08.11.2019
Barrierefrei und ästhetisch gestaltete Informationen
Gründerteam von VERSO hat als Pilotkunden das Dresdner Albertinum und die Meißner Albrechtsburg gewinnen können
Josephine Obert
Seit dem 1. Januar 2018 sind öffentliche Institutionen verpflichtet, Informationen barrierefrei und leicht verständlich anzubieten. Für Behörden, Ämter und kulturelle Einrichtungen bedeutet das: Neben Informationen in Brailleschrift oder Gebärdensprache sollen verständliche Formate für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder funktionalem Analphabetismus, Menschen mit Migrationserfahrung und Menschen mit Demenz angeboten werden.
Da es in entsprechenden Institutionen häufig keine Fachleute für verständliche Sprache gibt und es gleichzeitig an geeigneten Anbietern mangelt, möchte das Team von VERSO diese Lücke füllen. Kennengelernt haben sich Juliane Heidelberger, Liane Drößler und Jan Langenhorst während ihrer Studienzeit am Institut für Germanistik der TU Dresden. Hier besuchten sie Seminare mit dem Schwerpunkt »Barrierefreie Kommunikation«. Gemeinsam mit Prof. Alexander Lasch haben sie ein Gründungskonzept erarbeitet, welches in Zusammenarbeit von Universität, sozialen Trägern und Menschen mit Beeinträchtigungen weiterentwickelt wurde.
Mit Unterstützung vom Start-up-Service dresden|exists arbeitet das Team nun an der Unternehmensgründung. Hierfür konnte VERSO bereits erfolgreich ein EXIST-Gründerstipendium einwerben. Dieses umfasst ein Stipendium für den Lebensunterhalt der drei Teammitglieder und bis zu 35 000 Euro für Sachausgaben und Coachings – die Finanzierung des ersten Jahres ist also gesichert. Erste Pilotkunden konnte das Gründerteam mit dem Albertinum Dresden und der Albrechtsburg Meißen bereits gewinnen.
»VERSO versteht sich als Kombination von Forschung und Dienstleistung. Einerseits wollen wir verständliche, barrierefreie Text-, Ton- und Videolösungen für Unternehmen und öffentliche Institutionen anbieten«, erklärt Mitgründerin Juliane Heidelberger. »Andererseits soll das Projekt die partizipative Forschung in sogenannten Service-Learning-Umgebungen fördern, zu der sich die TU Dresden verpflichtet hat.«
Bei der partizipativen Forschung werden außeruniversitäre Akteure in Projekte einbezogen, die sich mit gesellschaftlich relevanten Gegebenheiten befassen – so werden bei VERSO die verschiedenen Adressaten bei der Entwicklung von Richtlinien zu barrierefreier Sprache einbezogen. Zusammen mit dem Institut für Germanistik arbeitet das VERSO-Team fortlaufend an einer fundierten Wortschatzforschung. Dabei werden Wörter in verschiedene Kategorien der Verständlichkeit unterteilt und diese durch die Kernzielgruppen getestet. Im nächsten Jahr will VERSO eine mobile App zur umfassenden Wortschatzerhebung entwickeln, um ein breiteres Spektrum von Teilnehmern erreichen zu können.
Unter Service Learning versteht man die Verknüpfung von universitärem Unterricht und sozialem Engagement – so werden beispielsweise soziale, kulturelle oder ökologische Projekte in Seminarpläne eingebunden. Aufbauend auf den Forschungsergebnissen von VERSO bietet die TU Dresden solche Seminare an und führt Studenten praxisnah an Themen barrierefreier Kommunikation heran. Häufig kommt dabei die Frage nach dem Unterschied zwischen VERSO und »Leichter Sprache« auf, die vom VERSO-Team kritisch gesehen wird. »Die Regeln der Leichten Sprache richten sich ausschließlich an der Textoberfläche aus. Das führt zu einer sehr uniformen Textform mit einem geringen Wortschatz. Oft lehnt die Zielgruppe solche Angebote selbst ab, da sie als stigmatisierend und zu simpel empfunden wird«, erklärt Heidelberger den entscheidenden Unterschied. »VERSO hingegen arbeitet mit dem Ziel, ästhetische Textformate zu erstellen, die für alle gut lesbar und verständlich sind.«
Weitere Informationen unter
https://verso-gruppe.de
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 18/2019 vom 12. November 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.