliche Aktivität und daraus resultierendes Übergewicht. Aber auch unsere oft fett- und eiweißreiche sowie ballaststoffarme Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Während eine gesündere Ernährung häufig empfohlen wird, gelingt die praktische Umsetzung dieser Empfehlungen jedoch nur selten. Sollten krebsregulierende Effekte der Ernährung jedoch über die Mikrobiota vermittelt werden, könnte das neue Möglichkeiten bieten, in gezielter Weise Darmbakterien zu beeinflussen, um die Krebsentstehung zu verhindern“, so Professor Sebastian Zeißig.
Wichtige Dresdner Beiträge zu diesem Konsortium umfassen neben der Koordination des Forschungsverbundes durch Professor Zeißig die Untersuchung der Rolle von Bakterien in der Metastasierung von frühem Darmkrebs durch Prof. Sebastian Zeißig, die Untersuchung genetischer Beiträge zu Darmkrebs durch Prof. Jochen Hampe und die Gestaltung einer begleitenden Kommunikationskampagne durch Prof. Sven Engesser.
Die Wissenschaftler sind optimistisch, dass sie im Rahmen des Forschungsverbundes wichtige Hinweise liefern können, wie Mikrobiota-Signaturen zur Erkennung von frühem Darmkrebs genutzt werden und möglicherweise auch moduliert werden können, um die Krebsentstehung zu beeinflussen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Sebastian Zeissig
Medizinische Klinik I - Universitätsklinikum Dresden
Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD)
Technische Universität Dresden
Fetscherstr. 105, 01307 Dresden
Tel: +49 351 458-19171
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