17.03.2022
Stefan Kaiser erhält einen ERC Consolidator Grant (Fördersumme 2.292.750 EUR) zur Entwicklung einer neuen Spektroskopiemethode für Supraleiter - die Higgs Spektroskopie
Die Supraleitung, Stromtransport ohne Widerstand, ist eines der spannendsten Phänomene der modernen Festkörperphysik. Technologisch relevant ist Supraleitung mit Anwendungen vom verlustfreien Stromtransport über die Erzeugung hoher Magnetfelder bis hin zum Quantencomputer. In seinem neuen „T-Higgs – Phase-Resolved THz Spectroscopy on Supercondutors“ Projekt entwickelt Stefan Kaiser mit seiner Arbeitsgruppe eine neue Methode, die Higgs-Spektroskopie, um neue Einblicke in die Supraleitung und ihre Dynamik zu erlangen. Bei der Higgs-Spektroskopie wird das Kondensat des Supraleiters, in dem bei tiefen Temperaturen Elektronen zu Cooper-Paaren verbunden werden, durch einen Laser im Terrahertz Frequenzbereich zum Schwingen angeregt („Higgs-Schwingungen“) und im Anschluss das von den Schwingungen erzeugte Laserlicht analysiert. Damit lässt sich die kollektive Dynamik der gepaarten Elektronen genau untersuchen und klassifizieren. Die detektierten Higgs-Schwingungen dienen somit als Sonde für die Wellenfunktion des Supraleiters und erlauben es, den supraleitenden Zustand zu identifizieren und zu charakterisieren.
Die Higgs-Spektroskopie erlaubt eine komplette Bestimmung und Klassifizierung der supraleitenden Wellenfunktion, welche auch Ordnungsparameter genannt wird. Die Klassifizierung des Ordnungsparameters – insbesondere die nicht-trivialen Symmetrien der unkonventionellen Supraleiter – ist wichtig für ein tiefes Verständnis der Supraleitung. In der neuen Higgs-Spektroskopie wird hier nun sowohl die Amplitude und Phase der Higgs-Schwingungen vermessen, so dass der komplexe Ordnungsparameter direkt bestimmt werden kann. In der wichtigen Klasse der Hochtemperatur-Supraleiter, den sogenannten Kupraten, sollen Wechselwirkungen des Supraleiters mit weiteren koexistenten Phasen untersucht werden und deren Zusammenspiel mit externen Parametern moduliert werden. Weiterhin lässt sich die Higgs-Spektroskopie auf lichtangeregte Supraleiter oder sogar lichtinduzierte Supraleiter anwenden. Für solche Nichtgleichgewichtszustände von Supraleitern sollen die Higgs-Schwingungen als ein neues Kriterium für Supraleitung etabliert werden. Mit einem solchen neuen Kriterium lassen sich dann auch neue bisher noch nicht bekannte Supraleiter in Zukunft charakterisieren und klassifizieren.