11.11.2020
Corona in der Schwangerschaft
Dresdner Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der TU Dresden untersuchen die Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion bei Schwangeren und prognostizieren einen überwiegend positiven Verlauf für Mutter und Kind.
Dresden/Kiel, 11. November 2020. Eine Corona-Infektion kann jeden treffen, auch in der Schwangerschaft. Welche Folgen das für Mutter und Kind hat, untersuchen Wissenschaftler des Forschungsnetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) mit dem Projekt „COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany“ (CRONOS). Die Studie bündelt Expertise der Geburtshilfe und Neonatologie in mehr als 120 Deutschen Kliniken und wird durch die beiden Studienleiter Prof. Dr. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden und Privatdozent Dr. Ulrich Pecks, Leiter der Geburtshilflichen Abteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Kiel, koordiniert. Alle deutschsprachigen Geburtskliniken sind aufgerufen, sich an dem Register zu beteiligen. Im Zeitraum vom 3. April 2020 bis jetzt haben 66 Kliniken insgesamt 296 SARS-CoV-2 positiv getestete Schwangere gemeldet.
Nach Auswertung der Daten, die aktuell im Deutschen Ärzteblatt publiziert werden, kommt der Leiter des Fachbereiches Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Dresdner Universitätsklinikums Dresden gemeinsam mit seinem Kollegen, PD Dr. Ulrich Pecks vom Universitätsklinikum Kiel, zu dem Ergebnis, dass eine SARS-CoV-2-Infektion bei den untersuchten Schwangeren einen überwiegend günstigen Verlauf genommen habe. „Für Neugeborene hat SARS-CoV-2 insbesondere durch häufigere Frühgeburten eine Auswirkung“, erklärt Professor Mario Rüdiger. Im CRONOS-Register wurden 25 Kinder (knapp 14 Prozent) zu früh und vor der 38. Schwangerschaftswoche geboren. Es waren aber lediglich zirka zwei Prozent der Neugeborenen SARS-CoV-2 positiv getestet worden. Und in den meisten Fällen geht diese Infektion des Neugeborenen nur mit minimalen Krankheitssymptomen einher. „Ähnliche Größenordnung geben auch internationale Daten her. Das sind relativ beruhigende Zahlen. Wichtig für die Mütter ist, nach der Geburt darauf zu achten, ihr Neugeborenes nicht anzustecken“, so Prof. Rüdiger.
Der Geburtshelfer PD Dr. Pecks ergänzt, dass erfreulicherweise die meisten schwangeren Frauen einen günstigen Verlauf haben. Dennoch sei die Erkrankung ernst zu nehmen. 14 Frauen wurden intensivmedizinisch betreut. „COVID-19 stellt gerade in der Schwangerschaft eine Herausforderung dar, da Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind“, so Dr. Pecks. Zwischenzeitlich haben 185 und damit Dreiviertel der Schwangeren entbunden; die meisten auf natürlichem Weg; 75 Frauen (41 Prozent) wurden durch einen Kaiserschnitt entbunden. „Damit wurde in der untersuchten Gruppe zwar häufiger eine Kaiserschnittentbindung im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt vergangener Jahre durchgeführt, seltener aber im Vergleich zu Schwangeren in vielen anderen Ländern“, resümiert PD Dr. Pecks.
Auch während der Schwangerschaft selbst gaben über 36 Prozent der Schwangeren an, komplett symptomfrei zu sein. Wenn es unter den Frauen zu Beschwerden kam, traten Husten (37,7 Prozent) oder ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Schüttelfrost (33,6 Prozent) auf. Von einem erhöhten Ruhebedürfnis wurde in 27,5 Prozent der Fälle berichtet und eine von vier Betroffenen bemerkte Geschmacks- sowie Geruchsstörungen. Eher selten traten Übelkeit oder Schwindel auf.
„Uns gelingt es mit solchen Studien immer besser, das SARS-CoV-2-Virus zu verstehen und auch für ganz bestimmte Patientengruppen gezielte Maßnahmen zu entwickeln“, erklärt Professor Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden. Wichtig sei es daher, die Erfassung in der aktuellen Situation fortzuführen, nur so ist es möglich, die Übertragbarkeit internationaler Daten auf die deutschen Verhältnisse zu überprüfen und entsprechend adaptierte Empfehlungen zur medizinischen Versorgung abzugeben. „Diese Studie belegt zudem eindrucksvoll wie professionell die Kliniken in der Pandemie deutschlandweit zusammenarbeiten und wie schnell wichtige Ergebnisse durch die Universitätsmedizin zusammengeführt und publiziert werden können“, sagt Professor Joachim Thiery, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel und Vorstandsmitglied des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Kiel. Und er ergänzt, er hoffe, dass dieses vorbildliche Netzwerk auch nach der Pandemie erhalten bleibt.
Die Studie wurde im Ärzteblatt veröffentlicht unter DOI 10.3238/arztebl.2020.0841 (Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 841-2; ONLINE first).
Kontakt:
Professor Dr. Mario Rüdiger
Neonatologie & Pädiatrische Intensivmedizin
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
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