May 28, 2020
Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum der TU Dresden starten Studie zur Verbreitung des Sars-CoV-2-Virus an sächsischen Schulen
Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums der TU Dresden wollen die Ausbreitung des Corona-Virus kontrollieren und testen dafür 1000 Ober- und Berufsschüler sowie Gymnasiasten in Dresden und im Landkreis Bautzen. Sie planen zudem eine zweite Testreihe in Kindergärten. Die soll ganz ohne Blutentnahme funktionieren.
Die ersten Blutproben sind schon entnommen. Seit dem 25. Mai 2020 ist ein Ärzteteam der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums der TU Dresden an sächsischen Schulen unterwegs. In insgesamt zehn Einrichtungen wurden rund 1500 Schüler der Klassenstufen 8 bis 11 angeschrieben, um sich freiwillig nach Rücksprache mit ihren Eltern an der Studie zu beteiligen. „Wir planen mit rund 1000 Studienteilnehmern“, sagt Professor Reinhard Berner von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Carls Gustav Carus. Er betreut gemeinsam mit Dr. Jakob Armann die Studie. „Das Universitätsklinikum Dresden hat in der Corona-Krise als Koordinator der Zentralen Krankenhausleitstelle Dresden-Ostsachsen bereits eine führende Rolle eingenommen“, so Professor Michael Albrecht, Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden. „Das daraus entstandene Vertrauen in unsere Arbeit bestärkt uns nun, auch wissenschaftlich und präventiv die Pandemie zu überwinden.“
Den jugendlichen Studienteilnehmern werden von dem Ärzteteam jeweils fünf Milliliter Blut entnommen. Das Serum soll in dem Institut für Mikrobiologie auf Antikörper gegen das Sars-CoV-2-Virus untersucht werden. „Wir erhoffen uns davon einen Aufschluss über die Durchseuchungsrate in der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen“, so Professor Berner. Parallel besteht für die Lehrerschaft der jeweiligen Schulen die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Nach einer ersten Blutentnahme, die für alle Schulen voraussichtlich Mitte Juni abgeschlossen sein wird, soll es voraussichtlich noch vor den Sommerferien eine zweite Testreihe geben. Der Vergleich der beiden gewonnenen Datenreihen liefert Erkenntnisse darüber, ob und wie stark sich das Virus in den einzelnen Altersgruppen verbreitet. Zu der Studie, die in Abstimmung mit den Sächsischen Staatsministerien für Kultus sowie für Wissenschaft, Kultur und Tourismus erfolgt, gehört eine dritte Testreihe, die je nach Infektionsgeschehen im Herbst beziehungsweise vor den Weihnachtsferien stattfinden soll.
„Die Bereitschaft, sich an dem wissenschaftlichen Projekt zu beteiligen, ist sehr groß“, sagt Professor Reinhard Berner. Schon in den ersten anderthalb Tagen konnten fast 200 Blutproben entnommen werden. Nach den serologischen Untersuchungen verbliebenes Blut möchten die Studienmacher für fünf Jahre in der Kinderklinik des Dresdner Uniklinikums aufbewahren, um es für weitere Forschungen zu Biomarkern der Covid-19-Erkrankung zu nutzen. Das Einverständnis der Probanden wird dazu ergänzend abgefragt, genauso wie die Bereitschaft, über das Ergebnis des Antikörpertestes informiert werden zu wollen.
Abgeleitet von den aktuellen Zahlen der in Sachsen bisher diagnostizierten Covid-19-Patienten rechnet Professor Berner mit einer derzeitigen Durchseuchungsrate von rund einem bis drei Prozent. „Überraschungen sind aber durchaus möglich. Wir wissen es einfach nicht. Das macht die Studie so spannend“, so der Wissenschaftler. Die Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen habe man deshalb bewusst ausgewählt, weil sich diese Schüler in größerem Maße unabhängig von ihrem Elternhaus und Schule und vielleicht auch den Vorgaben der Allgemeinverfügung bewegen. Sie haben damit auch eine entsprechend große Zahl von Kontaktpersonen. Professor Berner warnt aber ausdrücklich, ein positiver Antikörpertest sei kein Freibrief. „Es gibt bei jedem Test auch sogenannte falsch positive Befunde, die vermeintliche Antikörper anzeigen, die tatsächlich gar nicht vorhanden sind. Aufgrund der geringen Durchseuchungsrate kann deren Anteil derzeit sogar noch höher liegen als der der richtig positiven. Entscheidend sei daher, sich die Antikörperentwicklung im Verlauf anzusehen.“, so der Kinder- und Jugendmediziner.
Er möchte mit seinem Team auch die Virusausbreitung bei jüngeren Kindern untersuchen. Dazu wird es in Absprache mit den Sächsischen Staatsministerien für Kultus sowie für Wissenschaft, Kultur und Tourismus eine zweite Studie geben, die in den kommenden Wochen startet. In Kindergärten sollen in regelmäßigen Abständen Stuhlproben entnommen und mikrobiologisch untersucht werden. Das SARS-CoV-2-Virus lässt sich in den Ausscheidungen nachweisen, wenn eine Infektion bereits abgelaufen ist. „Der große Vorteil ist dabei, dass wir bei den Kindern durch regelmäßige Untersuchungen eine vorangegangene Infektion ganz ohne Blutentnahme nachweisen können“, so Professor Berner. Der Zeitraum für beide Studien erstreckt sich über insgesamt etwa zwei Jahre. Die Finanzierung stellt der Freistaat Sachsen zur Verfügung.
Die Daten der Studienteilnehmer werden mit einem Nummern- und/oder Buchstabencode pseudonymisiert. Nur das Daten-erhebende Zentrum in Dresden kann die Proben zurückverfolgen, um dem Teilnehmer - wenn von ihm gewünscht - sein Testergebnis zu übermitteln. Werden die Daten weitergegebenen, beispielsweise für vergleichende Forschung zwischen den Bundesländern, sind sie komplett anonymisiert. Alle Vorschriften des Datenschutzes werden entsprechend eingehalten.
Liste der beteiligten Schulen (vorläufig):
Dresden
Marie-Curie-Gymnasium
Gymnasium Dresden-Plauen
30. Oberschule Dresden
25. Oberschule Dresden
Berufliches Schulzentrum für Gastgewerbe
Berufliches Schulzentrum für Elektrotechnik Dresden
Landkreis Bautzen
Sorbische Gymnasium, Bautzen
Oberschule Gesundbrunnen, Bautzen
Oberschule „Geschwister Scholl“, Krauschwitz
Oberschule Elstra
Kontakt:
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Uniklinikum Dresden
Professor Reinhard Berner
Tel.: +49 351 458 2508
Mail: