10.01.2024
Studentisches Ehrenamt des Monats: „Wir verstehen uns als Hilfe auf Augenhöhe“
Die Hochschulgruppe Nightline Dresden hat für jede Person ein offenes Ohr – egal, mit welchem Anliegen sie sich an das anonyme Zuhörtelefon wendet. Wir haben mit einer der „Eulen“ – so bezeichnen sich die Aktiven der HSG, die wie ihre Anrufer:innen ebenfalls anonym bleiben – über die Vielfalt der Arbeit bei der Nightline, die Prinzipien des Zuhörtelefons und Weiteres gesprochen.
Wer seid ihr und was macht ihr als Hochschulgruppe?
Wir sind die Nightline Dresden, ein anonymes Zuhörtelefon von Studierenden für Studierende. Wir sind per Telefon und Chat am Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag von 21 bis 24 Uhr erreichbar. Und dort hören wir einfach zu, egal welche Sorgen oder Anliegen die anrufende Person hat – ob Prüfungsstress, Liebeskummer, Heimweh oder einfach nur mal quatschen.
Wie kann ich mir den „Arbeitsalltag“ bei euch vorstellen?
Pro Monat haben wir jeder etwa ein- bis zweimal Dienst. Ansonsten haben wir neben dem Dienst noch andere Engagements im Verein. Es gibt zum Beispiel eine Gruppe, die sich um die Werbung kümmert, oder Menschen, die sich mit den Finanzen beschäftigen – oder das Wichtigste: Wir haben jemanden, der uns mit Schokolade versorgt.
Gibt es bestimmte Prinzipien, die ihr bei eurer Arbeit verfolgt?
Ja, wir haben fünf Prinzipien. Wir sind anonym – wir wissen also nicht, wer da gerade mit uns telefoniert. Das ist aber auch andersrum so: Wir bleiben auch anonym und nennen uns „Eulen“, weil wir sozusagen nachtaktiv sind. Außerdem sind wir vertraulich und unterliegen der Schweigepflicht. Wir sind vorurteilsfrei: Egal, was uns erzählt wird, wir verurteilen die Person nicht. Darüber hinaus sind wir unabhängig – institutionell, finanziell und so weiter. Und Prinzip Nummer 5: Wir sind niederschwellig. Wir verstehen uns als Hilfe auf Augenhöhe. Wir sind nicht dafür ausgebildet, jemandem professionell Ratschläge zu geben, wie vielleicht jemand bei der Telefonseelsorge – wir sind wirklich ein reines Zuhörtelefon.
Wie geht ihr vor, wenn euch jemand anruft?
Es kommt immer auf die Situation an: Manchmal möchte sich jemand einfach nur die Sorgen von der Seele reden. Dann hören wir einfach nur zu. Und manchmal möchte die Person doch irgendwie einen Ratschlag haben. Dann müssen wir leider sagen, dass wir dafür nicht ausgebildet sind und können aber auf andere Stellen verweisen, wo sich Hilfe gesucht werden kann.
Kann man bei euch in der Hochschulgruppe mitmachen und wenn ja, wie?
Sehr gerne sogar (lacht). Man braucht sich bloß bei uns zu bewerben oder uns eine E-Mail zu schreiben (nightline-dresden+mitarbeiten@posteo.de). Dann gibt es ein kleines Kennenlerngespräch, wo der/die Bewerber:in auch Fragen stellen kann. Wenn sich die Person entscheidet mitzumachen, gibt es eine kleine Schulung über zweieinhalb Tage, also von Freitagnachmittag bis Sonntagabend. Dort lernt man, welche Methoden man beim Zuhörtelefon anwenden kann. Und dann ist man auch schon dabei.
Welche Eigenschaften oder Fähigkeiten braucht man, wenn man sich bei euch als Ehrenamtliche:r engagieren möchte?
Es ist zunächst egal, in welchem Studienfach oder Studiengang man ist. Wir haben ganz viele verschiedene bei uns in der Nightline. Und es ist total egal, von wo man kommt und wer man ist – wichtig ist, dass man ein offenes Ohr hat und auch Motivation, sich im Verein zu engagieren, um zum großen Ganzen beizutragen.
Wie lange bist du selbst schon dabei und wie bist du auf die Nightline aufmerksam geworden?
Ich bin seit ungefähr zwei Jahren dabei. Ich habe damals nach einem Ehrenamt gesucht und bin dabei auf die Plattform „Ehrensache jetzt“ gestoßen, wo verschiedene Ehrenämter mit einer Art Profil vorgestellt werden. Dort habe ich die Nightline gefunden und das fand ich eine großartige Idee, weil ich selbst am Anfang meines Studiums eine ziemlich lange Zeit über krank war. Und da die Krankheit ansteckend war, war ich ziemlich einsam. In dem Moment habe ich gedacht: Da hätte ich die Nightline sehr gut gebrauchen können. Deswegen habe ich mich dann hier beworben.
Gibt es Vorteile, die du persönlich aus deinem Engagement ziehst, oder etwas, was du aus den Jahren mitgenommen hast?
Für mich persönlich ist es auf jeden Fall angenehm, etwas Nützliches zu machen, für eine Person da zu sein, die vielleicht gerade niemanden zum Reden hat, weil ich – wie gesagt – selbst schon in der Situation war. Ansonsten sind die Menschen bei der Nightline ein riesiger Vorteil. Das ist wie so ein riesig großer Safe Space mit super netten Personen, die ich sonst wahrscheinlich nicht kennengelernt hätte.
Welchen Rat würdest du Ehrenamtsinteressierten mit auf den Weg geben?
Einfach gerne bei uns bewerben! Und generell für Ehrenamtsinteressierte bei uns: Die Bewerbung ist nicht schwer, das Kennenlerngespräch und die Schulung gehen recht schnell. Man kann es auch gerne mal ausprobieren, ob das Ehrenamt zu einem passt und welche Aufgabe davon. Ich persönlich war schon in vielen Teams, habe deren Arbeit unterstützt und dadurch Einblick in verschiedene Bereiche der Arbeit des Vereins gehabt. Und ich finde es ziemlich cool, dass so viele verschiedene Personen oder Gruppen dazu beitragen, dieses Angebot für Studierende bereitstellen zu können. Also einfach ausprobieren!
Das Interview führte Julia Bachmann, studentische Mitarbeiterin in der Pressestelle.