05.09.2019
Wie beeinträchtigt Diabetes den Knochen?
Diabetes mellitus ist eine weitverbreitete Stoffwechselerkrankung, umgangssprachlich auch „Zuckerkrankheit“ genannt, die den gesamten Organismus der Patienten aus dem Lot bringt. Dies beeinträchtigt auch die Knochengesundheit erheblich. Folgen sind eine erhöhte Frakturgefahr und eine schlechtere Heilung von Knochenbrüchen. Um die Zusammenhänge zwischen dieser Stoffwechselerkrankung und dem Knochensystem zu untersuchen, startet im Oktober 2019 das EU-Projekt „FIDELIO“. Das von Wissenschaftlern der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden koordinierte europäische Konsortium wird von der EU mit insgesamt 3,8 Millionen Euro gefördert. In diesem Rahmen werden 14 ambitionierte Nachwuchswissenschaftler ausgebildet, um die zukünftigen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft zu meistern.
Ein kräftiger und stabiler Knochen widersteht Brüchen. Die Regulierung des Knochenstoffwechsels wird beeinflusst durch Hormone, mechanische Belastung und nicht zuletzt auch durch genetische Veranlagung. Sind die Patienten an Diabetes mellitus erkrankt, ergeben sich vielfältige Wechselwirkungen zwischen Zucker- und Knochenstoffwechsel, die gegenwärtig nur unvollständig verstanden sind. Diabetes mellitus ist eine ernstzunehmende Erkrankung, welche den gesamten Organismus beeinträchtigt. Gut bekannte Beispiele sind das Herz, die Nieren oder die Augen. Was aber lange Zeit nicht erkannt wurde, ist, dass Diabetes mellitus auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Knochengesundheit hat, was eine erhöhte Frakturgefahr und schlechtere Heilung nach sich zieht. Alternative: Seit wenigen Jahren wurde nun jedoch auch erkannt, dass Diabetes zu einer erhöhten Anzahl von Frakturen führt und zusätzliche die Knochenheilung verlangsamt.
Wie genau schädigen Typ 1- als auch Typ 2-Diabetes das Skelett? Welche Rolle spielen Entzündungsprozesse und Gefäßschäden dabei? Welche neuen Therapieansätze ergeben sich daraus? Wie lassen sich Frakturen bei Diabetikern wirksamer verhindern? Dies sind einige Fragen, die sich die Wissenschaftler des FIDELIO-Netzwerkes stellen. Sie versprechen sich durch die Zusammenarbeit im Verbund und mit der Industrie weitreichende Erkenntnisse im Zusammenhang mit diabetischen Knochenerkrankungen. Neue genetische und epigenetische diagnostische Marker könnten Patienten mit einem erhöhten Risiko für Knochenfrakturen besser identifizieren. Wesentlich für eine präzise Diagnose sind ferner bildgebende Verfahren. In Zusammenarbeit mit der Industrie werden neue bildgebenden rechnergestützte Verfahren für mechanisch-biologische Knochenvisualisierungen weiterentwickelt, um Knochenveränderungen frühzeitig aufzuspüren, bevor sie zu Frakturen führen.
FIDELIO steht für „Training network for research into bone fragility in diabetes in Europe towards a personalised medicine approach“ und wird gemeinsam durch die Professoren Martina Rauner und Lorenz Hofbauer des Bone Lab der Medizinischen Fakultät der TU Dresden koordiniert. „Es bedarf hoch qualifizierter Wissenschaftler, um diesen Fortschritt und diese Entwicklung zu realisieren. FIDELIO wird 14 Nachwuchswissenschaftler in einem interdisziplinären und internationalen Umfeld ausbilden und ihnen umfangreiches Wissen und Fertigkeiten über die ganze Prozesskette an die Hand geben,“ sagt Martina Rauner, Biotechnologin und Professorin des Bone Lab Dresden. „FIDELIO ist ein klares Bekenntnis zu Europa. Wir haben englische, dänische, niederländische, italienische und schweizer Topuniversitäten an Board, aus Deutschland sind die beiden Exzellenz-Universitäten TU Dresden sowie Hamburg mit von der Partie sowie ein österreichisches BioTech-Unternehmen“ so der Hormonexperte Lorenz Hofbauer. „Wir erwarten einen lebendigen konzeptionellen und methodischen Austausch der Nachwuchswissenschaftler an allen Standorten. Dieser Innovationsschub tut uns allen gut.“
Die Forscher und Mediziner hoffen, aus diesen Erkenntnissen möglicherweise neue Behandlungsansätze für eine bessere Knochenqualität bei Typ 1 und Typ 2 Diabetes mellitus zu entwickeln. Die Klärung der vielfältigen Abhängigkeiten und Wirkmechanismen zwischen Glukose-, Fett- und Knochenstoffwechsel bedeutet vor allem für die Patienten einen wichtigen Schritt auf dem Weg der Prävention und Therapie ihrer Erkrankung. Sie können das Wissen um Knochengesundheit und eine verbesserte Knochenqualität vergrößern, um letztendlich schmerzhafte Frakturen zu verhindern und die Lebensqualität Betroffener zu erhöhen.
