Jan 12, 2023
Studentisches Ehrenamt: Einmal ein AIESECer, immer ein AIESECer – Helene im Interview
AIESEC ist eine internationale Austauschorganisation, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, Praktika und Freiwilligenprojekte im Ausland zu vermitteln. So sollen jungen Menschen authentische, wirkungsvolle interkulturelle Austauscherfahrungen ermöglicht werden. Mittlerweile zählen über 100 Länder und Territorien zum Portfolio der Initiative – von Brasilien über Sri Lanka bis hin zu Mexiko. Zu den studentischen Mitgliedern der Organisation gehört auch Helene. In ihrer freien Zeit ist die Wirtschaftsstudentin als Vorsitzende im Lokalkomitee Dresden tätig. Welche Herausforderungen sie in dieser Position bewältigen musste und warum es so wichtig ist, ein Ehrenamt zu übernehmen, berichtet sie im Interview.
Erzähle uns bitte, wie du zu deinem Ehrenamt bei AIESEC gekommen bist!
Ich bin jetzt seit fast zwei Jahren bei AIESEC. Besonders an der Organisation ist, dass viele AIESECer ihre gesamte Studienzeit in der Organisation bleiben und auch im Anschluss noch Mitglied sind. Daher sind zwei Jahre noch gar nicht so lange. Darauf aufmerksam geworden bin ich damals durch eine Mail eines Professors. Die Initiative hat auf den ersten Blick vor allem zwei meiner Interessen verbunden: Internationalität/ Interkulturalität und ehrenamtliche Tätigkeit in einer internationalen Organisation. Doch auch, dass die Arbeit auf den ersten Blick dem wirtschaftlichen Arbeitsfeld sehr ähnlich ist, hat mich gereizt. So bin ich dann im Jahr 2021 nach Abschluss meines 1. Semesters zu AIESEC gekommen.
Was genau macht AIESEC? Wie kann man sich die Arbeit eurer Hochschulgruppe vorstellen?
AIESEC ist eine der weltweit größten Studierendenorganisationen. Unser Ziel ist es, junge Menschen mithilfe von interkulturellen Erfahrungen persönlich und professionell weiterzuentwickeln. Wir streben eine Welt an, in der Menschen auf ihr eigenes Verständnis von „Frieden“ hinarbeiten können und die Ansichten anderer anerkennen und respektieren. Jeder soll die beste Version von sich selbst sein können. Dabei gehen wir davon aus, dass vor allem junge Leute der Schlüssel zu einer besseren Zukunft sind, weshalb wir dort ansetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir Leadership durch praktische Erfahrungen in herausfordernden Umfeldern entwickeln. Diese praktischen Erfahrungen stellen wir durch unsere interkulturellen Austauschprojekte bereit.
Wie kann man sich diese Austauschprojekte vorstellen? Welche Möglichkeiten haben Studierende bei euch, Erfahrungen im Ausland zu sammeln?
Wir bieten zum einen Freiwilligenprojekte an, zum anderen aber auch Praktika für Lehramt und auch andere Bereiche wie zum Beispiel IT und Wirtschaft. Mithilfe dieser Projekte ermöglichen wir es Studierenden, einen ganz neuen Einblick in ein Land zu bekommen, indem man für 6 – 8 Wochen dort in einer Hostfamilie, einem Appartement o. Ä. unterkommt. Die Bereiche, in denen man freiwillig tätig werden kann, sind vielfältig und basieren auf den Nachhaltigkeitszielen der UN. Darunter fallen zum Beispiel Projekte im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, Gleichberechtigung, Unterrichten und viele weitere. Die Freiwilligenprojekte werden von unseren Standorten in dem jeweiligen Land ausgesucht und finden in Kooperation mit lokalen NGOs statt. Betreut wird man dabei von uns in Deutschland, aber auch von den AIESECern vor Ort.
Angenommen man entscheidet sich, mit AIESEC während des Studiums ins Ausland zu gehen. Wie läuft der Prozess ab, wenn man ein Auslandspraktikum machen will?
Wir versuchen es so einfach wie möglich für die Studierenden zu gestalten. Der Prozess für ein Praktikum ist jedoch etwas umfangreicher und dauert länger als für ein Freiwilligenprojekt. Im Allgemeinen melden sich Interessierte auf unserer Webseite an und werden dann vom Komitee kontaktiert, um persönlich über Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche für ein Projekt zu sprechen. Wir übernehmen dabei die Suche nach passenden Projekten und unterstützen bei der Entscheidung sowie der anschließenden Bewerbung. Wird man für ein Projekt angenommen, kann man sich entscheiden, ob man dieses oder lieber ein anderes antreten will –eine Bewerbung heißt noch nicht, dass man das Projekt am Ende machen muss. Mit dem unterschriebenen Vertrag beginnt die Phase der Vorbereitung und Aufbereitung verschiedener Themen. Und dann ist man auch schon „ready to go“.
Neben den Austauschmöglichkeiten können Studierende auch ehrenamtlich in eurer Hochschulgruppe tätig werden. Gibt es dafür bestimmte Voraussetzungen?
Engagieren kann sich bei uns jeder zwischen 18 und 30 Jahren. Ansonsten gibt es keine Voraussetzungen. Unsere Teams bestehen aus ganz verschiedenen Personen mit unterschiedlichen Hintergründen. Unser Lokalkomitee unterteilt sich zum Beispiel in die Bereiche Marketing, Finanzen und Legales, Talent Management sowie zwei Teams, die sich mit unseren Auslandsprojekten beschäftigen (Lehramtspraktika und Freiwilligenprojekte im Ausland). Je nachdem in welcher Position man tätig ist, variieren die Aufgaben. Man muss gut zu unserem Team passen, ausreichend Zeit mitbringen und es muss für beide Seiten stimmen – dann kann man nach einem Kennlerngespräch und erstem Lokalkomitee-Meeting auch schon Mitglied bei AIESEC werden.
Du übernimmst aktuell die Rolle der Lokalvorsitzenden in Dresden. Wie gestaltet sich dein Ehrenamt in dieser Position?
Als Hauptverantwortliche für unser Komitee in Dresden gebe ich vor allem eine Vision und Richtung vor und leite sowie unterstütze mein Team. Wir setzen hierbei auf ein agiles Leadership Modell, sprich Kommunikation spielt bei uns eine essenzielle Rolle. Ich bin ebenfalls für die Gestaltung unserer wöchentlichen Vorstands- sowie Lokalkomitee-Meetings verantwortlich und führe regelmäßige Check-Ins mit den Vorstandsmitgliedern, aber auch mit meinem Consultant durch. Die Arbeit ist sehr facettenreich und kann daher auch immer neue unterschiedliche und sich verändernde Aufgaben beinhalten. Ich unterstütze so zum Beispiel aktuell Studierende bei der Projektsuche und im gleichen Zug bin ich auch viel im Kontakt mit Komitees aus der ganzen Welt, um mich mit diesen über mögliche Projekte abzustimmen. Doch auch Marketing-Tätigkeiten oder Finanzaufgaben können mal anfallen. Dafür sind jedoch vorrangig die entsprechenden Teams verantwortlich. Ich arbeite entweder in unserem Büro oder ganz flexibel, wo ich gerade bin.
Was unterscheidet euch von anderen Hochschulgruppen? Kannst du uns erzählen, was AIESEC für dich besonders macht?
Was es für mich besonders macht, sind die Menschen. Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Menschen auf einem Haufen getroffen, die so aufgeschlossen und inspirierend sind. Alle haben die gleichen Werte und arbeiten auf das gleiche große Ziel hin – das verbindet enorm. Wir haben mehrere Konferenzen im Jahr, auf denen sich alle 33 Komitees in Deutschland treffen. Für mich persönlich sind das die schönsten Erinnerungen, die ich bisher mit der Organisation sammeln konnte. Gemeinsam zu diskutieren, neue Perspektiven zu bekommen und Ideen weiterzuentwickeln. Doch auch, dass es uns schon seit 75 Jahren gibt und sich Alumni immer noch so sehr engagieren. Bei uns heißt es immer „Einmal ein AIESECer, immer ein AIESECer“ – und es stimmt!
