22.03.2022
Knochenbrüche bei Diabetes mellitus – EU-Projekt erforscht neue Behandlungskonzepte
Patienten mit Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche. Daher forschen Wissenschaftler und Ärzte des FIDELIO-Projekts an modernsten Bildgebungsverfahren und Medikamenten, um die Knochengesundheit der Betroffenen langfristig zu erhalten. Das Forschungsvorhaben wird von der EU mit 3,8 Millionen Euro gefördert. In ihrem neuesten Artikel berichten sie über den aktuellen Stand der Forschung und geben einen Ausblick auf die Therapien der Zukunft.
Dresden, 22. März 2022. Die Wahrscheinlichkeit einen Knochenbruch zu erleiden, ist bei Patienten mit Diabetes im Vergleich zu Nichtdiabetikern generell 32 Prozent höher. Knochenbrüche sind ernstzunehmende Komplikationen, sie müssen oft aufwendig operativ versorgt werden, schränken die Beweglichkeit der Patienten stark ein und wirken sich auch auf die Stoffwechselfunktion negativ aus – eine Abwärtsspirale droht. „Eine schlechte Blutzuckereinstellung beeinträchtigt die Wund- und Knochenheilung. Die Folge sind häufige Infektionen und ein verlangsamter Heilungsprozess.“, erklärt Prof. Lorenz Hofbauer, der am Universitätszentrum für Gesundes Altern (UCGA) Patienten mit diabetischer Knochenerkrankung behandelt. „Dies belastet nicht nur die Patienten und ihre Familien, sondern führt auch zu längeren und teureren Krankenhausaufenthalten.“
Bei Patienten mit Typ 1-Diabetes mellitus (T1DM) geht man davon aus, dass die fehlende knochenaufbauende Wirkung von Insulin zu einer geringeren maximalen Knochenmasse führt, der Knochen ist allgemein graziler. Bei Typ 2-Diabetes mellitus hingegen (T2DM) ist das Frakturrisiko trotz normaler oder sogar erhöhter Knochendichtewerte erhöht, möglicherweise aufgrund einer schlechten Knochenqualität. Die genauen Ursachen sind noch nicht abschließend geklärt.
Gemeinsam mit Partnern aus dem EU-Projekt FIDELIO (Knochengesundheit bei Diabetes) haben Professorin Martina Rauner und Professor Lorenz Hofbauer kürzlich den aktuellen Wissensstand im renommierten Wissenschaftsjournal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht. Neben aktuellen Erkenntnissen zur Rolle des Gefäß- und Immunsystems bei der Entstehung und daraus abgeleiteten neuen Biomarkern gehen sie vor allem auf innovative Bildgebungstechnologien ein, denn: „Knochendichtemessungen mit dem Standardverfahren DXA (Dual-Energy X-ray Absorptiometry) erfassen das Frakturrisiko bei Diabetes mellitus nicht zuverlässig. Das erschwert eine gezielte Diagnose. Außerdem sind aktuelle Therapien bisher nur in Studien mit postmenopausaler Osteoporose validiert wurden“, erklärt Prof. Hofbauer.
„Tatsächlich hat man im Rahmen einer neuen Studie festgestellt, dass besonders Diabetes mellitus Typ 2 als ein Modell des beschleunigten Alterns bezeichnet werden kann.“, bestätigt Professorin Martina Rauner, die das Forschungslabor des UCGA leitet. „Dieses Konzept ist die Grundlage für die Entwicklung neuartiger Medikamente, den sogenannten „Senolytika“, die speziell auf die Eliminierung alternder Zellen abzielen.“, so Prof. Rauner.
Das FIDELIO-Projekt ist ein von der EU gefördertes multinationales und interdisziplinäres Ausbildungsnetzwerk, in dem junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in verschiedensten Disziplinen ausgebildet werden und an der Entwicklung der neuesten Bildgebungsverfahren und Therapien direkt beteiligt sind. In Dresden untersuchen die beiden aus Frankreich und Dänemark stammenden FIDELIO-Forscherinnen die Verbindung zwischen Knochenstoffwechsel, Immun- und Gefäßsystem im Zusammenhang mit Diabetes mellitus.
„Der wissenschaftliche Nachwuchs im FIDELIO-Projekt ist maßgeblich an der weiteren Entwicklung dieser Therapien beteiligt und leistet einen bedeutenden Beitrag, um diabetische Frakturen künftig zu verhindern und die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern.“, so Prof. Hofbauer.
Das Projekt ist ein wichtiger Baustein für das Forschungsprofil der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, die sich seit Jahren erfolgreich neben onkologischen, neurologisch/psychiatrischen auch den metabolischen Erkrankungen widmet, sagt die Dekanin Prof. Esther Troost. Sie ergänzt: „Besonders freut mich dabei natürlich, dass es junge Forscherinnen und Forscher sind, die interdisziplinär und international zusammenarbeiten, um Erfolge neuer Behandlungswege auszuloten“.
Kontakt:
Prof. Dr. med. Lorenz C. Hofbauer
Bereich Endokrinologie, Diabetes und Knochenerkrankungen
& UniversitätsCentrum für Gesundes Altern
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
https://www.fidelio-project.eu
https://twitter.com/FIDELIO_ITN
Tel.: 0351-458 14354
Original publication:
Hofbauer LC, Busse B, Eastell R, Ferrari S, Frost M, Müller R, Burden AM, Rivadeneira F, Napoli N, Rauner M. Bone fragility in diabetes: novel concepts and clinical implications. Lancet Diabetes Endocrinol. 2022 Mar;10(3):207-220. doi: 10.1016/S2213-8587(21)00347-8