24.10.2018
Das große Ganze im Blick behalten - Ehrendoktorwürde für Professor Dr. Martin Hrabě de Angelis
Die Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden verleiht für seine Aktivitäten zum Wohle der Hochschulmedizin Dresden die Ehrendoktorwürde an Professor Dr. Martin Hrabě de Angelis.
Wenn man mit Martin Hrabě de Angelis spricht, fällt immer wieder das Wort „spannend“. Extrem spannend sind die Fragen, die er mit seiner Arbeit beantworten will, in der Tat. Es geht darum, wie die Gene unseren Körper und unseren Geist prägen, und darum, welche Wirkung Umwelteinflüsse haben. Wie wird Diabetes durch falsche Ernährung ausgelöst? Welche Rolle spielen Stress und Bewegung für unsere Gesundheit? Wie gefährlich sind Luftschadstoffe? Welche Wirkungen – und Nebenwirkungen – haben bestimmte Medikamente?
Es sind Dinge, die jeder gern wissen will, deren Erforschung aber einen hohen Aufwand erfordert. Denn alles ist mit allem verknüpft, und was auf der einen Seite einen positiven Effekt haben kann, ist möglicherweise auf der anderen Seite schädlich. Dieser Blick auf das große Ganze hat Hrabě de Angelis schon seit seiner Kindheit fasziniert. „Ich weiß noch genau, wie ich mit etwa sieben Jahren unter einem Baum lag und durch das Blätterdach in den blauen Himmel hinaufschaute“, erinnert er sich an ein Schlüsselerlebnis. „Da habe ich zum ersten Mal die Kraft gespürt, die in der Natur herrscht. Ich war erfüllt von großer Bewunderung und beschloss, dass ich darüber mehr erfahren wollte.“
Hrabě de Angelis studierte zunächst Biologie und Sport für das Lehramt. „Lehrer kann ich später auch noch werden“, beschloss er dann und wechselte in die Wissenschaft. Nach seiner Promotion ging er in die USA, nach Maine, und arbeitete als Post-Doc im damals führenden Mausgenetik-Zentrum der Welt – dem Jackson Laboratory in Bar Harbor. Viel hat er dort gelernt, sowohl fachlich als auch menschlich. Er schätzte die Hingabe und positive Grundstimmung, die unter den Forschern herrschte und die auch über regelmäßige 80-Stunden-Wochen hinweghalf.
Hrabě de Angelis gehört zu den international führenden Genetikern. In seiner Forschung steht die systemische Analyse im Vordergrund: Es geht nie um einen einzelnen Effekt, sondern um das Gesamtsystem. So haben er und sein Team herausgefunden, dass Mäuse, die ein bestimmtes Gen besitzen, das mit Autismus verknüpft ist, meist gleichzeitig auch unter Stoffwechselerkrankungen leiden. Die Beobachtung von anderen Mäusen, die an der Glasknochenkrankheit litten, zeigte, dass sie nach der Behandlung mit einem Medikament, das ihre Knochenerkrankung besserte, dennoch früh starben, und zwar an Herz- und Lungenkrankheiten. „Früher dachte man, dies sei eine Folge der vielen Knochenbrüche, nun aber wissen wir, dass die Herz- und Lungenprobleme ursächlich für den frühen Tod sind“, sagt Hrabě de Angelis. „Das zeigt uns, dass wir den Schirm breiter aufspannen müssen, als das in der Gesundheitsforschung bisher üblich war.“
Seit 2000 leitet er als Direktor das Institut für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München und wurde 2003 auf den Lehrstuhl für Experimentelle Genetik an der Technischen Universität München berufen. Zugleich ist er Direktor des Europäischen Forschungskonsortiums INFRAFRONTIER. 2001 gründete er die German Mouse Clinic (GMC) zur systemischen Analyse von Modellen für menschliche Erkrankungen. Prof. Hrabĕ de Angelis publizierte über 500 Originalarbeiten und ist Autor mehrerer Fachbücher. Er leitet Forschungsprojekte auf internationaler Ebene und ist einer der Gründer sowie im Vorstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung DZD e.V., das 2009 ins Leben gerufen wurde.
„Professor Dr. Martin Hrabě de Angelis hat sich mit Nachdruck für die Weiterentwicklung der Hochschulmedizin Dresden eingesetzt und ganz wesentliche Impulse gegeben“, unterstreicht Prof. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus. Dies betrifft Kooperationen mit hochrangigen Einrichtungen in den USA ebenso wie die Entwicklung des transCampus mit dem King´s College in London. Bei der Vorbereitung und Beantragung großer Projekte für den Standort Dresden (EU, SFB, Entwicklung von Gesundheitszentren) hat er wichtige Anregungen und Hilfestellung gegeben, die maßgeblich zum Erfolg der Vorhaben beigetragen haben. Letztendlich waren dies auch wichtige Schritte für die Exzellenzinitiative der TU Dresden.
Lehrer ist Hrabě de Angelis also nicht geworden, aber die Vermittlung von Wissen – privat wie öffentlich – macht ihm bis heute großen Spaß. Er besitzt das Talent, Zuhörer in seinen Bann zu ziehen und ihnen zu erklären, wie wichtig die Erforschung von Gen-Umwelt-Interaktionen ist, wenn wir eines Tages soweit kommen wollen, dass wir große Volkskrankheiten wie Diabetes, Alzheimer oder Krebs verstehen und heilen können.
Die Ehrendoktorwürde an Professor Dr. Martin Hrabě de Angelis ist am 22.10.2018 verliehen worden.
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Stephan Wiegand
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