Geschäftsfelder im Zukunftscluster smart4life
Die anwendungsorientiere Entwicklungsarbeit des Zukunftsclusters smart4life ist in drei Geschäftsfelder gegliedert:
- Humane in vitro Gewebe- und Krankheitsmodelle für die Wirkstoffentwicklung und die Personalisierung medikamentöser Therapien
Gewebetypische, dreidimensionale Zellkulturen und Organoide, also organtypische Zellverbände/Organvorstufen, die aus Stammzellen unter Selbstorganisation erhalten werden können, auf Basis humaner Zellen erfahren seit einiger Zeit eine hohe und anhaltend steigende Nachfrage. Grund dafür ist die bessere Vergleichbarkeit der mit diesen Verfahren verfügbar werdenden humanen in vitro Gewebe-/Organ- und Krankheitsmodelle mit menschlichen Geweben und Organen. Damit verbunden ist eine verbesserte Aussagekraft bei der präklinischen Wirkstoffentwicklung bzw. -testung, der Toxizitätsprüfung von Substanzen, der Personalisierbarkeit von Therapien sowie bei mechanistischer biologischer Forschung, wobei immer häufiger auch Hochdurchsatz-Analysen angewandt werden.
Humane Organoid-Kulturen gewinnen deshalb bei der Testung neuer Wirkstoffe wie auch in der personalisierten Medizin, d.h. für patienten-spezifische Zellkulturen zur individuellen Anpassung medikamentöser Therapien, zunehmend an Bedeutung. Allerdings entspricht der Reifegrad der verfügbaren Organoide meist noch nicht dem relevanter Zielgewebe, die Skalierbarkeit/Parallelisierbarkeit und Reproduzierbarkeit von Organoid-Kulturen ist noch zu gering und der analytische Zugang zu Organoid-Modellen ist noch begrenzt. Um diesen Limitationen zu begegnen, entwickelt smart4life neuartige elektronische Technologien zur exogenen Steuerung von Organoiden. Damit werden erstmals quantitative in situ Analysen sowie die in situ Modulation der Kulturbedingungen ermöglicht, was die Leistungsfähigkeit von Organoid-Kulturen revolutionieren wird. Mit der Automatisierung, Skalierung und Parallelisierung dieser innovativen Kulturtechnologien können humane Organoid-Modelle zu industrialisierbaren Produkten für die Wirkstoffentwicklung und für die Individualisierung von Therapien gemacht werden. Dies verspricht bereits mittelfristig sehr hohe Wertschöpfung und großen gesundheitsökonomischen Nutzen. - Sensorisch funktionalisierte Medizinprodukte für in vivo Infektions- und Immun-Monitoring
Der Heilungsprozess nach chirurgischen Eingriffen kann durch Wundinfektionen und/oder überschießende Entzündungsreaktionen gestört sein. Implantat-Infektionen können auch nach längerer Zeit erhebliche, teilweise schwer behandelbare Beeinträchtigungen des Patienten bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen verursachen. Infektionen sind auch ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko beim Einsatz von vielen temporär angewandten Medizinprodukten wie Kathetern, Drainagen und Stents. Das Identifizieren und Verfolgen von Infektionen und Immunreaktionen sind daher fachübergreifend klinisch von zentraler Bedeutung.
Obwohl automatisiertes und kontinuierliches Monitoring eine wesentlich präzisere und effektivere therapeutische Intervention ermöglichen könnte, fehlen gegenwärtig noch weitgehend Technologien und Produkte zur entsprechenden Erfassung von Infektions- und Immunreaktionsparametern. Die von smart4life priorisierte Entwicklung modularer sensorischer Systeme zur pathogen- und entzündungsspezifischen in situ Detektion von Infektionen und Immunreaktionen auf Basis von neuen elektronischen Biomaterialen hat angesichts des großen erzielbaren medizinischen und gesundheitsökonomischen Nutzens ein sehr hohes Translationspotenzial. Langfristig bieten modulare sensorische smart4life-Technologien die Chance, die medizinische Versorgung auf vielen Gebieten signifikant zu verbessern und damit einen Milliardenmarkt für den Standort Deutschland zu erschließen. - Therapeutische Systeme für die Steuerung von Regenerationsprozessen
Regenerative Therapien zielen auf den funktionellen Ersatz geschädigter Gewebe und Organe, um bisher nicht oder nur inadäquat behandelbare Erkrankungen zu heilen. Ein wichtiges Ziel regenerativer Therapien ist die effektive Stimulation der Heilung chronischer Wunden. Wir erwarten, dass smart4life-Technologien durch die erstmals möglich werdende elektronische in situ Detektion und Modulation von bioaktiven Substanzen im Wundmilieu langfristig fundamental neue Lösungsmöglichkeiten für die Wundversorgung liefern werden. Entscheidend für die Entwicklung einer dem zukunftsweisenden, hoch ambitionierten Konzept angemessenen Umsetzungsstrategie ist die frühe Einbindung erfahrener, innovativer Medizintechnikunternehmen. Angesichts wesentlich kürzerer Behandlungszeiten, größerer Heilungschancen und stark verbesserter Lebensqualität für die Patienten wäre mit der Nutzung von smart4life Technologien zur Steuerung der Wundheilung eine signifikante finanzielle Entlastung des Gesundheitssystems erzielbar, was mit einem dynamisch zunehmenden Anteil am o.g. Markt für Produkte zur Wundversorgung verbunden wäre. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass in der Perspektive weitere Produkte für andere Regenerative Therapien von smart4life-Technologien abgeleitet werden können. Das kann wesentlich zu nachhaltigem Wachstum des Industriestandorts Deutschland auf einem wichtigen medizinischen Zukunftsgebiet beitragen.