Hast du im Zusammenhang mit deiner ehrenamtlichen Tätigkeit auch Enttäuschungen erlebt? Was waren Herausforderung in deiner bisherigen Zeit?
Während meiner Zeit als Vorsitzende ist es nicht immer einfach gewesen, allerdings bin ich vor allem dadurch gewachsen. Die größte Herausforderung war es für mich, ein Komitee wiederaufzubauen., denn als ich Vorsitzende wurde, war das sehr klein. Wir machten intensive Rekrutierungsphasen und mussten allen neuen Mitgliedern die Aufgaben und Strukturen erklären. Das ist viel Arbeit und nicht besonders leicht. Auch das Leiten eines multikulturellen Teams mit so vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten ist nicht gerade einfach. Doch daraus habe ich persönlich immens viel gelernt. Das Schöne an AIESEC ist, dass man mit allen Herausforderungen nur wachsen kann und auch wenn Fehler passieren, man aus diesen lernt. Während meiner gesamten Zeit hatte ich immer einen riesigen Support aus dem Netzwerk in Deutschland. Man ist nie wirklich allein und hat immer Rückhalt, was die Arbeit und auch die Herausforderungen deutlich angenehmer und einfacher machen. Das vergangene Jahr als Vorsitzende war eines der herausforderndsten Jahre, die ich hatte – aber auch eines, indem ich am meisten gelernt habe, mich am meisten entwickelt habe und am meisten über mich hinausgewachsen bin.
Wenn du auf dein letztes Jahr im Ehrenamt zurückblickst: Welche Erfahrungen nimmt du als Team Head mit? Würdest du sagen, deine Tätigkeit hat auch einen Einfluss auf deine berufliche bzw. persönliche Entwicklung?
Ich konnte durch die Arbeit so viel Neues lernen und erleben, was mir persönlich und auch beruflich enorm viel gebracht hat. Die Arbeit bei AIESEC ist sehr nah an der Arbeit dran, die täglich in Unternehmen passiert. Ich konnte viele Skills erlernen, die ich direkt in meinem Werkstudentenjob anwenden konnte und ebenfalls Ideen mitnehmen, die ich in dem Unternehmen umsetzen konnte, um Prozesse intern zu verbessern. Auch bezüglich meiner Führungsqualitäten hat mich AIESEC geprägt. Ich weiß durch AIESEC sehr genau, was das Arbeitsumfeld ist, in dem ich später arbeiten möchte und wie ich dieses weiter gestalten kann. Ich glaube man kann nicht so genau beschreiben in wie vielen Bereichen AIESEC mir persönlich und beruflich geholfen hat ohne den Rahmen zu sprengen. Doch es hat mich definitiv sehr geprägt.
Wenn du heute noch einmal vor der Entscheidung stehen würdest, ein Ehrenamt zu übernehmen: Würdest du es wieder tun?
Die Antwort fällt mir sehr leicht. Sie wäre immer wieder: Ja!
Welchen Tipp würdest du Ehrenamts-Interessierten mit auf den Weg geben?
Ich finde, jeder sollte ein Ehrenamt gemacht haben. Manchmal denkt man, dass man nicht genug Zeit hat oder nichts daraus lernt. Daher mein Tipp: Macht es! Durch ein Ehrenamt, egal welches, kann man immer etwas mitnehmen, sich weiterentwickeln und neue Perspektiven kennenlernen. Ehrenamtliche Arbeit kann einem enorm helfen, herauszufinden was man später machen möchte und in welchem Umfeld man arbeiten möchte. Und wenn man Glück hat, wie in meinem Fall, findet man eine Organisation, in der man eine Leidenschaft entdeckt.
Das Interview führte Lu Ann Bahmann, studentische Mitarbeiterin in der Pressestelle.