22.04.2021
Professorin Dagmar Kulms erhält Oscar-Gans-Förderpreis für experimentelle Dermatologie
Einer von drei Oscar-Gans-Förderpreisen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e.V. (DDG) geht in diesem Jahr an Prof. Dagmar Kulms. Die Leiterin des Bereichs „Experimentelle Dermatologie“ des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) erhält die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihre Arbeit zur Entschlüsselung eines bislang unbekannten Überlebensmechanismus im Zellkern besonders aggressiver Tumorzellen. Der Preis wurde im Rahmen der 51. Jahrestagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 14. bis 17. April 2021 in Berlin verliehen.
Tumorzellen vermehren sich meist besonders schnell. Sie setzen dabei Kontrollmechanismen außer Kraft, mit denen der Körper zu verhindern versucht, dass sich kranke Zellen vermehren. Prof. Dagmar Kulms hat gemeinsam mit ihrem Team und Kollegen aus acht verschiedenen Ländern einen molekularen Akteur identifiziert, der dabei eine wichtige Rolle spielt: das Enzym Caspase-8. Es reichert sich bei aggressiven Krebszellen im Zellkern an und setzt dort einen Prozess in Gang, der den gefährlichen Zellen das Überleben sichert. Die Forscher sehen deshalb in Caspase-8 einen möglichen Angriffspunkt für eine zielgerichtete Krebstherapie. Ließe sich das Enzym im Zellkern hemmen, wäre es denkbar, verschiedene Krebserkrankungen, bei denen dieser Mechanismus eine Rolle spielt, auch in fortgeschrittenen Stadien wirkungsvoll zu bekämpfen.
Neben Caspase-8 ist auch das im Zellkern enthaltene Protein p53 ein wichtiger Akteur im neu entdeckten Mechanismus. p53 sorgt im Normalfall dafür, dass Zellen mit stark geschädigter DNA in den programmierten Zelltod – eine Art Selbstmordprogramm der Zelle – überführt werden. „Wir konnten erstmals zeigen, dass Caspase-8 im Zellkern ein spezielles Protein – USP28 – spaltet, das dafür verantwortlich ist, den p53-Spiegel in Krebszellen mit erhöhter DNA-Schädigung anzureichern. In der Folge wird p53 vermehrt abgebaut und kann seine Kontrollfunktion nicht mehr ausüben. Zellen mit geschädigter DNA werden dann nicht mehr in den programmierten Zelltod getrieben, sondern stattdessen der Zellteilung zugeführt“, erklärt Dagmar Kulms.
Die Wissenschaftler konnten den Mechanismus im Labor anhand von Patientengewebe sowie zahlreichen Zelllinien für das maligne Melanom und Prostatakrebs belegen. Zum gleichen Ergebnis führten Untersuchungen an Zelllinien weiterer Tumorarten, darunter Bauchspeicheldrüsenkrebs, Blasenkrebs, Brustkrebs, Darmkrebs, Eierstockkrebs, Hodenkrebs, Lungenkrebs, Nierenkrebs und Tumoren des Gehirns. Bei der Suche nach einer geeigneten Therapie möchten die Forscher nun den Umstand nutzen, dass Caspase-8 sich nur bei besonders aggressiven Krebszellen im Zellkern anreichert und dort das Protein USP28 spaltet. Ließe sich die Interaktion von Caspase-8 und USP28 mit einem chemischen Wirkstoff spezifisch hemmen, könnten die aggressiven Tumorzellen künftig sehr gezielt bekämpft werden. Gemeinsam mit spezialisierten Chemikern wollen die Wissenschaftler künftig an einem entsprechenden Wirkstoff forschen.
Publikation: Ines Müller, Elwira Strozyk, Sebastian Schindler, Stefan Beissert, Htoo Zarni Oo, Thomas Sauter, Philippe Lucarelli, Sebastian Raeth, Angelika Hausser, Nader Al Nakouzi, Ladan Fazli, Martin E. Gleave, He Liu, Hans-Uwe Simon, Henning Walczak, Douglas R. Green, Jiri Bartek, Mads Daugaard and Dagmar Kulms: Cancer cells employ nuclear caspase-8 to overcome the p53-dependent G2/M checkpoint through cleavage of USP28. In: Molecular Cell, Volume 77, Issue 5, 5 March 2020, Pages 970-984.e7. https://doi.org/10.1016/j.molcel.2019.12.023