01.07.2019
Startschuss für den Sonderforschungsbereich/Transregio 265 „Verlust und Wiedererlangung der Kontrolle bei Suchterkrankungen: Verläufe, Mechanismen und Interventionen“
Ab heute fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft den neuen SFB/Transregio (TRR 265) mit einer Gesamtsumme von 11 Millionen Euro. Der neue SFB wird zunächst für eine Dauer von vier Jahren gefördert. Die maximale Dauer der Förderung beträgt 12 Jahre. Im TRR 265 kooperieren Dresdner Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus und der Fakultät Psychologie der TU Dresden mit Kollegen aus der Charité Berlin und dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.
„Die Bewilligung dieses ersten SFBs zur Erforschung von Suchterkrankungen stellt einen Meilenstein in der Forschungsgeschichte Deutschlands dar und wird der gesellschaftlich großen Bedeutung dieser Erkrankungen gerecht“, betont Prof. Michael Bauer, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UKD.
Einer der Hauptrisikofaktoren für Tod und Behinderung weltweit ist der Konsum von Rauschmitteln, wie Alkohol, Tabak und illegale Drogen. Es ist bislang viel über die individuellen und gesellschaftlichen Faktoren, die den Konsum von Drogen beeinflussen bekannt. Allerdings sind die Faktoren und Mechanismen, die dazu beitragen, die Kontrolle über die Einnahme von Rauschmitteln zu verlieren und wiederzugewinnen weitgehend unbekannt. Da abhängiges Verhalten durch einen Mangel an Kontrolle über den Konsum charakterisiert ist, ist ein besseres Verständnis dieser Faktoren und Mechanismen entscheidend, um zukünftig Menschen mit Suchterkrankungen besser behandeln zu können.
„Genau das ist unser Forschungsansatz“, sagt Professor Michael Smolka, Leiter des Forschungsbereiches Systemische Neurowissenschaften an der Klinik für Psychiatrie des Universitätsklinikum Dresden. „Die Hauptziele unseres Forschungskonsortiums sind die Identifizierung von Triggern und modifizierenden Faktoren, die den Verlauf des Verlusts und der Wiedererlangung der Kontrolle über den Drogenkonsum im wirklichen Leben modulieren sowie die Untersuchung der neurobiologischen Mechanismen“. Dabei wird kognitiver Kontrolle, körperlicher Aktivität, Alter und Geschlecht eine große Bedeutung beigemessen. „Am Ende wollen wir uns nicht abseits aller Praxis bewegen“, so der Dresdner Wissenschaftler weiter. Ein Schwerpunkt der kommenden Arbeit liegt in der Entwicklung und Erprobung von Interventionen, die speziell auf die zugrundeliegenden Mechanismen abzielen, um die Kontrolle über den Substanzkonsum zurückzugewinnen.
Das besondere Innovationspotenzial des Sonderforschungsbereichs basiert auf drei aktuellen Entwicklungen in der Forschung:
- Der Übergang vom kontrollierten zum abhängigen Drogenkonsum ist als ein Kontinuum zu verstehen, welches auch eine Heilung nicht ausschließt.
- Eine rechnerische Modellierung beobachtbaren Verhaltens erlaubt wichtige Rechenschritte (bspw. Vorhersagefehler) zu erschließen und damit deren neurobiologische Korrelate in Bezug auf Lernprozesse oder die Verhaltenskontrolle aufzudecken.
- Technologische Fortschritte bei mobilen Gesundheitstools (z.B. bei Smartphones oder Sensoren) erlauben die Erfassung kognitiver und emotionaler Zustände, von Substanzkonsum und Umweltfaktoren im Alltag. Auf dieser Basis könnten Risikosituationen erkannt und die Betroffenen gewarnt werden.
Kontakt
Prof. Dr. med. Michael N. Smolka
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Forschungsbereich Systemische Neurowissenschaften
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