Forensische Pathologie
Inhaltsverzeichnis
Begriffsbestimmung
Der Bergriff PATHOLOGIE beschreibt die Lehre abnormer und krankhafter Veränderungen des menschlichen Körpers, insbesondere die Ursachen (Ätiologie) und Entstehung und Entwicklung (Pathogenese) von Krankheiten. Bei der Untersuchung Verstorbener wird ein Todeseintritt aus vorbestehender krankhafter Ursache vorausgesetzt. Klassischerweise werden diese Untersuchungen durch Pathologen in einem Institut für Pathologie durchgeführt.
Die FORENSISCHE PATHOLOGIE ist dagegen klassische Domäne der Rechtsmedizin, dient sie doch der Feststellung der Todesursache eines Verstorbenen, ohne das primär eine vorbestehende krankhafte Organveränderung als todesursächlich angenommen werden konnte. Vielmehr ist der Tod Folge einer äußeren Einwirkung oder aber trotz sorgfältiger Leichenschau eine Bestimmung der Todesursache nicht möglich und von einem ungeklärten Tod auszugehen. Die Untersuchung der Leiche (im Rahmen einer sogenannten Obduktion) dient der Feststellung der Todesursache und über die Rekonstruktion der äußeren Umstände (Darstellung einer Kausalkette) letztlich der Klassifikation der Todesart als natürlicher oder nichtnatürlicher Tod.
Natürlicher und nichtnatürlicher Tod
Unter einem natürlichen Tod wird ein Todeseintritt aus vorbestehender krankhafter Ursache verstanden. Hierzu zählen beispielsweise ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder ein bösartiges Tumorleiden.
Ein nichtnatürlicher Tod ist Folge einer äußeren Einwirkung infolge Unfall, Suizid oder Fremdeinwirkung auf den Körper, die letztlich zum Tode führt. Der Tod kann unmittelbar eintreten (schwere Schädelverletzung nach Verkehrsunfall) oder nach einem längeren Krankheitszeitraum (Lungenentzündung bei Apallischem Syndrom [Wachkoma] infolge eines Arbeitsunfalls). Entscheidend ist die Darstellung eines Zusammenhangs (Kausalkette) zwischen dem von außen einwirkenden Ereignis und dem Todeseintritt.
Leichenschau und Todesbescheinigungen
Zur Durchführung der Leichenschau ist nach dem Sächsischen Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (SächsBestG in Fassung 1999) jeder approbierte Arzt verpflichtet. Bei der Untersuchung muss er neben den Personalien Feststellungen zu den sicheren Zeichen des Todes (Totenflecken, Totenstarre, späte Leichenerscheinungen), zum Zeitpunkt des Todeseintrittes, zur Todesart (natürlicher oder nichtnatürlicher Tod) und zur Todesursache vornehmen.
Die sorgfältige Leichenschau soll an dem Ort, an dem der Tod eingetreten oder die Leiche aufgefunden wurde, unverzüglich vorgenommen werden. Nur bei widrigen äußeren Umständen (z.B. Tod in der Öffentlichkeit) ist ein Verbringen der Leiche an einen geeigneten Ort statthaft.
Der Tote ist zu entkleiden und durch den untersuchenden Arzt unter Einbeziehung aller Körperregionen, insbesondere auch des Rückens, der Hals- und Nackenregion und der Kopfhaut, gründlich zu untersuchen. Der Arzt hat hierbei vor allem auf Merkmale zu achten, die auf einen nichtnatürlichen Tod hindeuten. Sollte von Anfang an augenscheinlich ein nichtnatürlicher Tod vorliegen (z.B. Erhängungstod, Schussverletzung), ist am Ereignisort nichts zu verändern. Die Leichenschau beschränkt sich ausschließlich auf die Feststellung sicherer Todeszeichen, ansonsten sind geeignete Wiederbelebungsmaßnahmen (Reanimation bis zum Auftreten sicherer Zeichen des Todes) durchzuführen.
Veränderungen an der Leiche oder der Umgebung sind – soweit möglich - zu unterlassen bzw. sollten den Polizeibeamten mitgeteilt werden.
Nach Abschluss der Leichenschau hat der Arzt eine Todesbescheinigung auszufüllen.
Bei Verdacht auf einen nichtnatürlichen Tod, es sich um einen unbekannten Toten oder eine unklare Todesart handelt muss der Arzt unmittelbar die Polizei informieren. Nach eingeleiteten Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob eine gerichtliche Obduktion angeordnet wird. Letztendlich geht es um die Frage, ob ein Fremdverschulden den Tod bewirkt haben kann oder nicht.
Im Auftrag der Polizei oder Staatsanwaltschaft wird durch den Dienstarzt des Instituts für Rechtsmedizin eine Leichenschau am Ereignisort durchgeführt und eine Todesbescheinigung ausgefüllt.
Obduktionen
Es werden verschiedene Sektionsformen unterschieden:
- wissenschaftliche (klinische) Sektion
- Versicherungssektion
- Sektion bei meldepflichtigen Erkrankungen (Infektionsschutzgesetz)
- Privatsektion im Auftrag Angehöriger
- gerichtliche Sektion nach § 87 StPO
Zur Durchführung einer Obduktion ist die Zustimmung der Angehörigen (Totensorgeberechtigte) notwendig. Bei Durchführung einer gerichtlichen Sektion nach Anordnung durch Richter oder Staatsanwalt ist eine Zustimmung der Angehörigen nicht notwendig, es besteht für die Angehörigen auch keine Möglichkeit des Widerspruchs.
Die überwiegende Anzahl der Obduktionen in der Rechtsmedizin nehmen die gerichtlichen Sektionen ein.
Eine Obduktion besteht aus einer äußeren und inneren Besichtigung. Die innere Besichtigung beinhaltet immer die Öffnung aller drei Körperhöhlen (Kopf-, Brust- und Bauchhöhle). Die Organe werden einzeln untersucht und alle festgestellten Verletzungen oder krankhafte Veränderungen beschrieben.
Für weitere Untersuchungen oder zur Sicherung der Diagnose werden auf Verfügung der Staatsanwaltschaft hin Proben von Organen (z. B. für histologische Untersuchungen) sowie verschiedene Körperflüssigkeiten (z. B. Blut/Urin zur Alkoholuntersuchung) entnommen. Nach der Obduktion werden die Organe wieder in die Leiche gegeben und die eröffneten Körperhöhlen verschlossen. Danach kann die Freigabe durch die Behörden zur Bestattung erfolgen.
Neben der gerichtlichen Obduktion können auch sozialversicherungsrechtliche Obduktionen durch Berufsgenossenschaften und Obduktionen bei Seuchenverdacht oder vor der Feuerbestattung bei fehlender Todesursache durch die Gesundheitsämter angeordnet werden.
Es werden aber auch klinische Obduktionen und Privatsektionen auf Wunsch bzw. bei Einverständnis der Angehörigen durchgeführt.