02.12.2024
Leaftronics reloaded: Von Blättern inspirierte Lösung für nachhaltige Wasseraufbereitung
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Karl Leo an der TU Dresden hat in Zusammenarbeit mit dem rumänischen National Research and Development Institute for Industrial Ecology (ECOIND) eine weitere revolutionäre Anwendung für ihre kürzlich vorgestellte „Leaftronics“-Technologie entwickelt. Wie das Team in der renommierten Fachzeitschrift „NJP Flexible Electronics“ berichtet, wollen sie das von der Natur inspirierte „Leaftronics“-Design auch für eine innovative und ökologische Form der Wasseraufbereitung nutzen. Dazu wenden sie ein einzigartiges Metallisierungsverfahren an.
Blattstrukturen weisen fraktale Muster, also viele verzweigte Muster auf, die sich über Jahrmillionen entwickelt haben, um das Überleben und Wachstum einer Pflanze zu optimieren. Die dichten, quasi-fraktalen Netzwerke innerhalb der Blätter ermöglichen einen effizienten Wasser- und Nährstofftransport von den Wurzeln zu den Blättern sowie die Verteilung der Photosynthese-Produkte von den Blättern zum Rest der Pflanze. „Die Aderstrukturen in den Blättern sorgen für ein Gleichgewicht zwischen Transportbedarf und Lichtabsorption. Über Hunderte von Millionen von Jahren haben Blätter einen optimalen Weg gefunden, ihre Aderstrukturen zu verteilen und gleichzeitig die Menge an blockiertem Sonnenlicht zu minimieren. Das Ergebnis ist ein natürliches Fraktal“, erklärt Dr. Hans Kleemann, Leiter der Biosense-Gruppe am Institut für Angewandte Physik der TU Dresden.
Kleemann und sein Team nutzen die verschlungenen, aderartigen Muster in Blättern, die größtenteils aus Lignin und Zellulose (Lignozellulose) bestehen nun und beschichten diese natürlichen Fraktale mit Metallen wie Silber und Kupfer. Es ist bekannt, dass Silbermetall, aber auch Kupfer, sogenannte oligodynamische Eigenschaften aufweisen. Das bedeutet, dass sie schon in sehr geringen Mengen das Wachstum von Mikroorganismen hemmen oder diese abtöten. Durch ein neuartiges, umweltverträgliches Metallisierungsverfahren werden die Blattstrukturen in hochwirksame antimikrobielle Netze verwandelt, die auch hartnäckige Krankheitserreger wie E. coli und fäkalcoliforme Bakterien aus verschmutztem Wasser erfolgreich entfernen können. „Diese neue Metallisierungsmethode vermeidet die Verwendung von Metall-Nanopartikeln und Nanodrähten, und verwendet ausschließlich Mikropartikel für die Herstellung der leitenden Beschichtung auf den Lignocellulosefasern. Dadurch wird das Umweltrisiko in Bezug auf die Verschmutzung durch Nanopartikel drastisch reduziert. Wir haben auch die Menge an Silberionen gemessen, die von unseren beschichteten Gerüsten in das Wasser abgegeben wird, und die Werte liegen fünfmal niedriger als der zulässige Grenzwert, so dass die Beschichtungen ökologisch unbedenklich erscheinen“, sagt Dr. Rakesh Nair, Hauptautor der Studie. „Diese Methode, kombiniert mit einer winzigen Spannungsanwendung von weniger als einem Volt, verstärkt die natürlichen antimikrobiellen Eigenschaften des Metalls und sorgt für eine nahezu hundertprozentige Beseitigung der untersuchten Bakterien im Wasser.“
Dieses System funktioniert sowohl bei im Labor vorbereiteten Proben als auch bei realen Quellen wie kommunalen Abwässern und stellt eine vielversprechende Lösung für sauberes Wasser in kontaminierten Regionen dar. „Wir können uns auch eine unmittelbare Anwendung vorstellen, wenn Wasser über lange Zeiträume in Behältern gelagert werden muss (insbesondere in trockenen, unterentwickelten und trockenen Regionen oder in Katastrophengebieten), wo es schwierig ist, das gelagerte Wasser im Laufe der Zeit vor Verunreinigungen durch bakterielles Wachstum zu schützen. Ein einfaches, leicht herzustellendes System wie dieses, das mit einer winzigen Solarzelle verbunden ist, um eine geringe Spannung anzulegen, könnte das gespeicherte Wasser über lange Zeiträume vor dem Verderben bewahren“, fügt Rakesh Nair hinzu.
„Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch für eine großtechnische Umsetzung sind weitere Entwicklungen und Industriepartnerschaften erforderlich. Wir sind optimistisch, dass die von uns entwickelte Leaftronics-Technologie zu einem nachhaltigen Standard in Umwelttechnologie und Elektronik werden könnte“, weist Karl Leo, Professor für Optoelektronik und Direktor des interdisziplinären Zentrums “Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (DC IAPP) in die Zukunft.
Originalpublikation:
Rakesh Rajendran Nair, Mihai Nita-Lazar, Valeriu Robert Badescu, Cristina Iftode, Jakob Wolansky, Tobias Antrack, Hans Kleemann & Karl Leo. Metallization of leaf-derived lignocellulose scaffolds for high-performance flexible electronics and oligodynamic disinfection. npj Flex Electron 8, 66 (2024). https://doi.org/10.1038/s41528-024-00353-9
Kontakt:
Prof. Karl Leo
Institut für Angewandte Physik/ IAPP
TU Dresden
Email:
Tel. +49 351 463-34389
Dr Rakesh R Nair
Institut für Angewandte Physik
TU Dresden
Email: