08.03.2022
Tag des Korrekturlesens am 8. März
Ein Text entsteht nicht in einem Rutsch. Wirklich nicht. Trotzdem kommen bei vielen andere Bilder auf, wenn sie ans Schreiben denken. Es scheint, als ob Vorstellungen von einem Schreibfluss oder einer Inspiration überdeckten, dass Schreiben vor allem heißt, dass man erst etwas schreibt und das im Anschluss überarbeitet.
Nur wenige Beispiele fallen mir ein, in denen die Einstellung, mit der man sich an eine Arbeit setzt, von so entscheidender Bedeutung ist. Wie wir uns den Arbeits- und Schreibprozess von vornherein mental vergegenwärtigen, hat einen großen Einfluss darauf, ob das Schreiben leicht von der Hand gehen wird, ob es sich einigermaßen erträglich erledigen lässt, oder ob es sich in ein mitunter qualvolles Vorankämpfen entwickelt.
Wer ein Instrument spielt, weiß, dass man für ein Stück oder ein Lied, das man lernen will, erst mal die Melodie draufhaben muss. Später kommen Dinge wie die passende Lautstärke, Tonlängen und das richtige Tempo dazu. Man überarbeitet permanent seine Performance. Musikschüler:innen lernen, sich nicht von den Notenblättern überfordert zu fühlen, sondern in ihnen den Prozess zu erkennen, den sie durchlaufen müssen, um das Stück letztlich spielen zu können.
Beim Schreiben verhält es sich ähnlich. Man möchte am Ende einen guten Text vorliegen haben, der bestimmten Anforderungen entspricht. Das Schreiben wird leichter, wenn man sich auf den Prozess fokussiert. Wenn man weiß, dass einige Schritte durchlaufen werden müssen, bis man bei diesem Text angekommen ist. Wenn man sich folglich bewusst macht, dass erste, zweite oder mehrere Versionen entstehen müssen, die teilweise einen provisorischen Charakter haben.
Diese Versionen lassen sich leichter schreiben, wenn man sich beim Schreiben stets daran erinnert, dass die Überarbeitung essenzieller Bestandteil des Schreibens ist. So kann man sich in einem ersten Schritt darauf konzentrieren, die inhaltlichen Punkte der Arbeit zu Papier zu bringen, ohne sprachliche Aspekte stark zu berücksichtigen. Hat man das Inhaltliche beisammen, kann sich anschließend auf die Sprache konzentriert werden.
Neben der Überarbeitung, die man selbst immer wieder am Text vornimmt, gibt es noch ein weiteres Tool von unschätzbarem Wert: Feedback von jemand anderem. In vielerlei Hinsicht kann das Feedback einer Freundin oder eines Bekannten die Arbeit am Schreibprojekt schubhaft voranbringen. Wir vom Schreibzentrum bieten ebenfalls exemplarisches Textfeedback an. Dafür kann man eine Schreibberatung buchen und sich intensiv zum Thema Textüberarbeitung und Korrekturschleifen austauschen.
Neben Dopplungen oder Auslassungen, die man selbst einfach nicht mehr im Blick hat, kann es auch ungemein beruhigend sein, zu wissen, da hat jemand meinen Text gelesen und konnte nachvollziehen, was ich rüberbringen wollte. Und es kann auch schon mal vorkommen, dass das Selbstbild etwas geradegerückt wird. So eine Situation hatte ich letztens, als mich jemand um ein ernsthaftes Feedback bat und mir einen sauber geschriebenen und fehlerfreien Text zuschickte. Ich habe ihr geschrieben, dass ich den Text super finde, was sie sehr überrascht haben muss. Hier gilt: Je häufiger man seine Texte anderen zeigt, desto besser kann man sie selbst einschätzen.
Ein nochmal anderes Werkzeug für das Schreiben eines Textes ist schließlich ein Lektorat oder Korrektorat. Hierbei wird die gesamte Arbeit gelesen und auf gewünschte Aspekte kontrolliert, sei es Grammatik oder Rechtschreibung oder auch Aufbau und Struktur. Auch dieser Schritt ist unbedingt zu empfehlen, da er – wie das Feedback – einen frischen Blick jenseits des Tunnels verspricht. Wichtig hierbei ist, genügend Zeit am Ende der Bearbeitungszeit einzuplanen, um die Arbeit noch guten Gewissens jemandem geben zu können. Wir vom Schreibzentrum bieten das nicht direkt an, vermitteln dafür aber an einen Pool von ehrenamtlichen Lektor:innen, den wir ins Leben gerufen haben. Zunächst finden wir aber in einem Gespräch heraus, ob ein Lektorat wirklich ein sinnvoller Schritt ist.
Bitte mach dir bewusst: Eine abschließende Korrektur ist zwar ein wichtiger Schritt und sollte daher immer mit eingeplant werden. Er ist aber nicht mit den regelmäßigen Überarbeitungsschritten zu verwechseln, die während des Arbeitsprozesses stattfinden.
Wenn du dich direkt weiter mit dem Themenkomplex Textüberarbeitung beschäftigen willst, kannst du auf dem YouTube-Channel des Schreibzentrums weiterstöbern und das Tutorial „Texte überarbeiten - Mehr als Korrekturlesen!“ direkt auf dein aktuelles Projekt anwenden.
Text: Robert Bosse, studentischer Schreibberater am Schreibzentrum der TU Dresden; Textfeedback-Partnerin: Christina Ullrich, studentische Mitarbeiterin am Schreibzentrum der TU Dresden