02.04.2019
Richtungsweisend für zukünftige Therapie des T2D: Internationales Konsortium mit Dresdner Beteiligung weist erstmalig bessere Wirksamkeit eines oral verfügbaren GLP-1-Agonisten als DPP-IV Inhibitors nach
Unter Beteiligung von Forschern des Paul Langerhans Institut Dresden (PLID) des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden konnte erstmals ein GLP-1 Rezeptoragonist in Tablettenform mit der geläufigsten Second-line Therapie des T2D, einem DPP-IV Inhibitor, verglichen werden. Die Untersuchungen dazu fanden im Rahmen einer internationalen, randomisierten Doppelblindstudie parallel in Japan, Frankreich, England, Mexiko, Dänemark, den USA und Deutschland statt. Die Ergebnisse der PIONEER-3 genannten Studie wurden nun in der renommierten Zeitschrift ´Journal of the American Medical Association (JAMA)´ veröffentlicht.
In Deutschland ist etwa einer von zehn Menschen von einem Diabetes betroffen und es wird derzeit angenommen, dass die Anzahl an Patienten mit Diabetes in den kommenden 20 Jahren weltweit auf etwa eine halbe Milliarde ansteigen wird. Darüber hinaus sterben noch immer Patienten mit Diabetes 2-3 häufiger an kardiovaskulären Erkrankungen als Menschen ohne Diabetes. Daher werden neue Blutzucker-senkende Medikamente, die besser wirksam sind als die bisher verfügbaren Verbindungen, dringend benötigt.
Vor diesem Hintergrund wurden in den letzten Jahren sogenannte Inkretin-Analoga, also Medikamente, die wie das Darmhormon GLP-1 zur Insulinausschüttung in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse führen und gleichzeitig das Hungergefühl im Gehirn reduzieren, entwickelt. „Leider müssen diese Medikamente bislang, wie alle Peptid-basierten Medikationen aufgrund ihrer chemischen Struktur, per subkutaner Injektion verabreicht werden und können nicht oral als Tablette eingenommen werden“, so Prof. Dr. Andreas Birkenfeld, Mitautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am Paul Langerhans Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. „Glücklicherweise ist es nun aber erstmals gelungen den GLP-1 Rezeptoragonisten (GLP-1RA) Semaglutid, durch eine Kombination mit einem Absorptionsverstärker, als Tablette verfügbar zu machen. Diese Technologie öffnet möglicherweise auch die Tür andere Peptide, wie beispielsweise Insulin, in Zukunft in Tablettenform zu entwickeln“ erläutert Prof. Birkenfeld.
Ein internationales Konsortium, an dem auch Prof. Birkenfeld beteiligt ist, hat für Ihre Untersuchungen erstmalig eine internationale randomisierte, doppelblinde Studie durchgeführt, um Semaglutid in Tablettenform gegen die am häufigsten als Second-Line-Therapie verschriebene Diabetes-Medikation in Deutschland, Sitagliptin, zu vergleichen. In der 78-wöchigen PIONEER-3 Studie wurden 1864 Erwachsene mit diagnostiziertem Typ-2-Diabetes verglichen, welche entweder Metformin (mit oder ohne Sulfonylharnstoff), orales Semaglutid in drei verschiedenen Dosierungen, oder Sitagliptin (100 mg/d) einnahmen. Dabei zeigte sich, dass orales Semaglutid dem Sitagliptin (jeweils in der höchsten Dosis) hinsichtlich der Blutzuckersenkung sowie der Reduktion des Körpergewichts überlegen war. Häufigste Nebenwirkungen der GLP-1RA waren gastrointestinale Effekte, wie Übelkeit. Diese waren zwar häufiger mit Semaglutid als mit Sitagliptin, jedoch sind diese bereits von anderen GLP-1RA bekannt und sind in vielen Fällen vorübergehend, so dass GLP-1RA als sicher eingestuft werden.
„Ich freue mich, dass in dem Editorial in JAMA die PIONEER-3 Studie als ein weiterer Fortschritt in der Therapie der Patienten mit Typ 2 Diabetes bewertet wird. Wesentlich ist dabei, dass erfolgreich eine Technologie entwickeln wurde, die die orale Verfügbarkeit von peptidbasierten Medikamenten ermöglicht. Dieses Vorhaben wird seit 1924 erfolglos mit Insulin probiert, weshalb dieser Durchbruch durchaus aus wesentlich eingestuft wird“ erläutert Prof. Birkenfeld. Insgesamt deuten die Ergebnisse der PIONEER-3 Studie zusammen mit anderen neueren Studien darauf hin, dass die Einführung von Semaglutid, der ersten oralen Zubereitung eines GLP-1RA, bei der das subkutane Mittel einen positiven kardiovaskulären Nutzen gezeigt hat, eine wichtige Ergänzung der wachsenden Liste pharmakologischer Optionen für die Behandlung von Typ-2-Diabetes ist. Diese Studie wird zusammen mit weiteren Studien, an denen das PLID beteiligt ist, in den kommenden Jahren wesentlich die Behandlung der Patienten mit Typ 2 Diabetes beeinflussen.
Originalpublikation:
Rosenstock J, Allison D, Birkenfeld AL, Blicher TM, Deenadayalan S, Jacobsen JB, Serusclat P, Violante R, Watada H, Davies M; PIONEER 3 Investigators. Effect of Additional Oral Semaglutide vs Sitagliptin on Glycated Hemoglobin in Adults With Type 2 Diabetes Uncontrolled With Metformin Alone or With Sulfonylurea: The PIONEER 3 Randomized Clinical Trial. JAMA. 2019 Mar 23. doi: 10.1001/jama.2019.2942. [Epub ahead of print]
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2729339