02.06.2025
Die Fettleber im Fokus der Forschung: Neuer Sonderforschungsbereich an Charité und TU Dresden zur nichtalkoholischen Fettlebererkrankung

Gruppenbild mit den Projektleitern des CRC/TR 412: Sprecher Prof. Frank Tacke, Charité Berlin, (vorne Mitte) und Co-Sprecher Prof. Jochen Hampe, TU Dresden, (Reihe hinten) Dritter von links.
Wenn sich zu viel Fett in die Zellen der Leber einlagert, entsteht eine sogenannte Fettleber – die weltweit häufigste chronische Lebererkrankung. Rund ein Viertel der gesamten Bevölkerung ist betroffen. Ein neuer überregionaler Sonderforschungsbereich (SFB/Transregio 412) von Charité – Universitätsmedizin Berlin und Medizinischer Fakultät der TU Dresden widmet sich jetzt Fettlebererkrankungen, die nicht auf Alkoholkonsum, sondern auf Störungen des Stoffwechsels beruhen. Ziel ist es, die Mechanismen hinter der Krankheit noch besser zu verstehen und zielgerichtete Therapien entwickeln zu können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den Forschungsverbund mit rund 13 Millionen Euro für zunächst vier Jahre.
Medizinisch wird zwischen der durch Alkoholkonsum verursachten Fettleber und der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung unterschieden. Letztere bezeichnen Fachleute auch als metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD). Häufige Ursachen sind ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel. Ein Großteil der Patient:innen ist übergewichtig, aber ebenso können Stoffwechselstörungen und Diabetes eine Rolle spielen. Menschen mit einer verfetteten Leber haben ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Folgeerkrankungen wie eine Vernarbung des Organs, die sogenannte Leberzirrhose, und Leberkrebs.
Welche zellulären Prozesse sind für die stoffwechselbedingte Fettlebererkrankung verantwortlich? Welche Faktoren sind maßgebend für die Entstehung und Entwicklung der Krankheit? Und wie lässt sich dieses Wissen nutzen, um wirksame und personalisierte Therapien zu etablieren? Diesen Fragen wird der neue Sonderforschungsbereich/Transregio 412 „Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease: Translating mechanisms to tailored therapeutic concepts” der Charité und der Technischen Universität Dresden zusammen mit dem M3 Forschungszentrum der Universität Tübingen als externem Partner nachgehen. Ein interdisziplinärer Ansatz, modernste Technologien der molekularen Medizin sowie Bioinformatik tragen dazu bei, gänzlich neue und umfassende Einblicke in das Wechselspiel zwischen beteiligten Zellen und in die Krankheitsmechanismen zu gewinnen.
„Mit einer zunehmend älteren und vermehrt übergewichtigen Bevölkerung wird die stoffwechselbedingte Fettlebererkrankung MASLD, immer häufiger vorkommen. Umso wichtiger ist es, dass wir die Krankheit besser verstehen lernen, damit wir sie gezielter behandeln können“, erklärt Prof. Frank Tacke, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie der Charité. Der Sprecher des jetzt bewilligten SFB ergänzt: „Medikamente, die sich gegen die zugrundeliegenden Risikofaktoren wie Fettleibigkeit und Insulinresistenz richten, haben zwar eine gewisse Wirksamkeit bei dieser Erkrankung, doch direkt auf die Leber abzielende Therapien fehlen noch.“
Genau hier setzen die Forschenden an: „Wir wollen das neu gewonnene Wissen über zelluläre Prozesse des Krankheitsgeschehens nutzen, um personalisierte Therapien zu etablieren“, erklärt Prof. Jochen Hampe, stellvertretender Sprecher des neuen SFB. „Die Dresdener Forschungsgruppen bringen ihre besonderen Stärken in den Bereichen der Lipidanalytic, der genomischen Analyse und im Immunmetabolismus ein. Sie untersuchen, wie Fettstoffwechsel, Zellprogramme und Immunprozesse in der Leber aus dem Gleichgewicht geraten und so die Krankheit vorantreiben“, erläutert der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik 1 des Universitätsklinikums Dresden und Professor an der Medizinischen Fakultät der TUD. Durch die enge Zusammenarbeit von Dresdener und Berliner Forschungsgruppen kann ein starkes Gesamtbild vom Zellmechanismus bis zur Therapie entstehen.
Im Schulterschluss ergründen die Forschenden, wie Fettstoffwechsel, Zellprogramme und Immunprozesse in der Leber aus dem Gleichgewicht geraten und so die Krankheit vorantreiben. Ein Gesamtbild vom Zellmechanismus bis zur Therapie soll entstehen, um anschließend innovative Kombinationstherapien in experimentellen Modellen zu erproben. Neben dem ganzheitlichen Verständnis wird sich der Forschungsverbund auf Prävention und Behandlung der MASLD konzentrieren, noch bevor es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen kann.
„Dieses Projekt ist für alle Beteiligten eine herausragende Chance, ihre Arbeit in einem international einzigartigen, exzellenten Forschungsverbund auf ein neues Niveau zu heben. Insbesondere für unseren wissenschaftlichen Nachwuchs ergeben sich viele neue Möglichkeiten und Kooperationen“, erklärt Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät der TU Dresden.
„Gesellschaftlich ist das Projekt hochrelevant, da MASLD eine der häufigsten chronischen Erkrankungen ist und bisher kaum gezielte Therapien existieren. Wir leisten hier in Dresden gemeinsam im Verbund mit Berlin einen zentralen Beitrag zur Entwicklung personalisierter Medizin in einem der drängendsten Krankheitsfelder unserer Zeit“, ergänzt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums.
Der Sonderforschungsbereich CRC/TR 412 „Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease: Translating mechanisms to tailored therapeutic concepts”: https://berlindresdennafld.org/
Sonderforschungsbereiche der DFG
Sonderforschungsbereiche (SFBs) sind langfristige Forschungseinrichtungen, die die Bearbeitung innovativer und anspruchsvoller Forschungsvorhaben im Verbund ermöglichen. Im Gegensatz zu einem klassischen SFB wird ein SFB/Transregio (TRR) nicht von einer, sondern von zwei oder drei Hochschulen gemeinsam beantragt und getragen. Die Projekte werden von der DFG zunächst für vier Jahre finanziell gefördert. Die Förderung kann nach erfolgreicher Evaluation um zwei weitere Förderperioden von je vier Jahren verlängert werden.
Kontakt:
Prof. Dr. Frank Tacke
Direktor der Medizinischen Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie
Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum
Charité – Universitätsmedizin Berlin
+49 30 450 553 022
Prof. Dr. Jochen Hampe
Medizinische Fakultät der TUD
Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik 1 UKD
Hochschulmedizin Dresden
+49 351 458 17570