09.02.2022
Dexamethason erleichtert das Absterben von Nierengewebe
Kortison ist eines der meistverschriebenen Medikamente überhaupt. Hochwirksames Kortison, zum Beispiel Dexamethason wird zur Therapie von Leukämien und zur Immunsuppression nach Organtransplantationen genutzt. Doch das Kortikoid kommt auch bei der Behandlung von schweren COVID-19-Verläufen zum Einsatz. Kortison ist bekannt für eine Vielzahl an Nebenwirkungen wie Osteoporose. Die Ursachen dieser Nebenwirkungen sind bisher nur unzureichend verstanden. Dresdner Forscher zeigen nun, dass Dexamethason das Absterben von Nierenkanälchen erleichtert.
Dresden, 09. Februar 2022. Schon lange war bekannt, dass Kortison einen Einfluss auf Zellsterblichkeit hat. Die Arbeitsgruppe um Dr. Anne von Mäßenhausen und Professor Andreas Linkermann ist spezialisiert auf die Mechanismen sterbender Zellen, vorrangig mit dem Ziel, den Zelltod zu blockieren.
Eine besondere Form dieses regulierten Zelltods ist die Ferroptose. Bei dem oxidativen eisenabhängigen Prozess werden Fette in der Zellmembran zerstört, was schließlich zum Absterben der Zellen führt. Diese Prozesse werden bei akuten Nierenversagen, im Rahmen der Organtransplantation, beim Herzinfarkt und beim Schlaganfall beobachtet. Die Forscher sprechen von „biologischem Rost“ und zeigen nun, dass Dexamethason sowohl in Zellkultur als auch in isolierten Nierenkanälchen die Ferroptose beschleunigt. Dieser Effekt beruht auf der Aktivität eines bestimmten Eiweißes, der Dipeptidase-1. Es handelt sich um ein Enzym, welches einen Vorläufer des Stoffwechselprodukts Glutathion abbaut. Glutathion selbst blockiert Ferroptose. Sinkt seine Konzentration, setzt die Zerstörung der Zellmembran ein.
Schon seit Jahrzehnten werden Medikamente zur Hemmung der Dipeptidase-1 bei der Antibiotikatherapie genutzt. „Die Wirkung der Dipeptidase-Blocker, z.B. Cilastatin, könnten wir nun auch als Co-Medikation bei der Gabe von Dexamethason klinisch testen“ erklärt Professor Linkermann. Nebenwirkungen von Cilastatin sind äußerst selten. Forscher aus dem Kanadischen Calgary um Prof. Daniel Muruve haben parallel gezeigt, dass Cilastatin in Mausmodellen vor dem Verlust von Nierengewebe schützt. Diese, und die Daten der Dresdner Arbeitsgruppe wurden am 02. Februar 2022 in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
„Da Kortikoide zu den häufig verschriebenen Medikamenten zählen, haben die Ergebnisse der Dresdner Forschergruppe sehr große Relevanz in unterschiedlichsten klinischen Bereichen“, sagt Professor Frank Buchholz als Forschungsdekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Und er ergänzt: „im nächsten Schritt gilt es, den Schutzmechanismus mit Cilastatin zu testen“.
Originalpublikationen:
von Mässenhausen, A., Zamora Gonzalez, N., Maremonti, F., Belavgeni, A., Tonnus, W., Meyer, C., Beer, K., Hannani, M.T., Lau, A., Peitzsch, M., Hoppenz, P., Locke, S., Chavakis, T., Kramann, R., Muruve, D.A., Hugo, C., Bornstein, S.R. and Linkermann, A. (2022) Dexamethasone Sensitizes to Ferroptosis by Glucocorticoid Receptor-induced Dipeptidase-1 expression and Glutathione Depletion. Science Advances
Lau, A., Rahn, J., Chappellaz, M., Chung, H., Benediktsson, H., Bihan, D., von Mässenhausen, A., Linkermann, A., Jenne C.N., Robbins, S.M., Senger, S.L., Lewis, I.A., Chun, J. and Muruve, D.A. (2022) Dipeptidase-1 Governs Renal Inflammation During Ischemia Reperfusion Injury. Science Advances
Kontakt:
Prof. Dr. med. Andreas Linkermann, FASN
Senior consultant nephrologist - Heisenbergprofessor
Deputy Director of the Section of Nephrology
Medical Clinic III
University Hospital Carl Gustav Carus
Fetscherstr. 74 - 01307 Dresden - Germany
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Fax: +49-351-458-5333
Email: andreas.linkermann@uniklinikum-dresden.de