Das Ziel des EU-Netzwerkes ist neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen die Unterstützung der besten Köpfe in Europa in den unterschiedlichen Phasen ihrer wissenschaftlichen Karriere. Die EU-Maßnahme Innovative Training Networks (ITN) fördert die innovative und strukturierte Ausbildung von Nachwuchs-wissenschaftlerInnen für bis zu vier Jahre auf ihrem Weg zur unabhängigen Karriere.
Kontakt:
Prof. Dr. Martina Rauner
Prof. Dr. med. Lorenz C. Hofbauer
Bereich Endokrinologie, Diabetes und Knochenerkrankungen
& UniversitätsCentrum für gesundes Altern
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
Tel.: 0351-458 3173
Email: info@fidelio-project.eu
https://www.fidelio-project.eu
Weiterführende Informationen
Im Bone Lab arbeiten Wissenschaftler an neuen Ansätzen zur Behandlung von Knochenverlust, der häufig als Folge hormoneller, entzündlicher und maligner Erkrankungen auftritt. Ziel der Forscher ist dabei, Erkenntnisse über die Knochenbiologie zu innovativen Therapien weiterzuentwickeln, die den Knochen stärken und Frakturen schneller heilen lassen. Durch dieses Vorgehen war das Bone Lab bereits mehrfach an der Entwicklung erfolgreicher neuer Therapiekonzepte und Patente beteiligt. Die Vision ist die Knochengesundheit der Patienten dauerhaft zu verbessern und somit für ihr Wohlergehen zu sorgen. Das interdisziplinäres Team, zu dem Wissenschaftler aus fünf Nationen gehören, vereint die Expertise in den Bereichen Zell- und Molekularbiologie, Kleintiergenetik, der Entwicklung von Biomaterialien sowie der klinischen Forschung und Bildgebung. Mit einem umfassenden Wissen und langjährigen Erfahrung wird die Kommunikation zwischen Knochenzellen und anderen Organsystemen des Körpers untersucht, wie z. B. dem Immunsystem, der Blutbildung, dem Energiestoffwechsel und der Tumorbiologie. Welche Faktoren sind es, die den Knochen brüchig machen oder wachsen lassen und wie können wir uns diese Mechanismen zum Wohl der Patienten zunutze machen?
Link:
https://www.bone-lab.de/innovative-knochenforschung-fur-lebenslange-mobilitat/
In der ersten Säule „Wissenschaftsexzellenz“ des europäischen Rahmenprogramms für Forschung und Innovation, Horizont 2020 befindet sich das Förderinstrument Marie Skłodowska-Curie Actions (MSCA). Das Ziel ist die Unterstützung der besten Köpfe in Europa in unterschiedlichen Phasen ihrer wissenschaftlichen Karriere.
Die Maßnahme Innovative Training Networks (ITN) fördert die innovative und strukturierte Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern für bis zu vier Jahre. Sogenannte Europäische Trainingsnetzwerke sind offen für alle Fachbereiche und für jede Forschungsstufe, d.h. von der Grundlagenforschung bis hin zur Markterschließung. Eine wichtige Voraussetzung ist die Mobilität: Doktorandinnen und Doktoranden werden an den Universitäten, Forschungseinrichtungen und bei Partnern aus der Industrie ausgebildet, in dem sie in einem anderen Land ihre Kompetenzen erweitern oder vertiefen.