Jul 25, 2019
„Ein Juwel in der Krone der TU Dresden“
Wissenschaftliches Symposium und Alumnitreffen anlässlich des 20jährigen Bestehens des Studiengangs "Internationale Beziehungen" an der Technischen Universität Dresden
Anlässlich des 20jährigen Bestehens des Studiengangs der Internationalen Beziehungen fand vom 24.-25. Mai 2019 ein wissenschaftliches Symposium unter dem Titel „Internationale Beziehungen in einer zerfallenden Weltordnung – Vom Wert der Kooperation in Zeiten des Nationalpopulismus“ statt (das Programm finden Sie hier). Zu den Jubiläumsfeierlichkeiten waren Studierende, Dozent/innen, Alumni und Freund/innen des Studiengangs gleichermaßen geladen.
Auch das Universitätsjournal berichtete von den Jubiläumsfeierlichkeiten (Artikel)
Der Rektor der TU Dresden, Herr Prof. Dr.-ing. Dr. h.c. mult. Hans Müller Steinhagen, ging in seinem Grußwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen des internationalen Systems ein. Gegenwärtig zeige sich, dass die Herausbildung einer stabilen internationalen Ordnung alles andere als selbstverständlich sei. In Zeiten des Brexit, der Erosion der transatlantischen Beziehungen und wachsender Konflikte mit Russland werde die Übernahme von Verantwortung in der Politik zunehmend wichtiger. Insofern zeuge das Erfolgsmodell des Studiengangs der „Internationalen Beziehungen“ an der TU Dresden von der Zukunftsgewandtheit der Universität. Der Rektor bedankte sich bei den Verantwortlichen des ZIS für deren unermüdliches Engagement in der Etablierung und Weiterführung des Studiengangs, nannte das Studienangebot IB "ein Juwel in der Krone der TU Dresden" und betonte, dass dieser Studiengang angesichts der innovativen Verbindung von Interdisziplinarität und Internationalität als „besonderer Leuchtturm in der deutschen Bildungslandschaft“ einen entscheidenden Beitrag zur Exzellenz in der Lehre an der TU Dresden leiste.
Prof. Dr. Michael Zürn, Direktor der Abteilung Global Governance am WZB, identifizierte das Legitimationsproblem der globalen Weltordnung als Ursache für die gegenwärtige Krise und den Aufstieg des Nationalpopulismus. Das gewachsene Ausmaß der politischen Autorität des globalen Systems müsse durch das Narrativ der neutralen Autoritätsausübung legitimiert werden. Dies werde allerdings durch zwei Faktoren behindert. Einerseits werde versucht, die globale Ordnung durch technokratische Sachzwänge zu legimitieren. Andererseits beinhalte die Ordnung ein dem Neutralitätsgebot entgegenstehendes Maß an institutionalisierter Ungleichheit, die sich beispielsweise im System der Vereinten Nationen offenbare.
Prof. Dr. Thilo Marauhn, Professor für Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Justus-Liebig-Universität und Präsident der internationalen humanitären Ermittlungskommission, untersuchte auf der Grundlage dieses Befundes die Chancen und Grenzen des Völkerrechts als „akteursgetriebenem Konfliktlösungssystem“. Dabei unterschied er die Ordnungsfunktion (Koordinationsfunktion) einerseits, und die Gestaltungsfunktion (Kooperationsfunktion) andererseits. Es sei zwar zu beobachten, dass die völkerrechtliche Rechtsetzung in abnehmender Intensität erfolge. Dem stehe aber eine zunehmende Rezeption des Völkerrechts durch die Zivilgesellschaft und die öffentliche Meinung gegenüber. Die zentrale Gestaltungsfunktion des Völkerrechts könne nur dann erhalten werden, wenn von dem Anspruch, „alles“ über das Völkerrecht regeln zu wollen, abgerückt werde und man sich etwa im Wertetransfer auch anderer Instrumente bediene.
Im Anschluss an den Befund einer Erosion der globalen Ordnung sowie zentraler Legitimationsprobleme galt es, die Möglichkeiten der Wissenschaft zur Trendumkehr auszuloten.
Prof. Dr. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, plädierte für eine evidenzbasierte Politik. Am Beispiel des „G 20 Framework for the Evaluation of Financial Sector Reforms” zeigte sie auf, wie das Zusammenwirken von akademischer Erkenntnis und politischer Praxis zu einer Demokratisierung der Finanzpolitik beitragen könnte. Durch ausformulierte Politik- und Evaluationszyklen sei es möglich, die Transparenz zu steigern und populistische Argumentationsmuster zu entkräften.
Die thematischen Impulse führten immer wieder zu teils kontrovers geführten Debatten, an denen sich Alumni, Studierende, Dozent/innen sowie Freund/innen und Unterstützer/innen des Studiengangs gleichermaßen beteiligten. Dass der Studiengang der Internationalen Beziehungen durch sein Alumninetzwerk weit über die Technische Universität hinauswirkt, wurde im Rahmen zahlreicher Alumni-Impulsvorträge deutlich.
In ihren Vorträgen und der sich anschließenden Podiumsdiskussion zeigten Prof. Dr. Wolfgang Alschner (Professor an der University of Ottawa), Prof. Dr. Janina Dill (Professorin an der Oxford University) und Prof. Dr. Nicolas Lamp (Professor an der Queens University, Kingston) anhand eigener Forschungsprojekte auf, dass der interdisziplinäre Anspruch des Studiengangs der Internationalen Beziehungen an der TU Dresden nicht hehres Ziel, sondern gelebte Wirklichkeit ist.
Der ganzheitliche Ansatz und Erfolgscharakter des Studiengangs kamen auch bei der Podiumsdiskussion der Alumni Christina Förster (Deutsche Botschaft London), Dr. Tobias Bunde (Münchner Sicherheitskonferenz) und Leo Hoffmann-Axthelm (Transparency International/ICAN) zum Tragen. Die Diskutant/innen gaben spannende Einblicke in ihre jeweiligen Arbeitsfelder und diskutierten vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen über die Ursachen des (Wieder-) Aufstiegs des Nationalpopulismus. Sie betonten gleichermaßen die zentrale Bedeutung des Studiengangs für ihren persönlichen und professionellen Werdegang.
Einen weiteren Höhepunkt bildete die Verleihung des Volker Heinsberg-Preises für die besten Abschlussarbeiten 2018 in den Studiengängen IB. Lea Rösner wurde für ihre Bachelorarbeit zum Thema „Eine völkerrechtliche Würdigung des “Judgment on the appeal of Mr Jean-Pierre Bemba Gombo against Trial Chamber III’s ‘Judgment pursuant to Article 74 of the Statute‘ der Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs, vom 8. Juni 2018“ ausgezeichnet. Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst a.D., würdigte die Arbeit in ihrer Laudatio als anspruchsvolles Werk, das sich durch eine klare Struktur und die Herausarbeitung zentraler Problemfelder der internationalen Strafgerichtsbarkeit auszeichne. Der Preis für die beste Masterarbeit 2018 wurde an Sebastian Korb (in absentia) verliehen. Erik Fritzsche lobte die Arbeit zum Thema „Civilian Victimization in Conflict“ für die außergewöhnliche Akribie und die herausragende Anwendung methodischer Fachkenntnis.
20 Jahre Studiengang „Internationale Beziehungen“ an der TU Dresden – Das Jubiläum wurde nicht nur zum Anlass für ein zufriedenes Zurückblicken, sondern auch für Überlegungen zur Weiterentwicklung und Zukunft des Studiengangs genommen. Die am Zentrum für Internationale Studien (ZIS) beteiligten Professor/innen Prof. Dr. Alexander Kemnitz (wissenschaftlicher Direktor des ZIS, Wirtschaft), Prof. Dr. Anna Holzscheiter (Internationale Politik), Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer (Völkerrecht), Prof. Dr. Dominik Steiger (Völkerrecht) sowie Prof. Dr. Reiner Pommerin (Mitbegründer des Studiengangs) stellten sich den Anregungen und der Kritik der Alumni und Studierenden. Im Zentrum der Überlegungen standen dabei nicht nur die künftige wissenschaftliche Ausrichtung des Studiengangs, sondern auch die persönliche Situation der Studierenden. Bei der Diskussion erwies sich insbesondere der Austausch mit den Alumni als überaus fruchtbar.
Das Symposium stand zum Ende hin ganz im Zeichen der Dankbarkeit. Der Verein „Internationale Beziehungen e.V.“ (IB-Verein) würdigte im Namen der Studierenden das unermüdliche Engagement des ZIS-Teams unter der Leitung des Geschäftsführers Stefan Robel um das Wohlergehen der Studierenden.
Für eine besondere Überraschung sorgte die Ehrung Prof. Dr. Ulrich Fastenraths mit einer von seinem Schülerkreis herausgegebenen Festschrift anlässlich seines 70. Geburtstages. Prof. Dr. Fastenrath hat maßgeblich an Aufbau und Weiterentwicklung des Studienganges der Internationalen Beziehungen mitgewirkt und bleibt dem Zentrum für Internationale Studien (ZIS) weiterhin verbunden.
An den wissenschaftlichen Teil des Symposiums schloss sich das vom IB-Verein organisierte IB-Alumnitreffen 2019 an. Bei perfektem Wetter und IB-Barbecue nach altbewährter Tradition bestand die Möglichkeit zu Vernetzung und geselligem Beisammensein. Dem Bachelorjahrgang 2016 gelang beim traditionellen Fußballturnier das in der IB-Geschichte einmalige: Die Titelverteidigung! Das auf höchstem fußballerischen Niveau und teils unter hohem persönlichen Einsatz bestrittene Turnier bot damit eine ernstzunehmende Alternative zum ebenfalls samstags stattfindenden DFB-Pokalfinale.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten haben aufs Neue eindrucksvoll bewiesen: Der Studiengang der Internationalen Beziehungen an der Technischen Universität Dresden lebt nicht nur von der akademischen Exzellenz, sondern auch von dem gemeinsamen Engagement vieler. Es gilt, beides für die Zukunft an der TU Dresden zu bewahren und auszubauen!
(A.Kemnitz, J. Ludwig, S. Robel)