23.08.2024
Wie Krebs sich anpasst und verändert: Studie entwickelt neuen Modellansatz für die Beschreibung individueller Eigenschaften von Krebszellen
Internationales Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftlern des Center for Interdisciplinary Digital Sciences (CIDS) der TU Dresden veröffentlicht Studie zu den komplexen evolutionären Vorgängen in Tumoren.
Krebserkrankungen sind eine Haupttodesursachen weltweit. Tumore bestehen aus Zellen, die sich genetisch und in ihrem Verhalten unterscheiden. Diese sogenannte Tumorheterogenität erschwert die Heilung von Krebserkrankungen enorm, da sie Therapieresistenzen ermöglicht: Je größer die Vielfalt der Tumorzellen, desto wahrscheinlicher ist es, dass einige resistent sind und die Behandlung überleben.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Wissenschaftlern des Center for Interdisciplinary Digital Sciences (CIDS) an der Technischen Universität Dresden hat wertvolle Fortschritte im Verständnis der Tumorheterogenität und deren Auswirkungen auf die Krebsbehandlung erzielt. Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht. Die Studie, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Norwegen, Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen irreversiblen, d.h. nicht umkehrbaren, genetischen Veränderungen und reversiblen – also umkehrbaren – Verhaltensanpassungen von Tumorzellen. Letzteres ermöglicht es den Tumorzellen, ihre Eigenschaften reversibel an ihre Umgebung anzupassen. Im Fachjargon spricht man von phänotypischer Plastizität. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Anpassungsfähigkeit der Tumorzellen entscheidend zur Heterogenität innerhalb von Tumoren beiträgt.
Das internationale Forschungsteam hat einen neuartigen Modellansatz entwickelt, um die individuellen genetischen und nicht-genetischen Eigenschaften von Krebszellen zu beschreiben. Die Studie zeigt, dass sich Zellen am Tumorrand in Richtung schnellerer Migration und im Tumorinneren in Richtung schnelleren Wachstums entwickeln. Die Ergebnisse zeigen auch, dass bei Tumoren mit einer hohen phänotypischen Plastizität die Chancen auf einen Therapieerfolg deutlich geringer sind. Diese Erkenntnis bietet eine neue Erklärung für heterogene Muster bei Patient:innen mit einem Glioblastom, einem besonders bösartigen Hirntumor. Die Ergebnisse der Studie könnten zukünftige Therapieansätze maßgeblich beeinflussen.
„Die Studie ist ein weiteres Ergebnis unserer jahrelangen Konzentration auf die Modellierung dynamischer biologischer Prozesse in Zellen, Geweben und Organen. Der Fokus unserer zahlreichen internationalen Kooperationen und Projekte liegt dabei immer auf der Erforschung der komplexen Wechselwirkungen in diesen Strukturen, um den Weg zu bereiten für neue Ansätze in Diagnostik, Prävention und Therapie“, unterstreicht Prof. Andreas Deutsch, Leiter der ZIH-Abteilung Innovative Methoden des Computing.
Zur Studie "Evolution of phenotypic plasticity leads to tumor heterogeneity with implications for therapy" in der Fachzeitschrift PLOS Computational Biology: https://journals.plos.org/ploscompbiol/article?id=10.1371/journal.pcbi.1012003